Rennsport Der tragische Graf

Bonn · Wolfgang Berghe von Trips fehlt 1961 noch ein Punkt zum WM-Titel in der Formel 1, als er in Monza tödlich verunglückt

 Formel 1-Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips vor dem Start. Beim Großen Preis von Italien am 10. September 1961 kollidiert sein Wagen kurz nach dem Start mit denen der Briten Jim Clark und Gerry Ashmore.

Formel 1-Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips vor dem Start. Beim Großen Preis von Italien am 10. September 1961 kollidiert sein Wagen kurz nach dem Start mit denen der Briten Jim Clark und Gerry Ashmore.

Foto: picture-alliance / dpa/ANSA

Der 10. September 1961 soll Wolfgang Graf Berghe von Trips den bislang größten Erfolg bringen: den Gewinn der Formel 1-Weltmeisterschaft. Der Ferrari-Pilot hat vor dem entscheidenden Rennen in Monza vier Punkte Vorsprung vor seinem Teamkollegen Phil Hill. Das Rennen nimmt er von der Pole-Position auf. Zum ersten Mal in seiner Formel 1-Karriere hat er im Training die Bestzeit erzielt. Doch aus der zweiten Runde kehrt der junge Rheinländer aus Horrem (heute ein Stadtteil von Kerpen) nicht zurück. Beim Anbremsen der Parabolica kollidiert der erste deutsche Superstar in der Formel 1 mit dem schottischen Lotus-Fahrer Jim Clark. Der Ferrari fliegt in die Menge und tötet 15 Zuschauer. Von Trips wird aus seinem Auto geschleudert und ist sofort tot. Der Graf wird nur 33 Jahre alt. Das Rennen gewinnt der Amerikaner Phil Hill und wird so mit einem Punkt Vorsprung Weltmeister.

Wolfgang Graf Berghe von Trips wird am 4. Mai 1928 im Kölner St. Antonius-Krankenhaus geboren. Die Familie wohnt im Haus Behringstraße 9 in Bonn. 1931 siedelt sie auf die Familienburg Hemmersbach in Horrem um. Um die Gesundheit des Sohnes steht es nicht gut. Er übersteht eine Mittelohroperation, eine Gehirnhaut-Reizung und die Kinderlähmung. Selbst die Hitler-Jugend – seit 1939 für alle Jungen ab zehn Jahren verpflichtend – schickt ihn zeitweise nach Hause. Ein Sportler scheint hier nicht heran zu wachsen.

Nach dem Krieg kann er die Schule in Bergheim nicht länger besuchen und setzt seine Schullaufbahn in Bonn fort. Oder tut zumindest so. „Ich bitte Sie daher, ihn sofort von der Schule abzumelden, weil ich sonst ihm ein Abgangszeugnis ausstellen muß, auf dem vermerkt wird, daß er auf Grund der Auslesebestimmungen die Schule verlassen muß.“ So schreibt Oberstudiendirektor Heinrich Seufert, seinerzeit Leiter der Bonner „Pädagogium Godesberg Otto Kühne Schule“ im Oktober 1948 an Eduard Graf Berghe von Trips. Des Grafen Filius Wolfgang läßt es im Schulbetrieb offenbar an Eifer mangeln.

Dies zeigen auch die Einträge in dessen Tagebuch. So notiert der junge Graf kurz zuvor: „Glaube ich werde am 1. Oktober rausgeschmissen. Englischarbeit versaut, Chemie wenig Ahnung, Latein ja hoffnungslos. Ob ich noch mal Glück habe? Motorrad jetzt endlich abgeholt, muß nächste Woche Zündung machen und dann endlich zulassen.“ Die Schulkarriere setzt er an der Waldorfschule Benefeld fort und besucht schließlich die Höhere Landbauschule in Brühl, im Volksmund „Kappes-Akademie“.

Doch sein Interesse gilt längst Motorrädern und Autos. Von seinen Eltern eher kurz gehalten, bestreitet von Trips kleinere Orientierungsfahrten und Rennen auf zwei und vier Rädern. Seine Eltern ahnen von den Aktivitäten ihres Sprösslings lange Zeit nichts. Erst 1954, als er gemeinsam mit Walter Hampel einen Klassensieg bei der Mille Miglia erringt, werden die Eltern aufmerksam. Und sind – wie man in Adelskreisen sagt – not amused. Für den Nachwuchsfahrer kein Problem. Fortan startet er unter dem Pseudonym „Axel Linther“.

Doch die Tarnung hält nicht lange. Die Eltern sind im August desselben Jahres als Zuschauer beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring. Axel Linther gewinnt ein Rahmenrennen und der Schwindel fliegt auf. Doch die Karriere von Trips ist nicht mehr zu stoppen. 1956 sitzt er zum ersten Mal in einem Formel 1-Rennwagen. In einem Ferrari. In Monza. Das Debüt endet schon im Training mit einem zweifachen Überschlag. Fünf Jahre später wird sich der Kreis auf schreckliche Weise schließen.

Anhänger des Grafen gründen im August 1961 den Verein „Rennsportfreunde Graf Berghe von Trips“, aus dem später der Kart-Club Kerpen-Manheim entsteht. 1979 wird eine Kartbahn gebaut. Hier beginnen wieder Karrieren. So die von Michael und Ralf Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und Sebastian Vettel.

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