Basketball-Bundesliga "Zurück in die Steinzeit": Viel Frust vor Saisonstart

Berlin · In den Clubs der Basketball-Bundesliga rumort es vor dem Saisonstart. Die Abstellung der Nationalspieler hat die Vorbereitung vieler Vereine negativ beeinflusst. Der Wunsch nach Veränderungen ist groß.

 Verärgert: ALBA-Manager Marco Baldi.

Verärgert: ALBA-Manager Marco Baldi.

Foto: Rainer Jensen

Die erfolgreiche WM-Qualifikation des Nationalteams brachte dem deutschen Basketball viele positive Schlagzeilen, aus den Clubs gibt es jedoch massive Kritik am Modus.

Weil viele Vereine aus der Bundesliga vor der am Freitag beginnenden Saison mitunter wochenlang auf Leistungsträger verzichten mussten und in diesem Jahr weitere Abstellungen folgen, ist der Frust groß. Der Ruf nach einer erneuten Reform des Wettkampfkalenders vom Weltverband FIBA mit einer fairen Lösung für alle Beteiligten wird immer lauter.

"Die kostenlose Abstellung der Nationalspieler viermal in der Saison beziehungsweise Saisonvorbereitung über bis zu 50 Tage im Jahr ist nicht hinnehmbar", sagte Geschäftsführer Thomas Stoll von ratiopharm Ulm in einer Umfrage unter den 18 Clubs der Deutschen Presse-Agentur. Auch Manager Gunnar Wöbke von den Fraport Skyliners aus Frankfurt wurde deutlich: "Die FIBA hat durch die von oben herab gefällte Entscheidung, in der Saison wieder Nationalmannschaftsfenster einzuführen, einen Schritt zurück in die Steinzeit gemacht, anstatt sich mit den nationalen Ligen und der NBA abzustimmen."

Die Qualifikation für die WM, die NBA-Jungstar Dennis Schröder und Co. nach acht Siegen in acht Spielen vorzeitig gelang, läuft seit November 2017 in sogenannten Fenstern. Viermal pro Jahr - auch zweimal während der laufenden Saison - werden die Nationalteams zusammengezogen. Der letzte Lehrgang für die deutschen Profis dauerte bis Mitte September bis zu 18 Tage, die nächste Maßnahme folgt ab Ende November mit dem Länderspiel am 3. Dezember in Ludwigsburg gegen Estland. Dann wird unter anderen Schröder fehlen, denn die NBA gibt ihre Spieler während der Saison nicht frei, auch die europäische Königsklasse Euroleague und die FIBA fanden noch keine einvernehmliche Lösung.

"Es gab Teams in Europa, die mussten ihre Vorbereitung unterbrechen, das kann ja nicht sein", sagte Geschäftsführer Marco Baldi von ALBA Berlin. Auch beim deutschen Vizemeister wurde zuletzt zeitweise das Personal knapp, weil Spieler aller Nationen zu ihren Auswahlen reisen mussten. "Wir werden bestraft, weil wir Nationalspieler haben", sagte Trainer Mladen Drijencic von den EWE Baskets Oldenburg. Manager Martin Romig von den Crailsheim Merlins ging noch einen Schritt weiter: "Nach den bisherigen Erfahrungen wird sich manch Verantwortlicher die Verpflichtung aktueller Nationalspieler - egal welcher Nationen - schwer überlegen."

Bundestrainer Henrik Rödl gab zu bedenken, dass die Situation 2019 noch schwieriger wird. "Nächstes Jahr müssen die Vereine viel länger auf ihre Spieler verzichten, dann ist WM. Dann sind es bis zur vier Wochen", sagte Rödl. Präsident Ingo Weiss vom Deutschen Basketball Bund warb deswegen für mehr Unterstützung. "Die Nationalmannschaft ist die Lokomotive für den Basketball in Deutschland", sagte er: "Es geht auch ein bisschen um ihre Wertigkeit. Wenn wir weiter so erfolgreich sein wollen, müssen alle mitziehen."

Den Bundesliga-Verantwortlichen ist das durchaus bewusst. "Die Abstellpause ist exakt zwei Wochen zu lang. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen: Geht es der Nationalmannschaft gut, profitiert die Liga davon", sagte Oldenburgs Geschäftsführer Hermann Schüller. Auch Frank Menz, Ex-Bundestrainer und aktueller Coach der Basketball Löwen Braunschweig, weiß: "Wir brauchen in erster Linie eine erfolgreiche und in der Öffentlichkeit bekannte Nationalmannschaft, um unsere Sportart attraktiver zu machen."

Die Lösung des Problems liegt für alle Beteiligten in einer besseren Kommunikation und der Suche nach gemeinsamen Lösungen. "Die Clubs müssen am Tisch sitzen, wenn die wichtigen Entscheidungen getroffen werden, zum Beispiel zum Kalender. Das war bisher nicht der Fall", sagte Geschäftsführer Marko Pesic vom deutschen Meister Bayern München: "Ich habe noch die Hoffnung, dass wir zumindest im deutschen Basketball einen Konsens finden."

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