Springreiten Mit Alice im WM-Wunderland: Simone Blum Weltmeisterin

Tryon · Hans Günter Winkler, Hartwig Steenken, Gerd Wiltfang, Norbert Koof und Franke Sloothaak - und jetzt Simone Blum. Die 29-Jährige reitet bei der WM in den USA zu Einzel-Gold im Springreiten.

 Simone Blum auf ihrer Stute Alice.

Simone Blum auf ihrer Stute Alice.

Foto: Stefan Lafrentz

Bei der Siegerehrung bekam Simone Blum feuchte Augen. Ein, zwei Freudentränen weinte die neue Weltmeisterin im Springreiten, als IOC-Präsident Thomas Bach ihr in Tryon (USA) die Goldmedaille um den Hals hängte.

"Das ist mehr, als ich je erwartet habe", sagte sie im ersten Interview nach ihrem Triumph beim US-Sender NBC. "Ich kann es noch gar nicht glauben. Das war mein Tag heute. Mehr kann ich mir heute nicht wünschen."

Nach einer weiteren Traumrunde hatte es für Blum im Parcourcs kein Halten mehr gegeben. Als letzte Starterin war die 29-Jährige ins WM-Finale geritten - und krönte sich mit einer famosen Vorstellung. Auf ihrer Stute Alice feierte sie am Sonntag den ersten deutschen Einzel-Erfolg seit 1994. "Jaaaaaa", schrie sie immer wieder und riss die Arme hoch.

Fünf Mal war die Reiterin aus dem bayerischen Zolling bei ihrem WM-Debüt ohne Abwurf geblieben, das schaffte sonst niemand. "Das ist Wahnsinn, wie sie das nach Hause geritten hat", sagte Bundestrainer Otto Becker. "Das ist der Hammer, unglaublich. Sie ist eine würdige Weltmeisterin." Simone Blum am nächsten kamen der Schweizer Martin Fuchs mit Clooney und sein Landsmann Steve Guerdat mit Bianca.

Der Präsident des Reiterverbandes FN war schon vor der Finalrunde voll des Lobes für Blum. "Wie sie hier reitet, ist unglaublich", sagte Breido Graf zu Rantzau und schwärmte von dem neuen Top-Paar, das vor einem Jahr bei der EM noch das Reserve-Duo war: "Das Pferd ist unglaublich, und die Reiterin macht es immer besser."

Auch Blum lobte ihr Pferd. "Je höher ein Springen ist, desto mehr Freude hat sie daran", sagte sie über die elfjährige Stute, die sie innerhalb eines Jahres in die Weltspitze getragen hat. "Das Rundum-Paket stimmt bei ihr. Einmal Edelmetall hatte sie bei dem Championat vorher schon gewonnen, die Bronzemedaille im Team-Wettbewerb.

Blum war mit Alice erst spät in die Saison gestartet und kam nun im WM-Wunderland an. "Sie hatte sich blöd verletzt", berichtete die Reiterin. "Wir haben ihr ein bisschen mehr Zeit gegeben, damit es richtig ausgeheilt ist." Der geplante Start bei den deutschen Meisterschaften in Balve fiel für sie aus. 2017 hatte sie dort noch den Titel gewonnen.

Die bayerische Reiterin hatte in den USA das nach Ansicht vieler Experten beste Pferd unter dem Sattel - was Alice angesichts der Olympischen Spiele in zwei Jahren in Japan heiß begehrt macht. Doch verkauft wird die Stute nicht, trotz Angeboten von mehreren Millionen Euro. "Sie wird in jedem Fall bei uns alt werden", sagte Blum. "Alice stand nicht zum Verkauf und wird nicht zum Verkauf stehen."

Für Blum hat es sich ausgezahlt, dass sie sich nach dem Master-Studium in Chemie und Biologie vor zwei Jahren auf den Sport konzentriert und kein Referendariat absolviert hat. "Das lässt sich mit dem Reiten nicht vereinbaren", erklärte sie: "Wir haben uns selbstständig gemacht, im Moment steht der Reitsport im Vordergrund." Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Hans Günther Goskowitz betreibt Blum einen Sportstall im oberbayerischen Landkreis Freising .

Team-Bronze holten auch Marcus Ehning aus Borken und Laura Klaphake aus Mühlen, die am Sonntag in der ersten Runde des Einzelfinals ausschieden und nicht in den Schlussdurchgang der besten Zwölf kamen. Ehning kassierte mit Pret A Tout acht Strafpunkte und kam auf Platz 15. Klaphake hatte mit Catch me if you can einen Abwurf und beendete ihre erste WM auf Rang 14.

"Ich bin trotzdem zufrieden", sagte Klaphake. "Es ist zwar schade, dass noch ein Fehler passiert ist, aber es war insgesamt eine tolle Woche, und ich reise trotzdem froh mit einer Medaille nach Hause." Routinier Ehning war trotz der Patzer am Sonntag mit seinem Pferd zufrieden. "Er ist heute super gesprungen", kommentierte Ehning seine zwei Abwürfe. "Das ist aber natürlich ein bisschen ärgerlich, für mich persönlich wäre hier heute noch mehr möglich gewesen." Sein Fazit fällt angesichts der Bronze-Medaille mit der Mannschaft aber ebenfalls versöhnlich aus: "Ich gehe mit einem guten Gefühl nach Hause."

Schon vor dem Ende der letzten Wettbewerbe zog die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) ein positives Fazit. "Wir haben die vier Fahrkarten für Tokio, das war das wichtigste Ziel", sagte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Am Freitag hatte auch deutsche Team der Para-Dressur die Qualifikation für die Paralympics geschafft. Zuvor sicherten die Mannschaften der Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitsreiter das die Olympia-Teilnahme.

Im Medaillenspiegel lag Deutschland an der Spitze. Vor dem Spring-Finale gab es zwei Mal Gold in der Dressur und drei Mal für die Voltigierer. Bei der Zahl aller Medaillen führte die FN weit vor allen anderen Verbänden.

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