Putin - der einflussreichste Spieler im Weltsport

Berlin · Wenn Wladimir Putin einen Plan im Sport hat, und er hatte davon schon viele, dann schickt er gern mal bei einem Spitzenfunktionär des Weltsports sein Flugzeug vorbei für ein Zwiegespräch im Kreml oder in der Residenz in Sotschi.

 Wladimir Putin nutzt seine Macht auch in der Welt des Sports. Foto: Michail Mochruschin

Wladimir Putin nutzt seine Macht auch in der Welt des Sports. Foto: Michail Mochruschin

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Als es um die Austragung der Fußball-WM 2018 ging, hatten alle Exekutivkomitee-Mitglieder des Weltverbandes FIFA eine Einladung aus Moskau. Russland bekam das Austragungsrecht, und von Franz Beckenbauer ist bekannt, dass auch er für die Bewerbung des Landes gestimmt habe. Mit gebührendem zeitlichen Abstand hat der russische Energieriese Gazprom Deutschlands Fußball-Ikone zu seinem "Sportbotschafter" ernannt.

Es gibt nicht wenige, die den sportaffinen Putin, im Judo als ehemaliger Stadtmeister von St. Petersburg besonders qualifiziert, für den einflussreichsten Spieler im Weltsport halten. Er ist mächtiger Initiator des "russischen Jahrzehnts des Sports", das seinem Land neben der Fußball-WM auch die Olympischen Winterspiele in Sotschi und das erste Formel-1-Rennen (2014) in der Schwarzmeer-Stadt eingebracht hat. Dazu diverse Weltmeisterschaften in olympischen Sportarten wie in diesem Jahr in der Leichtathletik, 2015 im Schwimmen und 2016 im Eishockey.

Zusammen muss das Land dafür an die 60 Milliarden Euro aufbringen. Allein das Wintersport-Spektakel schlägt mit etwa 40 Milliarden Euro zu Buche. Für die Fußball-WM sind rund zehn Milliarden Euro kalkuliert, die pompös und unter allen nur möglichen Rekorden veranstalteten Studenten-Spiele in der Wolga-Stadt Kasan kosteten Russland Investitionen von nahezu fünf Milliarden Euro.

Präsident Putin hat sich mit Hilfe seines politischen Spitzenpersonals, von milliardenschweren Oligarchen, die in die Sportverbände hineinwirken, und Sponsoren wie Gazprom ein umfassendes Netzwerk aufgebaut. Und wenn es um den olympischen Erhalt einer für Russland einträglichen Sportart wie Ringen geht, dann organisiert der Kreml-Chef höchstpersönlich den globalen Widerstand. Als sportpolitische Spitzenkraft wirkt der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Alexander Schukow. Der NOK-Präsident ist bei der Regierung ausdrücklich höher angesiedelt als Sportminister Witali Mutko. Der frühere Vizebürgermeister von St. Petersburg hat als Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees eine Zuständigkeit für die internationale Fußball-Politik.

Auf die olympische Politik nehmen besonders die Oligarchen Alisher Usmanow, Wladimir Lisin und Igor Makarow Einfluss. Stahl-Unternehmer Usmanow, der laut neuester Liste von "Forbes" mit 17,6 Milliarden Dollar als reichster Russe gilt, löste 2009 den Franzosen René Roche nach einer Kampfabstimmung an der Spitze des Fecht-Weltverbandes ab, wobei eine Spende an den Verband von drei Millionen Dollar eine Rolle gespielt haben soll. Lisin, mit Stahl- und Transportgeschäften von dem US-Magazin auf 14,1 Milliarden Dollar eingeschätzt, drängt mit Macht an die im kommenden Jahr freiwerdende Spitze des Schützen-Weltverbandes. In der Kultur-Kommission des IOC ist der 57-Jährige dadurch aufgefallen, dass der mit Privatjet und Bodyguard Angereiste in Lausanne sich in die Anwesenheitsliste eingetragen hat, um noch vor Beginn der Sitzung zu entschwinden.

Igor Makarow, Gas-Milliardär mit von "Forbes" geschätzten 1,9 Milliarden Dollar, wirkt als russischer Radpräsident stark in den von diversen Doping-Skandalen gezeichneten internationalen Verband hinein und möchte seinen britischen Amtskollegen Brian Cooksen an dessen Spitze befördern. Cooksen findet es dabei nicht ehrenrührig, dass Makarow als Hauptsponsor des mit Putins Hilfe 2009 gegründeten Rad-Nationalteams "Katjuscha" auch für dessen schlechten Leumund Verantwortung trägt. "In jedem olympischen Sport gibt es inzwischen einen Makarow. Oligarchen nehmen sich des Sports an, mit einem wie ihn muss man klarkommen", sagt der Brite.

Alles läuft nun, wie es scheint, auf ein Duell der Supermächte um die Olympischen Spiele 2024 hinaus. Die USA, Ausrichter von Sommerspielen zuletzt 1996 in Atlanta, suchen gerade intern nach einer Kandidatenstadt. Als weitaus größter Sponsor des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) versprechen die Amerikaner der olympischen Weltorganisation einen Einnahmerekord. Putin wird aller Voraussicht nach seine Heimatstadt St. Petersburg in Stellung bringen und darauf verweisen, dass die letzten Sommerspiele in Russland mit Moskau 1980 schon viel länger zurückliegen.

Das IOC des scheidenden Präsidenten Jacques Rogge hat dazu erst kürzlich eine Entscheidung getroffen, die man salomonisch nennen könnte. Bei der September-Vollversammlung in Buenos Aires werden in Alexander Schukow und Larry Probst die NOK-Chefs beider Länder als Mitglieder in den olympischen Orden aufgenommen. Das ergibt dann zwischen den rivalisierenden Mächten ein 4:4-Unentschieden bei der Gesamtzahl der jeweils im IOC vertretenen Mitglieder.

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