Paralympics-WM Alhassane Baldé heiß auf Medaille

BONN · Nach zweimal Bronze bei der Para-WM in London ist der Bonner Rennrollstuhlfahrer Alhassane Baldé heiß auf eine Medaille bei den Paralympics 2020.

Im strömenden Regen zu Bronze: Der Bonner Alhassane Baldé .

Im strömenden Regen zu Bronze: Der Bonner Alhassane Baldé .

Foto: privat

Die Bahn im Queen Elizabeth Olympic Park stand unter Wasser. Es regnete in Strömen, als die zehn Rennrollstuhlfahrer des Finales der Para-WM in London über 5000 m ihre Startvorbereitungen trafen. Selbst die Organisatoren zeigten sich unschlüssig: Waren diese Bedingungen überhaupt zumutbar? Das Angebot, das Rennen zu verschieben, lehnten die Fahrer ab. „Wir waren sowieso schon völlig durchnässt, jetzt wollten wir auch starten“, sagte der Bonner Alhassane Baldé, der am Ende mit Platz drei erneut einen Riesenerfolg feierte. Es war seine zweite Bronzemedaille bei der WM. Auch über 1500 Meter fuhr er aufs Podium.

Doch die Verhältnisse am Schlusstag der Titelkämpfe waren auch für den erfahrenen Baldé speziell. „Es war kalt, die Sicht schlecht durch die Gischt des Vordermannes, das Rennen unruhig mit vielen Attacken. Sehr anstrengend“, befand der 31-Jährige. Um bei Dauerregen nicht von den Greifringen an den Antriebsrädern abzurutschen, hatte der Bonner ebenso wie die Konkurrenten die Handschuhe mit Harz eingerieben.

Auf Spurtstärke vertrauen

Den Anschluss an die Spitzengruppe um den Schweizer Marcel Hug und Rawat Tana aus Thailand halten und am Schluss auf die Spurtstärke vertrauen, lautete die Devise. Doch in der letzten Kurve wäre die Strategie fast im Londoner Regen zerstoben. Ein unachtsamer Konkurrent aus Japan touchierte den auf Medaillenkurs liegenden Baldé. „Ich bin aus dem Rhythmus gekommen. Es waren vielleicht zwei, drei Schläge, die in dem Moment fehlten.“ Und so wurde es auf der Zielgeraden noch einmal richtig eng. Am Ende waren es drei Hundertstel, die nach 5000 Metern über Bronze und Platz vier entschieden. „Ich war der Glücklichere“, sagt Baldé, der in 11:11,92 Minuten hinter Hug (11:10,72) und Tana (11:11,12) ins Ziel kam.

Nach einer langen Nacht und einer spontanen Feier mit Athleten aus der Schweiz, Australien und England ging's am Montag zurück nach Deutschland, mit vielen Plänen und einer Menge Erinnerungen. Nirgendwo anders als in London genießen Behindertensportler eine solche Wertschätzung. Bis zu 40.000 Zuschauer verfolgten Tag für Tag im Stadion die Wettkämpfe, die hierzulande weitgehend ignoriert wurden. Prinz Harry war Schirmherr, und überall in der Stadt wurden die Para-WM und die zwei Wochen später beginnende Leichtathletik-WM gemeinsam als „Summer of World Athletics“ beworben. Neben dem Bild von Usain Bolt gab es eines von Markus Rehm, dem Prothesen-Weitspringer. So einfach kann Inklusion funktionieren. Nicht nur Baldé war von der Stimmung begeistert, Kugelstoßer Niko Kappel adelte London als „Mekka des Behindertensports“.

Erste olympische Medaille holen

Auch das trägt zur Motivation bei. Baldé jedenfalls plant schon bis zu den Paralympischen Spielen in Tokio in drei Jahren. Dort will der SSF-Athlet seine erste olympische Medaille holen. Aber dafür muss das Gesamtpaket stimmen – aus Leistung, Material und Trainingsintensität. „Mein Rennrollstuhl ist sechs Jahre alt, er hat 6000 Euro gekostet. Die Weltspitze fährt mit Rollstühlen aus Karbon, die 25.000 Euro kosten“, sagt Baldé. Die Topfahrer aus der Schweiz, den USA oder Japan, alle Vollprofis, werden zudem von großen Konzernen unterstützt. „In Deutschland“, so der Bonner, „ist das Interesse dagegen leider nicht so groß.“

Er muss andere Wege gehen. Und so ist eine Überlegung, eine Auszeit vom Job zu nehmen und sich ein Jahr lang unter Vollprofibedingungen auf die Paralympics 2020 vorzubereiten. „Ich bin voller Tatendrang“, sagt Baldé. Die Tage von London haben ihm gezeigt: Er ist in der Weltspitze angekommen. Der Traum von einer Medaille bei den Paralympics kann Realität werden.

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