Bornheimer Arzt ist Schatzmeister des BVB

Seit rund 50 Jahren ist der Mediziner Reinhold Lunow leidenschaftlicher Fan von Borussia Dortmund. Seit fünf hat er die Position des Schatzmeisters inne und baute für den Klub 125 Millionen Schulden ab.

Bornheimer Arzt ist Schatzmeister des BVB
Foto: ga

Bornheim. Als Mediziner ist Reinhold Lunow mit Erregern aller Art vertraut. Er kennt die entsprechenden Gegenmittel. Gegen den Virus, der ihn selbst in frühester Kindheit infiziert hat, waren alle körpereigenen Abwehrkräfte machtlos.

Als ihn sein Vater vor rund 50 Jahren das erste Mal mit ins Stadion Rote Erde nahm, befiel ihn sofort der schwarz-gelbe Bazillus. Seitdem ist Lunow beseelt von seiner Leidenschaft für Borussia Dortmund. Erst viele Jahre als Fan, seit fünf Jahren in entscheidender Position als Schatzmeister des BVB.

In seiner Bornheimer Praxis hat die Borussia ein ständiges Heimspiel. Auf dem Schreibtisch Zeitungsausschnitte und Internetausdrucke über seinen Verein, an den Wänden Bilder Dortmunder Fußball-Legenden, die Lunow in seiner Kindheit begleiteten: Willi Burgsmüller, der dreimal mit der Borussia Meister wurde und heute dem Ältestenrat angehört.

Oder Adi Preißler, Idol und Kapitän der Meistermannschaft von 1956 und 1957, den nicht nur seine Tore, sondern auch ein Satz unsterblich machte: "Grau ist alle Theorie - entscheidend ist auf'm Platz."

Auf'm Platz ist die Borussia heute die Nummer 1 in der Bundesliga. Auferstanden aus Ruinen. Und zu denen, die die Trümmer der Niebaum- und Meier-Ära beseitigten und die Borussia neu aufstellten, gehört auch Lunow.

Als ihn der heutige BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Präsident Reinhard Rauball im Jahre 2005 fragten, ob er sich den vakanten Posten des Schatzmeisters zutrauen würde, musste er nicht lange überlegen. Er packte mit an. Zu dem Zeitpunkt lag der Traditionsverein im Vorraum der Pathologie - medizinische Hilfe also durchaus erwünscht.

Doch bei Lunow waren es wohl eher die betriebswirtschaftlichen Qualitäten, die ihn für den ehrenamtlichen Job prädestinierten. In Bornheim hatte er seine Praxis mit Erfolg zu einer Praxisklinik erweitert.

Lunow ist Mitglied des fünfköpfigen Präsidialausschusses, der beispielsweise entscheidet, ob der Vertrag des Geschäftsführers verlängert wird oder nicht. Und als Mitglied des Beirats nimmt er Einfluss auf das Budget des Vereins.

Lunow hat hautnah erlebt, in welch hochriskanter Schieflage sich der mittlerweile 101-jährige Klub befand. "Allein im letzten Halbjahr 2004 sind die Schulden um 50 Millionen Euro gestiegen", erinnert sich der 57-Jährige. Der Spieleretat für das damalige BVB-Starensemble um Metzelder, Wörns, Rosicky oder Koller betrug 55 Millionen Euro, doch nur 25 Millionen standen zur Verfügung.

Es war abzusehen, wann der Klub kollabieren würde. Mit der neuen Führung kam ein neuer Leitgedanke: "Keine neuen Schulden. Weg von teuren Neueinkäufen." Das Stadion, das die damalige BVB-Spitze in der Not an einen Fond verkauft hatte und dafür pro Jahr 17 Millionen Euro (!) Miete bezahlen musste, wurde mit Hilfe der Banken zurückgekauft.

Heute trägt die Borussia rund vier Millionen pro Jahr ab. 2023 ist die größte deutsche Arena schuldenfrei. Insgesamt hat die KGaA des börsennotierten Vereins ihre Verbindlichkeiten innerhalb von fünf Jahren von 185 auf 60 Millionen Euro reduziert.

Borussia Dortmund hat die Notaufnahme längst verlassen, der Patient ist viel schneller gesundet als erwartet. Die Borussia ist auf dem Weg zurück zu einer Top-Marke in Europa. Ein Sieg am Mittwoch in Sevilla, der das Weiterkommen in der Europa League bedeutet, würde ein sportlich überaus erfolgreiches Jahr krönen.

Verantwortlich dafür ist nicht nur in den Augen von Lunow der Trainer: Jürgen Klopp. "Er war unser bester Einkauf seit vielen Jahren", sagt der Schatzmeister über den früheren Mainzer. Klopp ist wie kaum ein anderer Fußball-Lehrer in der Lage, diese jüngste BVB-Mannschaft aller Zeiten zu führen, zu formen und weiterzuentwickeln.

"Wenn sich ein Spieler zwischen mehreren Klubs entscheiden muss, kommt er zu uns", sagt Lunow. "Wegen Klopp." Vom Titel wird trotz elf Punkten Vorsprung nicht geredet - zumindest offiziell. "Die Bundesliga ist wie ein Marathonlauf", betont Lunow. "Wir haben gerade erst die Hälfte geschafft."

Der Bornheimer genießt das neue Borussen-Gefühl - als Schatzmeister und Fan. Wie viele andere hat er seinen Teil zur Sanierung beigetragen. Heute sieht er den Heilungsprozess auch aus medizinischer Sicht als abgeschlossen an. Seine Prognose: "Auf der Intensivstation landen wir nie mehr."

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