Derby gegen FC Flerzheim Buschhovener Spieler auf Fußballplatz rassistisch beleidigt

Bonn · Mit einem emotionalen Facebook-Beitrag zeigt der Bonner Kreisligist Hertha Buschhoven Diskriminierung die Rote Karte. Von anderen Vereinen und Spielern erfährt der SV dafür viel Zuspruch. Zuvor war der Buschhovener Spieler Godspower Ogodiunor während eines Spiels rassistisch beleidigt worden.

 Der Kreisligist Hertha Buschhoven wehrt sich mit einer Facebook-Nachricht gegen diskriminierende Äußerungen des Gegners.

Der Kreisligist Hertha Buschhoven wehrt sich mit einer Facebook-Nachricht gegen diskriminierende Äußerungen des Gegners.

Foto: GA

Dunkle Wolken prangen am Sonntagnachmittag vom Himmel über Swisttal. Für die dritte Mannschaft des SV Hertha Buschhoven 1911 III steht trotz des durchwachsenen Wetters ein Highlight auf dem Spielplan. Das Derby gegen den FC Flerzheim 1920 e.V. II, eines der Spitzenteams der Kreisliga D. Und das Team aus Buschhoven liefert, gewinnt gegen den Favoriten aus Flerzheim mit 2:1 und belohnt sich für eine starke Leistung mit dem fünften Saisonsieg. Viel Grund zur Freude also in Buschhoven. Eigentlich. Denn das Ergebnis gerät an diesem Nachmittag in den Hintergrund.

Zwei Spieler des FC Flerzheim beleidigen den dunkelhäutigen Buschhovener Spieler Godspower Ogodiunor während des Spiels mit den Worten „Neger“, „Nigger“ und „Guck mal, der scheiß Nigger hat nichts anzuziehen“. Als Ogodiunor nach dem Spiel trotzdem zum obligatorischen Abklatschen mit den Gegenspielern geht, wird er von einem der beiden Spieler weggestoßen.

Diese Situation bekommt Herthas Pressesprecher Severin Wolters hautnah mit. Er sucht das Gespräch mit „Goddy“. Das Ergebnis: Der Offensivspieler ist auf dem Platz regelmäßig Rassismus ausgesetzt. Öffentlich hat er die Entgleisungen bislang nicht gemacht. Wolters tut daraufhin aber genau das. Er veröffentlicht auf der Facebook-Seite des SV Hertha Buschhoven ein Statement des Vereins, in dem er die Geschehnisse schildert und den rassistischen Vorfall deutlich als „ekelhaft“ und „abstoßend“ bezeichnet.

„Als ich nach dem Spiel mit Goddy gesprochen habe und er mir gesagt hat, dass er so regelmäßig Rassismus erfährt, dass er es schon gar nicht mehr anspricht, wollte ich ein Statement setzen“, sagt Wolters. „Es kann nicht sein, dass ein Spieler rassistische Beleidigung als normalen Dauerzustand wahrnimmt und nichts passiert.“ Deshalb also der Beitrag. Um wach zu rütteln, um Bewusstsein gegen Diskriminierung zu schaffen. Nicht jedoch, um gezielt den FC Flerzheim anzugreifen.

FVM setzt sich seit Jahren gegen Rassismus und Diskriminierung ein

„Es geht mir um das Thema Rassismus im Amateurfußball und nicht um den FC Flerzheim, zu dem wir generell ein sehr gutes Verhältnis haben“, sagt Wolters. „Die Vorkommnisse beim Spiel haben einfach das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Auch Frank Peters, Vorstandsmitglied des FC Flerzheim, erfuhr von den Geschehnissen anhand des Internetbeitrags: „Als ich davon gelesen habe, war ich schon erst einmal geschockt“, sagt er. „Der Trainer und andere Verantwortliche haben die Situationen nicht mitbekommen und auch nach dem Spiel kam niemand zu den Spielern oder Betreuern.“

Daraufhin begab man sich in Flerzheim an die direkte Aufarbeitung des Vorfalls. „Wir haben uns mit den beiden Spielern zusammengesetzt und intern über alles gesprochen“, sagt Peters. „In unserem Verein spielen sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Wir stehen also voll hinter dem Statement von Buschhoven und sprechen uns gegen jegliche Form von Diskriminierung aus.“

Ein Statement, dass auch beim DFB und dem Fußballverband Mittelrhein (FVM) so unterstrichen wird. Der FVM setzt sich seit Jahren gegen Rassismus und Diskriminierung ein. „In der Tat fährt der FVM beim Thema Rassismus eine Null-Toleranz-Strategie. Aber wir sind dabei natürlich auf die Vereine und Schiedsrichter angewiesen, die uns über entsprechende Vorkommnisse offiziell unterrichten müssen. Ein Eintrag bei Facebook reicht da nicht aus“, so FVM-Präsident Bernd Neuendorf. „Ich habe aber in diesem konkreten Fall veranlasst, dass die beiden Vereine dem FVM einen Bericht zu den Vorkommnissen vom vergangenen Sonntag zukommen lassen. Sollte sich der im Netz geschilderte Vorgang dabei bestätigen, wird das Präsidium das Verbandssportgericht anrufen. Es muss endlich Schluss sein mit Rassismus auf unseren Sportplätzen.“

Arbeit gegen Rassismus scheint Früchte zu tragen

Der FVM geht diese Strategie mit verschiedenen Maßnahmen an. Es gibt Schulungen für Schiedsrichter, Trainer und Vereinsvertreter. Außerdem wird es eine NRW-weite Anlaufstelle für alle Mitglieder und Vereine der Fußball-Landesverbände im Westdeutschen Fußballverband geben. Sie soll schon Anfang des kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen können. „Wir wollen damit ganz klar allen menschenverachtenden Verhaltensweisen entgegenwirken“, so Neuendorf.

Die Arbeit gegen Rassismus scheint Früchte zu tragen. „In Sachen Rassismus und Antisemitismus hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Ich kann mich noch an Lehrabende erinnern, an denen ich das Thema aufgebracht habe und die Reaktion war durchweg negativ. Da wurde eher von Problemen mit Migrationsvereinen gesprochen. Mir wurde vorgeworfen, ich verkehre die Situation“, erinnert sich Alex Feuerherdt, Schiedsrichter-Lehrwart in Köln. „Heute ist die Aufmerksamkeit einfach viel höher und das Bewusstsein besser. Das Thema Diskriminierung wird sogar auf Schiedsrichter-Schulungen behandelt und hat eine eigene Sparte im Spielbericht bekommen.“ Eine Diskriminierung etwa aufgrund der Herkunft, der Hautfarbe oder der Religion würde demnach viel schwerer gewichtet und mit einer längeren Sperre geahndet als eine Beleidigung wie „Arschloch“.

Vereine zeigen sich solidarisch

Der Facebook-Post der Hertha hat hohe Wellen geschlagen. Rund 150 Mal wurde er geteilt, andere Spieler sprechen Godspower Komplimente aus, Vereine wie der VfL Meckenheim, RW Dünstekoven oder auch Adler Meindorf zeigen sich solidarisch. „Der FVM und seine Kreise sind weltoffen und stehen für Integration, Toleranz, Vielfalt und einen fairen und respektvollen Umgang im Sport. Es ist somit Selbstverpflichtung und Aufgabe des FVM und aller Mitglieder, sich eindeutig gegen Diskriminierungen und rassistische Äußerungen zu positionieren“, sagt Neuendorf. „Natürlich finde ich es gut, wenn Vereine diese Grundsätze auch in die Öffentlichkeit tragen.“ In Flerzheim hätte man sich einen direkten Austausch zwischen den Vereinen gewünscht. Doch auch das wurde inzwischen nachgeholt. Am Dienstagabend trafen sich der Vorstand, der Trainer und die beiden angreifenden Spieler des FC Flerzheim mit Godspower Ogodiunor und Vertretern des SV. „Nach der Aussprache hat sich einer der Gegenspieler sogar noch einmal alleine an mich gewandt und sich entschuldigt“, sagt Ogodiunor. „Das war super und das habe ich natürlich sofort angenommen.“

Derzeit arbeiten beide Vereine an einer gemeinsamen Pressemitteilung, in der das Geschehene noch einmal aufgearbeitet wird. Zudem sind in Flerzheim vereinsinterne Konsequenzen angedacht – eine mehrmonatige Sperre ist möglich.

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