Rendschmidt, Weber und Petersilka Das denken Bonns Spitzensportler über eSport

Bonn · Experten sind sich uneins darüber, ob eSport eine Sportart ist. Und Bonns Spitzensportler? Doppel-Olympiasieger Max Rendschmidt, Judoka Falk Petersilka und Mario Weber vom Bonner SC sind sich in dieser Angelegenheit überraschend einig.

Bei den aktuellen Temperaturen zieht es auch die wetterfesten Kanuten gerne einmal in den Schatten. Doppel-Olympiasieger Max Rendschmidt hält sich wenige Tage vor den Finals in Berlin im Haus auf. „Die Temperaturen sind schon ordentlich“, sagt der Rennkanute. „Da ist man froh, wenn man mal nicht draußen ist.“ Zur Spielkonsole greift der Bonner dann aber eher nicht. „Klar habe ich schon mal gespielt. Aber ich bin eher nicht talentiert“, sagt er. „Selbst im Anfänger-Modus verliere ich immer gegen den Computer.“ Da sei sein kleiner Bruder schon deutlich weiter.

Gerade bei der jungen Generation erfreut sich der eSport wachsender Beliebtheit. Und die Entwicklung ist kaum noch aufzuhalten. 1972 gab es bereits die ersten Turniere. Der Preis für den Gewinner soll damals ein Zeitungsabo gewesen sein. Heute füllen die Pro-Gamer, wie die „Athleten“ genannt werden, ganze Stadien. In Südkorea sind sie Stars, werden von Bodyguards aus der Stretch-limousine ins Stadion geführt. Vor bis zu 45.000 Fans wird gespielt. Die Preisgelder befinden sich längst in Millionenhöhe.

Reaktionsgeschwindigkeit und Taktik sind wichtig

„Ich finde es gut, wenn Sportler, die zu den Besten der Welt gehören, entsprechend honoriert werden und auch hohe Preisgelder oder Gehälter kassieren“, sagt Judoka Falk Petersilka. Der 21-Jährige studiert Medizin, um sich ein Standbein neben der Sportkarriere aufzubauen. „Ich kann auch nachvollziehen, dass publikumswirksamere Sportarten höhere Werbeeinnahmen erzielen“, sagt er. „Nur die Spannweite ist ungerecht. Es kann nicht sein, dass viele Judoka der Nationalmannschaft, die sogar international Medaillen erkämpfen, keine oder so wenig Unterstützung kriegen.“

Auch Rendschmidt trainiert hart, ist Doppel-Olympiasieger. Er kann von seinem Sport leben, trotz Sponsorenverträgen und Preisgeldern wird er aber nicht reich in seinem Beruf. „Natürlich würde ich auch gerne drei Millionen Euro verdienen. Die gibt es in meinem Sport aber nicht.“ Experten sind sich indes uneins, ob es sich bei eSport überhaupt um Sport handelt.

Petersilka hat eine eindeutige Meinung: „Was die eSport-Profis tun, ist ja kein Spielen im eigentlichen Sinne mehr, sondern auch eine Höchstleistung, ähnlich dem klassischen Sport. Nur, dass hier auf andere Eigenschaften Wert gelegt wird“, sagt der Judoka. „Es zählen mehr die Reaktionsgeschwindigkeit, Taktik, Geschwindigkeit und weniger reine Muskelkraft. Aber auch die klassischen Sportarten untereinander unterscheiden sich in ähnlicher Weise.“ Für den Bonner ist eSport daher ein Sport, der Höchstleistung fordert.

Bis zu acht Stunden tägliches Training

Tatsächlich trainieren die Pro-Gamer auf höchster Ebene bis zu acht Stunden täglich. Neben der Physis liegt ein Hauptaugenmerk auf der Psyche. Oft wird eine Sportart als Ausgleich ausgeübt. Das Bild des Pizza essenden und Energydrink trinkenden Computernerds wird nicht mehr bedient. Die Pro-Gamer sind austrainiert. Sie werden gesponsort. Nicht wenige stehen bei Unternehmen unter Vertrag. Längst ist die Fußball-Bundesliga auf das Thema angesprungen. Auch der 1. FC Köln hat Pro-Gamer unter Vertrag. Für sie ist eSport selbstverständlich Sport. Und gerade bei den Fußballern ist die Spielkonsole sehr beliebt. Auch Mario Weber vom Bonner SC sieht eSport als Sportart an. Er selbst spielt Fortnite. Wie Petersilka ist auch der Fußballspieler der Meinung, dass die Pro-Gamer für ihre Leistung entlohnt werden müssen.

Ob die Millionengehälter gerechtfertigt sind, ist streitbar. Genauso wie beim Fußball. Der Markt gibt es her. Sponsoren haben ihr Interesse schon lange angekündigt, andere sind von den klassischen Sportarten zum eSport gewechselt. Dass es in der Branche viel Geld zu verdienen gibt, ist auch dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht entgangen. Auch hier gibt es Interesse.

Der Olympionike Max Rendschmidt sieht die elektronische Sportart aber nicht bei den Olympischen Spielen. „Das IOC versucht ja, sich möglichst modern aufzustellen. Da könnte eSport ein Thema sein“, sagt er. „Aber ich bin da konservativ. Ich wünsche mir eher die klassischen Sportarten.“ Die bedeuten nur mitunter schon einmal Training im Freien. Auch bei diesen Temperaturen.

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