Sonntagskicker - Historisches Ein Bier nach 90 Minuten Rivalität

BONN · Zu alten Oberliga-Zeiten ging es im Fußball-Lokalderby zwischen dem Bonner SC und dem FV Bad Honnef immer heiß her. Mittlerweile entwickeln sich beide Clubs in gegensätzliche Richtungen.

 Mann mit großer Derbyerfahrung: Gregor Eibl.

Mann mit großer Derbyerfahrung: Gregor Eibl.

Foto: Wolfgang Henry

Das Stadion an der Menzenberger Straße platzt fast aus allen Nähten. Sage und schreibe 2700 Zuschauer sind am 18. September 1977 gekommen, um das allererste Meisterschaftsduell zwischen dem heimischen FV Bad Honnef und dem Bonner SC in der damals drittklassigen Verbandsliga Mittelrhein zu verfolgen. Nach 75 gespielten Minuten schießt Honnefs Uli Müller sein Team in Führung, doch nur fünf Minuten später gleicht BSC-Libero Uli van den Berg per Foulelfmeter zum 1:1-Endstand aus.

Gemessen an der hohen Zuschauerzahl und dem vorhandenen fußballerischen Können der Akteure wusste jenes erste Lokalderby nicht zu überzeugen. So hieß es im damaligen Spielbericht des General-Anzeigers: „Fehlpässe gab es beiderseits in einer solchen Masse, dass nur ein Kopfschütteln blieb.“ Und dennoch war die Partie im Herbst 1977 so etwas wie der Startschuss für einen Klassiker, der in den folgenden Jahren immer wieder die Frage nach der fußballerischen Vorherrschaft im Bonner Raum stellte.

Zunächst begegneten sich die beiden Lokalrivalen dabei auf Augenhöhe: Auf zwei Punkteteilungen in der Verbandsliga Mittelrhein folgten ab 1978 in der neugegründeten Oberliga Nordrhein in drei Spielzeiten jeweils zwei Siege für BSC und HFV sowie zwei weitere Remis. Als die Bonner nach der Saison 1980/81 den Gang in die Verbandsliga antreten mussten, hatten die Bad Honnefer für vier Jahre das alleinige Sagen, ehe dem BSC der Wiederaufstieg gelang.

Zu dieser Zeit waren beide Clubs nicht nur sportliche Aushängeschilder, sondern auch aus finanzieller Sicht für Spieler lukrativ. „Das Derby war auch das Spiel Geld gegen Geld. Honnef hatte einige ehemalige Profis im Kader und beim BSC spielte unter anderem Hermann Hummels“, erinnert sich Jupp Farkas, der als Stürmer insgesamt sieben Jahre für die Badestädter aktiv war und heute den Mittelrheinligisten Spvg. Wesseling-Urfeld trainiert.

Hummels, der Vater von Nationalspieler und Weltmeister Mats, kam 1983 vom damaligen Zweitligisten TuS Schloss Neuhaus, dem Vorgängerverein des SC Paderborn, zunächst zum FV Bad Honnef. Nach zwei Jahren wechselte er zum linksrheinischen Rivalen und nach drei Spielzeiten im BSC-Trikot noch einmal nach Bad Honnef. „In den Begegnungen herrschte immer eine flotte Atmosphäre, aber die ganz große Emotionalität gab es eigentlich nicht, denn man kannte sich ja untereinander“, hat Hummels relativ harmlose Erinnerungen an das Derby. Aus den zahlreichen erlebten Duellen ist ihm besonders ein Kopfballtreffer aus seiner zweiten Zeit beim HFV im Gedächtnis geblieben, über den er heute schmunzeln muss: „Ich war kein guter Kopfballspieler, aber in einem Spiel habe ich den Ball aus zwei Metern bei fast leerem Tor ausgerechnet in den Winkel geköpft.“

Einer, für den der Lokalkracher dagegen immer eine besondere Partie darstellte, war Bonns kämpferischer Abwehrspieler Gregor Eibl. In der Altstadt aufgewachsen, war Eibl von ganzem Herzen BSC-Anhänger, durchlief die Jugendmannschaften des Clubs und wurde schließlich Stammspieler bei den Blau-Roten. „Damals in der Oberliga war das eines der schönsten Derbys. Die Zweikämpfe hatten in diesen Spielen nochmal einen höheren Stellenwert“, betont der heutige Trainer und fügt hinzu: „Auf dem Platz gab es 90 Minuten Krieg, aber danach haben wir gemeinsam ein Bierchen geschlürft.“

Dass Eibl in die Duelle mit den Bad Honnefern extrem motiviert ging, belegt eine Begegnung aus dem Mai 1993: 1000 Zuschauer im Sportpark Nord erlebten einen 4:1-Sieg der Hausherren und sahen neben zwei Roten Karten für die beiden HFV-Spieler Ralf Schmitz und Achim Weber zwei Treffer des Bonner Eigengewächses. „Als Defensivspieler das zu schaffen, war natürlich etwas ganz Besonderes für mich. Nach dem zweiten Treffer war ich aber auch von Krämpfen geplagt, weil ich in dem Spiel gefühlt vier Kilometer mehr gelaufen bin als sonst“, erinnert sich Eibl.

Ab dem Ende der 1990er Jahre wurden die Aufeinandertreffen dann weniger und verloren deutlich an Strahlkraft. Während der FV Bad Honnef nach fast 20 Jahren durchgängiger Zugehörigkeit zur Oberliga Nordrhein absteigen musste, wurde aus dem BSC ein Fahrstuhlclub zwischen Regionalliga und Verbandsliga. Für Aufsehen sorgten weniger die Spiele selbst, sondern Teile der Fans beider Lager, die schon mal untereinander und mit der Polizei in Konflikt gerieten.

Das letzte ausgetragene Meisterschaftsderby ging am 10. März 2013 in der Landesliga klar mit 3:0 an den BSC, der am Ende der Saison den Aufstieg in die Mittelrheinliga klarmachte. Auch in der Gesamtbilanz haben die Bonner mit zwölf Siegen bei elf Remis und neun Bad Honnefer Erfolgen knapp die Nase vorn.

Aktuell entwickeln sich beide Vereine sportlich in verschiedene Richtungen: Während der BSC kurz vor dem Aufstieg in die Regionalliga steht, kämpft der Rivale von der anderen Rheinseite gegen den Absturz in die Bezirksliga. Die Zeit der großen und umkämpften Derbys gehört wohl der Vergangenheit an.

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