Deutscher Eishockey-Star Leon Draisaitl trainiert bei Heimatclub Kölner Haie

Köln · Eishockey-Star Leon Draisaitl ist wieder auf Heimatbesuch in Köln. Die vielen Lobeshymnen, die der wertvollste Spieler der vergangenen Saison zuletzt erhalten hat, scheinen ihm etwas unangenehm zu sein.

 Im Haifischbecken: NHL-Star Leon Draisaitl (rotes Trikot) trainiert aktuell wieder bei den Kölner Haien.

Im Haifischbecken: NHL-Star Leon Draisaitl (rotes Trikot) trainiert aktuell wieder bei den Kölner Haien.

Foto: Matthias Kirch

Es mag Sportler geben, die sich nach einem persönlichen Erfolg erst mal eine Auszeit gönnen. Urlaub machen, entspannen, mal nicht an den Sport denken. Leon Draisaitl gehört nicht zu diesem Typus. Zwei Wochen nach der Kür zum besten Spieler der vergangenen Saison in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL steht der 24-Jährige schon wieder auf dem Eis. Wie mittlerweile jedes Jahr bereitet sich der Angreifer der Edmonton Oilers bei seinem Heimatclub, den Kölner Haien, auf die neue Spielzeit vor.

„Meine besten Freunde, mit denen ich aufgewachsen bin, sind hier im Team. Es macht mir immer Spaß, mit ihnen zu trainieren“, sagt Draisaitl nach dem Ende der Einheit am Vormittag. Nur der weiße Helm und die grauen Stutzen hatten ihn zuvor optisch von seinen Mitspielern unterschieden. Das Trikot aber war das gleiche: rot und mit dem großen Haie-Logo auf der Brust.

Draisaitl ist inzwischen eine der großen Attraktionen der weltbesten Eishockey-Liga, er brilliert in den Arenen von Edmonton, Toronto oder Montréal, wo Eishockey nicht nur Sport, sondern auch Lebenskultur ist. Doch seine Heimat, das macht er immer wieder deutlich, ist hier, in Köln. Und deshalb zieht es den Ausnahmekönner immer wieder zu dem Club zurück, wo für ihn einst alles begann und dessen sportliches Abschneiden er auch im fernen Kanada genau verfolgt.

Mehr Ruhe vor dem großen Rummel

Leon Draisaitl bei den Kölner Haien
32 Bilder

Leon Draisaitl bei den Kölner Haien

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Der Heimatbesuch bietet Draisaitl aber noch mehr als Training, Familie und Freunde: Er hat in Köln etwas mehr Ruhe vor dem großen Rummel um seine Person. „Ich werde häufiger erkannt als früher“, sagt der deutsche Nationalspieler zwar, schränkt aber ein: „Es ist immer noch ein großer Unterschied zu Kanada.“ Im Mutterland des Eishockeys hat sich der Rheinländer seit seinem Debüt im Jahr 2014 so prächtig entwickelt, dass sein Name in einer Debatte über den derzeit besten Spieler der Welt zwingend genannt werden muss. Drei Argumente pro Draisaitl sind der Gewinn der Hart Trophy (bester Spieler der Saison, gewählt von Journalisten), des Ted Lindsay Award (bester Akteur laut der Spielergewerkschaft) und der Art Ross Trophy (höchste Scorerpunktzahl der regulären Saison). Nie zuvor hat ein Deutscher eine dieser drei Auszeichnungen erhalten.

In den Gesprächen mit Draisaitl sind sie in diesen Tagen das große Thema, so auch bei der Presserunde am Mittwoch in der Trainingshalle der Kölner Haie. Dem Ausgezeichneten scheinen die Ehrungen wie auch die ständigen Nachfragen fast etwas peinlich zu sein, Draisaitl versteht sich als Mannschaftsspieler. „Ich bin sehr stolz darauf, aber als Sportler schaut man immer nach vorn“, betont der 24-Jährige. „Es ist nicht so, dass ich jeden Tag aufwache und denke, wie toll ich bin – im Gegenteil. Es gibt noch sehr viele Sachen, an denen ich arbeiten kann.“ Statt vor Mikrofonen große Töne zu spucken, lässt Draisaitl lieber Leistungen auf dem Eis für ihn sprechen.

Vorbild für junge Kollegen

Trotzdem ist dem Kölner bewusst, welche Strahlkraft er für das deutsche Eishockey hat. Schon vor dem Beginn seiner Profikarriere setzten viele angesichts seines Ausnahmetalents die Hoffnung in ihn, für seinen Sport eine ähnliche Rolle einzunehmen, wie sie der große Dirk Nowitzki für den deutschen Basketball hatte und hat. „Ich würde gerne dieser Spieler für das deutsche Eishockey sein. Ob ich es aktuell schon bin, müssen aber andere beurteilen“, sagt Draisaitl, dem es in dieser Sache nicht um den persönlichen Ruhm geht, sondern um einen positiven Effekt für seinen Sport, der es in Corona-Zeiten in Deutschland schwerer denn je hat.

Immerhin: Der alleinige Hoffnungsträger ist der Angreifer in seiner Heimat inzwischen nicht mehr. Die Zahl der hochtalentierten deutschen Spieler steigt – bestens erkennbar am NHL-Draft, der jährlichen Talenteauswahl der Liga. Dort wurde jetzt der Mannheimer Tim Stützle bereits an dritter Stelle von den Ottawa Senators ausgewählt, etwas später folgte der Berliner Lukas Reichel (siehe Infokasten). „Für das deutsche Eishockey ist das riesig, es schiebt sich dadurch immer weiter nach oben“, schwärmt Draisaitl, vor sechs Jahren wie Stützle an dritter Stelle von Edmonton ausgewählt.

Auch wenn Draisaitls Weg in der NHL sicher ein Vorbild für die jungen Kollegen ist – als Berater möchte er sich nicht aufdrängen: „Ich denke nicht, dass es jetzt mein Job ist, den beiden zu sagen, was sie zu tun haben. Ich bin aber natürlich immer für sie da, wenn sie Hilfe brauchen.“ Und natürlich würde er es ihnen alles andere als verübeln, wenn sie eine ähnliche Rolle einnehmen würden wie er. Denn es ist nicht die Lieblingsbeschäftigung von Leon Draisaitl, allein im Scheinwerferlicht zu stehen.

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