Gründung der 1. Bolzplatz-Vereins in Sankt Augustin

Jung und Alt haben Spaß am ungezwungenem Fußballspiel fernab von Ehrgeiz

Sankt Augustin. An diesem Sonntag geht das Wetter in Ordnung, am Samstag noch hätten man keinen Hund vor die Tür gejagt: Grau verhangener Himmel und Regen wie Bindfäden. Alles andere als Fußball-Wetter. Dementsprechend sah am Sonntag auch der Bolzplatz hinter dem Schützenhaus in Niederpleis aus.

Dennoch sind schon von Weitem satte Ball-Geräusche und Kommandos von der Sorte "gib ab", "siehst Du mich" und "spiel steil" zu hören. Am Werk ist hier wie jeden Sonn- und Feiertag zwischen 10 und 12 Uhr eine fröhliche Truppe aus etwa 15 Spielern, die munter und teils gekonnt gegen den Ball tritt.

Was auffällt: Junge und ältere Kicker stehen in ein und derselben Mannschaft, und sie haben sichtlich Spaß am Miteinander. Ob des Vortagsregens ist der Ascheplatz tief, die Pfützen groß - und die Trikots der Spieler inzwischen dreckig.

Rainer Barkowski, Vorsitzender des Bolzplatz-Vereins, stehen die miserablen Platzverhältnisse im Wortsinne ins Gesicht geschrieben. Trotzdem tut das der Freude am "Bolzen" keinen Abbruch. Wer glaubt, hinter dem Verein verstecken sich Fußballer, die keinen Ball geradeaus treten können, der irrt.

Fairness und vor allem möglichst köperloses Spiel ist hier oberstes Gebot, erklärt Geschäftsführer Hans-Jürgen Kandzia die Maxime. Worauf man zudem Wert legt: Technik, einen gepflegten Ball und insbesondere das Kombinationsspiel mit den Mitspielern - Mannschaftsgeist eben.

"Das ist ein Unterscheid zwischen einem Bolzplatz und einem normalen Fußballplatz", sagt der 38 Jahre alte Barkowski: "Hier kann Du keine langen Bälle schlagen und kein Star sein Ego ausleben, es kommt auf die Mannschaft an." Doch das allein machte den Reiz nicht aus, am 23. August den wohl im Umkreis einmaligen Verein aus der Taufe zu heben.

Ganz bewusst wollten die Gründungväter Barkowski, Kandzia, Ralf Schumacher und Ahmend Aynan, die seit Jahren zusammen auf Bolzplätzen kicken, weg von den bekannten Strukturen in Fußballvereinen. Keine Altersklassen und kein Leistungsprinzip sollen über ein Mitmachen entscheiden, sondern allein die Begeisterung für den Sport.

So spielt denn der 45-jährige Kandzia selbstverständlich und gerne in einer Mannschaft mit Barkowskis 16-jährigem Sohn Chris. Der Jüngste in dem bislang 17 Mitglieder zählenden Verein ist erst 13 Jahre. Auch wer das Fußballspielen nicht erfunden hat, oder aber ein leichtes Handicap hat, wie der 17 Jahre alte Fabian Olles ist willkommen und "bekommt ganz bestimmt etwas beigebracht", versichert Barkowski.

Wie der Vorsitzende gibt es viele in der Truppe, die über eine reiche Vereinserfahrung verfügen und es verstehen, mit dem Ball umzugehen. Man sieht sich dennoch nicht als Konkurrenz zu den normalen Fußballvereinen. "Wir wollen denen, die keine Chance im Verein haben, eine Alternative bieten, weiterhin der schönsten Nebensache der Welt nachgehen zu können", bekräftigt Kandzia.

Aber auch abseits des Platzes soll das harmonische Miteinander etwa mit gemeinsamen Ausflügen und Feiern gepflegt werden. Das Aufnahmeprozedere ist überaus unkompliziert. Der 29-jährige Björn Walterscheid kam eines Sonntags am Bolzplatz vorbeigejoggt, als die Truppe gerade spielte. "Kann ich mitspielen?", hatte er seinerzeit gefragt und ist seitdem regelmäßig dabei. "Das ist das Schöne hier, egal ob alt oder jung, es geht einfach nur ums Spielen."

Am Ende der zwei Stunden steht es 15:13 für die Mannschaft mit den gelben Leibchen, was für Kandzia aber ganz egal ist. Hauptsache, es hat Spaß gemacht - und die dreckverkrusteten Spieler scheinen das Ergebnis ohnehin schon so gut wie vergessen zu haben. Schließlich freuen sich alle schon auf den nächsten Sonntag.

Nähere Informationen gibt es unter www.1.bolzplatz-verein-sankt-augustin.de.tk.

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