Horst Eckel, einer der Helden des WM-Triumphs von 1954, wird 80 Jahre alt

BONN · Horst Eckel ist noch heute ganz der Windhund von einst, ständig unterwegs. So flink wie früher auf dem Rasen, so ausdauernd hält er als einer von drei noch lebenden Weltmeistern in Vorträgen, Interviews und Fernseh-Auftritten die Erinnerung an das "Wunder von Bern" hoch.

 Die WM-Helden von 1954: Horst Eckel (Dritter von links), neben Mannschaftskapitän Fritz Walter und Torwart Toni Turek auf einem Foto, das wenige Tage vor dem Finale entstand.

Die WM-Helden von 1954: Horst Eckel (Dritter von links), neben Mannschaftskapitän Fritz Walter und Torwart Toni Turek auf einem Foto, das wenige Tage vor dem Finale entstand.

Foto: dpa

Eckel ist Hüter und Bewahrer eines Mythos' - und dabei selbst an jenem 4. Juli 1954 zur historischen Figur geworden. Am Mittwoch feiert der Jüngste der damaligen WM-Helden seinen 80. Geburtstag.

Der bodenständige Pfälzer, der noch immer in seinem Geburtsort Vogelbach lebt und dort Ehrenbürger ist, steht nicht gern im Mittelpunkt. Doch an diesem Mittwoch wird er sich nicht drücken können. Der Deutsche Fußball-Bund und sein Stammverein 1. FC Kaiserslautern würdigen Eckel mit einer großen Gala im Fritz-Walter-Stadion.

Viel Prominenz, darunter der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und DFB-Präsident Theo Zwanziger, hat sich angesagt. Hans Schäfer und Ottmar Walter, die WM-Kollegen von einst, mussten aus gesundheitlichen Gründen absagen. Dafür kommt vom Finalgegner Ungarn der mittlerweile 85-jährige Jenö Buzansky.

Wenn heute noch einmal die Schwarz-Weiß-Bilder vom 3:2-Triumph der Deutschen über das damals übermächtige Ungarn über die große Anzeigetafel im Fritz-Walter-Stadion flimmern, dann wird Eckel - wie immer - berührt und bewegt zuschauen. "Ich weiß noch genau, dass mir damals bei der Hymne vor dem Spiel ein Schauer über den Rücken gelaufen ist. Wir wussten: Wir spielen für Deutschland. Uns schaut eine ganze Nation zu", erzählt Eckel.

Sepp Herberger, der Architekt des Wunders, hatte dem mit 22 Jahren jüngsten deutschen Spieler im Finale eine Sonderaufgabe übertragen. Der schnelle und konditionsstarke rechte Außenläufer, Spitzname "Windhund", sollte den ungarischen Spielmacher und gefürchteten Torschützen Nandor Hidegkuti bewachen.

"Hidegkuti war für die Ungarn das, was Fritz Walter für uns war: der Kopf der Mannschaft. Ich war jung, er war acht oder neun Jahre älter als ich, und darum war ich immer einen Schritt schneller als er", erinnert sich Eckel. Dass der Lauterer den Auftrag mit der ihm eigenen Zuverlässigkeit erfüllte, war einer der Schlüssel zum niemals für möglich gehaltenen Sieg über die hochfavorisierten Ungarn, die zuvor vier Jahre lang kein einziges Spiel verloren hatten.

Was war letztendlich ausschlaggebend für das Wunder von Bern? Immer wieder muss Eckel diese Frage beantworten. Und immer gibt er diese Antwort: "Kameradschaft. Gemeinschaftsgefühl. Wir haben gezeigt, was mit Zusammenhalt alles zu erreichen ist." Wann immer Eckel vom größten deutschen Fußball-Triumph erzählt, wird die Ehrfurcht vor dem "Chef" Herberger spürbar. "Eine Vaterfigur, aber ein sehr autoritärer Typ, den ich nie lachen gesehen habe."

Herberger hatte Monate vor WM-Beginn aus dem Stürmer Eckel einen Außenläufer gemacht und damit für Spielmacher Fritz Walter eine perfekte Absicherung gefunden. "Fritz und ich haben uns fast blind verstanden", sagt Eckel über den Kapitän und Lauterer Kollegen, einem höchst sensiblen Spieler. Eckel: "War er gut drauf, haben wir unsere besten Spiele gemacht. Lief es bei ihm nicht, lief es bei der ganzen Mannschaft nicht."

Der WM-Triumph hat Eckel nicht reich gemacht. 2200 Mark bekam er als Prämie, eine Menge Geld für damalige Verhältnisse, doch eine Winzigkeit gegenüber den Summen, die heute gezahlt werden. Neid verspürt der Pfälzer dennoch nicht. "Ich behaupte einfach: Wir hatten die schönere Zeit."

Wer kann von sich schon behaupten, einem ganzen Land zu einem neuen Selbstwertgefühl verholfen zu haben? Eckel und die Helden von Bern haben es geschafft. Wer die Bilder von den Hunderttausenden Menschen vor Augen hat, die den Sonderzug mit den Weltmeistern bei der Rückreise aus der Schweiz empfingen, kann nachempfinden, wie sehr dieser Titel dazu beigetragen hat, ein international isoliertes Volk aus der Depression der Nachkriegsjahre zu reißen. Mit Geld ist dieses Gefühl nicht zu ersetzen.

Auch mit jetzt 80 Jahren kennt Eckel, noch heute Stammgast des FCK auf der Tribüne des Fritz-Walter-Stadions, keinen Ruhestand. Der pensionierte Realschullehrer ist seit 1997 Botschafter der Sepp-Herberger-Stiftung und führte bereits in vielen deutschen Gefängnissen Resozialisierungsgespräche mit jugendlichen Straftätern. "Am Anfang war es bedrückend für mich, aber dann habe ich Gefallen an der Aufgabe gefunden. Über den Fußball kann man schnell Zugang zu den Jungs bekommen", sagt er.

Eine Frage wird ihm dabei häufig gestellt: Warum er nie ins Ausland gegangen sei und den WM-Titel versilbert habe. Für Eckel war ein Abschied aus der Pfalz nie ein Thema, obwohl es an Angeboten nicht mangelte. Das lukrativste kam vom englischen Klub Bristol, der ihm 1955 rund 150.000 Mark Handgeld plus Prämien geboten hatte. Eckel: "Fritz Walter ist nie gewechselt, sein Bruder Ottmar auch nicht. Da wäre es Verrat am 1. FC Kaiserslautern gewesen, wenn ich gegangen wäre."

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