Groundhopper Jeder Platz zählt

BONN · Der Bonner Daniel Worm sammelt Stadionbesuche wie andere Briefmarken. Der Dortmund-Fan hat in 82 Stadien Europas Fußballspiele verfolgt.

 Reist für seine Leidenschaft quer durch Europa: Daniel Worm im Stadion von Benfica Lissabon.

Reist für seine Leidenschaft quer durch Europa: Daniel Worm im Stadion von Benfica Lissabon.

Foto: Privat

Wenn der AS Eupen zu seinen Heimspielen antritt, kommen im Schnitt nur etwas mehr als 2000 Fans in das Stadion am Kehrweg. Mehr als 6000 Plätze in dem 8363 Zuschauer fassenden Stadion bleiben regelmäßig frei. Das verwundert nicht – Eupen spielt lediglich in der 2. belgischen Fußballliga. Gegen Lommel United sind es gerade einmal 1750 Hartgesottene, die ins Stadion pilgern. Unter ihnen der 24 Jahre alte Bonner Daniel Worm.

Worm ist weder Fan der Eupener, noch hat er Freikarten oder ähnliches für die Partie. Dass er mit dem 2:0 für Eupen einen Erfolg des Heimteams sieht, ist für ihn zweitrangig. Ihn interessiert es nicht, ob er den Clasico zwischen Madrid und Barcelona oder zweitklassigen Fußball im Nachbarland sieht. Worm geht es um das Stadion – er ist Groundhopper und hat damit vor allem ein Ziel: Möglichst viele Stadien besuchen und dort Fußballspiele sehen. Eiserne Regel: Ein „Ground“ – das kann ebenso der Graurheindorfer Kessel wie das Mailänder San Siro sein – gilt nur dann als besucht, wenn dort auch ein Spiel angesehen wurde. Der reine Stadionbesuch zählt nicht.

Fußballfan ist der Bonner schon immer, die Dortmunder Südtribüne seit Jahren sein zweites Zuhause, sein Bonner Fanclub wie eine zweite Familie. Doch was reizt einen Fan, quer durch Europa zu reisen, wenn er nicht seine Borussia sehen kann? Es war ausgerechnet die erfolgreiche Zeit des BVB zwischen 2011 und 2013, die den 24-Jährigen zum Groundhopper machten. „Nach diesen Jahren hat sich in Dortmund einiges zum Schlechten verändert, ich war etwas satt und suchte nach neuen Reizen.“

Einige der besuchten Stadien
21 Bilder

Einige der besuchten Stadien

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Seit er die Liebe zum Groundhopping entdeckt hat, war er in 16 Ländern in ganz Europa und auf 82 verschiedenen „Grounds“. Seine Reisen, die er über eine App auf seinem Smartphone dokumentiert, führten ihn unter anderem nach Russland, die Ukraine und in die Türkei. „Mich reizen aber auch nicht-europäische Länder. Ich würde gerne mal nach Marokko oder auch nach Südamerika.“

Einmal angefangen, ist das „Stadionsammeln“ für Worm zu einer Sucht geworden. „Das Tolle beim Hoppen durch andere Länder ist, dass man nicht nur die schönen Seiten einer Stadt oder eines Landes sieht, wie es ein normaler Tourist erlebt. Beim Fußball sieht man quasi einen Querschnitt der Gesellschaft, vom Top-Manager bis zum Arbeitslosen.“ Alle, egal wie fremd und anders das Land und die Kultur sind, vereine dasselbe: „Ein Bier trinken und ihr Team zum Sieg schreien.“

Dass er seine freien Tage häufig hauptsächlich in Zügen, Fliegern und Bussen verbringt, stört ihn nicht: „Klar, der Großteil der Wochenenden und Urlaubstage geht dafür drauf, dafür habe ich dann weniger andere Hobbies.“ Um die Kosten auf seinen Touren, die er meist in einer Kleingruppe bestreitet, möglichst gering zu halten, versucht er, auf Luxus zu verzichten. „Ich nehme den Billigflieger und den Achter-Schlafsaal im Hostel“, erzählt er mit einem Augenzwinkern.

Generell sei Groundhopping mit viel Vorbereitung verbunden. Neben Flug- und Hotelbuchung müsse man den Weg zum Stadion klären und unter Umständen im Vorfeld Eintrittskarten organisieren. Gerade das sei in manchen Ländern gar nicht so leicht, da die Karten teilweise personalisiert seien und man bei Risikospielen im Besitz einer Fan-Karte sein müsse.

Ist dann aber endlich das auserwählte Stadion erreicht, wird der viele Aufwand belohnt. Egal, in welchem Stadion – Worm hat bislang nur Positives erlebt. Von einem seiner Trips nach Portugal, bei dem er in Lissabon die Stadien von Benfica, Belenenses und Sporting sowie in Porto die Arena von Boavista besuchte, war er besonders beeindruckt: „Ich merkte, dass die Leute vor Ort sogar stolz waren, dass ein Deutscher so einen Aufwand betreibt, um ein einfacheres Liga-Spiel in Portugal zu sehen.“

Seine nächsten Ziele hat der Bonner im Übrigen schon vor Augen: Zunächst zum letzten Spieltag in der polnischen Liga nach Warschau, anschließend zum Saisonfinale in der Schweiz, ehe im Sommer dem „Event Europameisterschaft“ entflohen wird. „Zum Glück spielen temperaturbedingt die baltischen Staaten den Sommer durch“, sagt er.

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