Jugendfußball: Rivalität zwischen Klubs bereitet Schwierigkeiten

Jugendliche sind auf Goodwill der Vereine angewiesen - Aber auch überehrgeizige Eltern sind ein Problem

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis. Von einem echten Winter ist angesichts relativ milder Temperaturen in unseren Breitengraden wenig zu spüren, doch im Fußball herrscht zwischen einigen Klubs mal wieder Eiszeit.

Da liegen derzeit der Bonner SC und die SF Troisdorf im Clinch, da ist die Atmosphäre zwischen dem VfR Marienfeld und dem SV Siegburg 04 recht frostig - das sind die bekannten Fälle. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen. Es sind die Wechselabsichten diverser Jugendspieler, die in schöner Regelmäßigkeit für Verstimmung sorgen. Kein Wunder: Der eine Verein will seine besten Kicker nicht ziehen lassen, der andere will sie unbedingt verpflichten.

Der eine spricht von unerlaubter Abwerbung, der andere ärgert sich über die "Blockadepolitik" des Konkurrenten. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, fallen im Zusammenhang mit den jungen Akteuren häufig auch noch die Worte "Leibeigene" oder "Sklaven", wenn es darum geht, dass ein Nachwuchsspieler keine Freigabe für einen Wechsel erhält und somit auf Eis gelegt wird. Wie dem auch sei: Die Dummen sind zumindest im Winter immer die Jugendlichen.

Wo sich bei den Profis und auch bei den Senioren-Amateurkickern die Beteiligten im Regelfall nach lautem Theaterdonner spätestens bei einer bestimmten Ablösesumme einigen, da gestaltet sich die Regelung bei den Junioren wesentlich schwieriger - gerade was die Wechselperiode II (1. Juli bis 30. April des Folgejahres) angeht, in die auch die Winterpause fällt.

Sollte bei einem A- bis D-Jugendlichen der abgebende Verein einem Wechsel nicht zustimmen, dann ist der Kicker vom Tag seiner Abmeldung an für Pflichtspiele (sprich Meisterschaft und/oder Pokal) ein halbes Jahr gesperrt - komme, was da wolle. Selbst wenn die Zustimmung des alten Klubs vorliegt, sind die Jugendlichen noch drei Monate zum Zuschauen verurteilt. Bei den E- und F-Junioren sowie den Bambinis kann eine Freigabe zwar grundsätzlich nicht verweigert werden, doch zwei Monate Pause drohen auch ihnen.

"Die Regelung im Winter stellt ein Problem dar und ist in gewisser Weise auch inkonsequent und unlogisch, weil der Spieler auf jeden Fall gesperrt wird, egal ob sich die Klubs einig sind oder nicht", gibt Marko Tillmann, der stellvertretende Vorsitzende des Verbandsjugendausschusses, zu.

Damit spielt er auf die Wechselperiode I (1. Mai bis 30. Juni) an: Erfolgt die Abmeldung in dieser Zeit, dürfen die jungen Fußballer bei einer Zustimmung des alten Vereins zum Wechsel schon ab dem 1. August wieder auflaufen; bleibt das Ja des alten Klubs aus, sitzen sie zwar eigentlich bis zum 1. November, können aber mittels einer "Ausbildungsentschädigung" vom neuen Verein "freigekauft" werden.

Die Höhe der Entschädigung richtet sich dabei kurioserweise nach der Spielklasse der ersten Seniorenmannschaft des aufnehmenden Klubs (Tillmann: "Das ist weit hergeholt"). Diese Klausel aber gibt's im Winter nicht. Keine Regel ist freilich ohne Grund entstanden. Das ist auch in diesem Fall nicht anders. Ursprünglich sollten die Wechselbestimmungen und auch die Einführung einer "Ausbildungsentschädigung" dazu führen, kleine Klubs vor den großen zu schützen.

Sie sollten verhindern, dass mangels Masse ganze Mannschaften in Dorfvereinen aufgelöst werden müssen. Sie sollten dafür sorgen, dass die etablierten Vereine wie der 1. FC Köln oder Bayer Leverkusen sich nicht einfach mit "Sahnestücken" versorgen konnten, ohne auch nur einen Cent dafür locker zu machen, dass ihnen ein kleiner Verein die Ausbildungsarbeit abnahm.

Davon allerdings ist nicht mehr viel übrig geblieben. "Die “Großen„ zahlen ohnehin nicht, sondern handeln nach dem Motto: Bekomme ich den einen Spieler nicht, nehme ich eben den nächsten", weiß Tillmann zu berichten. "Die Auswahl ist groß genug." Gerade bei den Jüngsten ist das so - nicht zuletzt dank übereifriger oder oft überehrgeiziger Eltern, die in ihrem Sprössling schon im zarten Alter von acht oder neun Jahren den kommenden Bundesliga-Star sehen.

"Häufig bieten die Eltern ihre Kinder regelrecht an, ohne einordnen zu können, ob sie ihnen damit überhaupt einen Gefallen tun", sagt Tillmann. Dies sei der Hauptgrund dafür, dass es auch Bestimmungen für die Kleinen gebe. "Ansonsten käme es wohl alle paar Wochen oder Monate zu einer wilden Wechselei."

Bei den Älteren liegt's in der Regel entweder am Talent, in einer höheren Klasse kicken zu können, oder an der Unzufriedenheit, was die Betreuung angeht, dass sie eine "Luftveränderung" vornehmen wollen. "Ohne die Wechselbestimmungen aber könnte ja jeder Spieler jederzeit irgendwo anders hingehen, nur weil ihm in seinem Verein eine Nase nicht passt", erklärt Tillmann.

In puncto Betreuung seien jedoch die Klubs in der Pflicht. Von den Kreisen und vom Verband würden genügend Qualifizierungsmaßnahmen angeboten, die unbedingt wahrgenommen werden Doch der Verbandsfunktionär verkennt auch nicht die Kehrseite der Medaille: "Jeder Verein kann einen Aktiven grundlos sperren. Das ist gerade in der Winterpause schmerzlich."

Tillmann und auch der Vorsitzende des Kreisjugendausschusses Sieg, Richard Kürvers, haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass die meisten Wechsel vernünftig über die Bühne gehen. "Wenn man einen Spieler “sauber„ gehen lässt, ohne ihm Schwierigkeiten zu bereiten, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er irgendwann auch wieder gern zu seinem Heimatverein zurückkehrt", hat Tillmann festgestellt.

Und laut Kürvers sind in den vergangenen zwei Jahren an der Sieg alle Probleme nicht zuletzt durch seine Vermittlung gelöst worden. Eines aber ist allen Beteiligten klar: "Eine Regelung, die allen Interessen und Wünschen gerecht wird, gibt es nicht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort