Keine Einigung zwischen Bonner Staatsanwaltschaft und Radprofi Ullrich in Sicht

Einstellung des Verfahren muss Ullrich sich mit Dopinggeständnis verdienen - Auch Klöden bleibt unter Verdacht

Keine Einigung zwischen Bonner Staatsanwaltschaft und Radprofi Ullrich in Sicht
Foto: ap

Bonn. (dpa/ga) Zur gütlichen Einigung zwischen Justiz und dem früheren Radprofi Jan Ullrich kommt es wohl vorerst nicht, die Staatsanwaltschaft Freiburg vernimmt im Fall Sinkewitz zwei Personen, und der Weltverband (UCI) könnte neue Ermittlungen einleiten: Das Thema Doping hält den Radsport zumindest hierzulande auf höchsten Ebenen weiter in Atem.

Die Staatsanwaltschaft Bonn wollte am Montag zum angeblich bevorstehenden Übereinkommen im Fall Ullrich nichts sagen. "Ich weiß nicht, die wievielte Klappe der Spekulationen das ist. Dazu nehmen wir keine Stellung", erklärte Staatsanwalt Fred Apostel. "Wir warten weiter frohen Mutes. Unser Angebot an die Ullrich-Seite besteht ja seit langer Zeit." Der Jurist hatte schon im vorigen Oktober in einem Gespräch mit dem General-Anzeiger die Möglichkeit gesehen, das Verfahren einzustellen. Allerdings, so sagte Apostel seinerzeit, müsse sich Ullrich diese in der Strafprozessordnung vorgesehene Einstellung auch "verdienen".

Der Staatsanwalt versteht darunter neben der Zahlung einer Geldbuße auch das Eingeständnis Ullrichs, gedopt zu haben, und die tätige Mitarbeit bei der Aufdeckung von Dopingnetzwerken. Die Höhe der Geldbuße sei dabei nicht von entscheidender Bedeutung. Nur zu zahlen, wie Ullrichs Anwalt schon vor einem Jahr angeboten hatte, "das war uns damals und ist uns auch heute noch zu wenig", stellte Apostel klar.

Das Nachrichten-Magazin "Focus" hatte von einer angestrebten Einigung berichtet, nach der die Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen ein Schuldeingeständnis und die Zahlung einer hohen Summe eingestellt werden sollen. Die "Bildzeitung" schrieb am Montag, Ullrich habe ein entsprechendes Entgegenkommen abgelehnt. "Angebote können angepasst werden", sagte Apostel. "Aber grundsätzliche Eckpfeiler sind nicht zu verrücken."

Die Staatsanwaltschaft Freiburg, die im Umkreis des früheren T-Mobile-Teams wegen Dopings ermittelt, will in dieser Woche zwei Personen vernehmen. "Wir wollen mit einem mit Sinkewitz befreundeten Fahrer, der nicht dem T-Mobile-Team angehörte, und seiner früheren Freundin sprechen. Sollten sich deren Aussagen mit denen von Sinkewitz decken, können wir weiter vorgehen", sagte der zuständige Staatsanwalt Wolfgang Maier. Die Ermittlungen könnten sich auch auf den ehemaligen T-Mobile-Profi Andreas Klöden ausweiten ( GA vom 10. März).

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte von einer Aussage des Kronzeugen Patrik Sinkewitz berichtet, seine ehemaligen Team-Kollegen Klöden und Matthias Kessler hätten ihn nach dem Prolog der Tour de France 2006 von Straßburg nach Freiburg begleitet. Sinkewitz hatte gestanden, den Abstecher in die Uni-Klinik Freiburg unternommen zu haben, um sich unter der Regie der früheren Teamärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid Eigenblut reinfundieren zu lassen.

Laut Maier seien im Moment auch Spezialisten des Bundeskriminalamtes dabei, gelöschte Computer-Daten aus der Schmid/Heinrich-Abteilung in der Freiburger Klinik wieder sichtbar zu machen. Beide Ärzte hatten zugegeben, Fahrer ihres Teams gedopt zu haben. Die Bonner Justiz-Behörde, die seit Juli 2006 gegen Ullrich ermittelt, dem Zusammenarbeit mit dem spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes unterstellt wird, wartet weiter auf Rechtshilfe aus der Schweiz.

Die dortigen Behörden hatten während einer Hausdurchsuchung bei Ullrich Material sichergestellt. Viele Indizien sprechen ohnehin bereits gegen das ehemalige Sport-Idol. Die Staatsanwälte wiesen durch eine positive DNA-Probe nach, dass bei Fuentes gelagerte Beutel mit insgesamt 4,5 Liter Blut Ullrich zuzuordnen sind. Außerdem wurden Kontenbewegungen zwischen dem im Februar 2007 zurückgetretenen Ex-Profi und Fuentes offen gelegt. Ullrich hat Doping bisher stets bestritten.

Nachdem der Radsport-Weltverband UCI den Kronzeugen-Status und die Einjahres-Sperre des Doping-Kronzeugen Jörg Jaksche anerkannt hatte, könnte es auch im Dachverband zu weiteren Ermittlungen kommen. "Das wäre ja nur logisch, wenn ich als Kronzeuge jetzt anerkannt bin und damit auch meine Aussagen für die UCI relevant werden", sagte Jaksche.

Bei seiner Doping-Beichte hatte er seine früheren Team-Manager Gianluigi Stanga direkt sowie Riis und Walter Godefroot indirekt mit Doping in Verbindung gebracht. Zudem hatte Jaksche seinen Profi-Kollegen Jens Voigt mit dessen Vorschlag zitiert, Doping-Präparate während der Tour de France am Straßenrand zu vergraben. Der zweifache Sieger der Deutschland-Tour hatte das auf Nachfrage als gedankenlosen "Flachs" abgetan.

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