Sehen kann nur der Torhüter Finale der Blindenfußball-Bundesliga auf dem Bonner Münsterplatz

Bonn · Wer sich am Samstag zum Einkaufen in die Bonner City aufmacht, dürfte bei einem Abstecher auf den Münsterplatz nicht schlecht staunen: Denn mitten im Wochenendtrubel wird Fußball gespielt. Und zwar eine ganz spezielle Art des Fußballs: Blindenfußball.

  Auf dem Münsterplatz findet am Samstag der letzte Spieltag der Blindenfußball-Bundesliga statt. Die Spieler des FC St. Pauli (l.) kämpfen um den Titel.

Auf dem Münsterplatz findet am Samstag der letzte Spieltag der Blindenfußball-Bundesliga statt. Die Spieler des FC St. Pauli (l.) kämpfen um den Titel.

Foto: Carsten Kobow

Auf dem Programm stehen ab 8.30 Uhr der letzte Bundesliga-Spieltag und die Entscheidung über den Meistertitel, der – besser hätte der Spielplan nicht ausgetüftelt werden können – in der letzten Partie des Tages um 16.30 Uhr zwischen dem Spitzenreiter FC St. Pauli und dem Zweitplatzierten MTV Stuttgart ausgespielt wird. Die Meisterschale wird gegen 18 Uhr übergeben.

„Wir wollen den Blindenfußball zu den Menschen bringen, die in der Stadt sind“, erklärt Nico Kempf, stellvertretender Geschäftsführer der Sepp-Herberger-Stiftung. In Bonn steigt der inzwischen bereits 26. Städtespieltag der Liga, die ihre 14. Saison abschließt. Und Spieler Mul­gheta Russom vom MTV Stuttgart ergänzt: „Wir wollen zeigen, wie viel Aufwand und Leidenschaft im Blindenfußball stecken. Wir möchten die Leute dafür begeistern.“

Mitleid, da sind sich alle Beteiligten einig, ist absolut fehl am Platz. Es geht wie in der „normalen“ Bundesliga um sportliche Höchstleistungen, wobei mit dem BSV Wien sogar ein Gast-Team aus Österreich am Start ist. Umstellen müssen sich die Zuschauer indes nicht nur, was den Spielablauf angeht, sondern auch in ihrem eigenen Verhalten: Das Anfeuern ist während der Partie tabu, es sei denn, es ist gerade ein Tor gefallen.

Blinde Fußballer spielen nach Gehör

Das ist freilich nur logisch, denn blinde Fußballer spielen nach Gehör. Daher befinden sich in den speziell angefertigten Bällen Rasseln, die den Akteuren signalisieren, wo sich das Spielgerät gerade befindet. Die Spieler wiederum weisen einen ausgeprägten Orientierungssinn und eine exzellente Körperbeherrschung auf. Wer nicht völlig blind ist, sondern noch über einen geringen Seh-Rest verfügt, muss diesen Vorteil durch eine Dunkelbrille ausgleichen. Sehen darf im Blindenfußball nur einer: der Torhüter. Denn sonst wäre es zu leicht, Treffer zu erzielen.

Enorm wichtig ist die sprachliche Kommunikation auf und neben dem Feld. Der Torwart dirigiert die Abwehr, ein Trainer an der Längsseite des verkleinerten Spielfelds (20 mal 40 Meter) kümmert sich um das Mittelfeld, ein Guide hinter dem gegnerischen Tor unterstützt den Sturm. Ruft ein Coach etwa „zehn – eins“, weiß der Spieler: Bis zum Tor sind es noch zehn Meter, ein Gegenspieler ist vor mir. Eine zentrale Rolle spielt zudem das spanische Wort „Voy“, übersetzt: „Ich komme.“ Jeder, der sich dem ballführenden Kicker nähert, muss dieses Wort rufen. Ein Team besteht aus vier Feldspielern und einem Torwart, die Spielzeit beträgt zweimal 20 Minuten.

Der Eintritt ist frei; für Zuschauer, die sich in die Veranstaltungszone begeben, gilt die 3G-Regel.

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