1. BC Beuel Mit einer kaputten Sehne ging's los

Bonn · Martin Lemke ist seit zehn Jahren hauptamtlicher Badmintontrainer beim 1. BC Beuel.

Badminton-Training ohne ihn? Seit zehn Jahren beim 1. BC Beuel undenkbar. Martin Lemke, genannt "Maddin" oder respektvoll und anerkennend "Chef", aber immer "du". Lemke, Jahrgang 1986, stammt aus einer badmintonaffinen Familie und schwang schon als Steppke mit sieben Jahren den Badmintonschläger.

Als er angesprochen wurde, das Jugendtraining beim 1. BC Beuel zu machen, war er sofort Feuer und Flamme. Nach früheren großen Jugenderfolgen wie Marc Zwieblers Europameistertitel U19 (im Jahre 2003) war die Jugendarbeit etwas eingeschlafen, Robert Müller, Kalle Zwiebler und Marc Hannes intensivierten es wieder.

Dass die Beueler ihn als Trainer und eine sehr erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit mit etlichen Meisterschaften und Medaillen in allen Altersklassen haben, ist einer Sehne zu verdanken. Genauer gesagt einer kaputten. Eine Sehnenverletzung am Fuß nämlich zwang Lemke als 19-Jährigen, relativ untätig neben statt spielend auf dem Feld zu stehen.

Der Beginn seiner Trainerlaufbahn. In seinem freiwilligen sozialen Jahr (FSJ) beim TuS Oberpleis machte er den B-Trainerschein, studierte Sportmanagement in Remagen und war dort und anschließend für einen Verband als Trainer aktiv. Seit 2008 ist er nun für den Beueler Badmintonclub tätig.

Seine Schützlinge haben Medaillen erreicht bei vielen Meisterschaften im Nachwuchsbereich. Die Beueler Eigengewächse Max Weißkirchen und Eva Janssens holten den EM-Sieg U19 im Mixed; Hannah Pohl und Lisa Kaminski (das Damendoppel, das er trainiert), gewannen auf Mauritius und qualifizierten sich für die WM.

Seit zehn Jahren lebt Lemke mehr oder weniger Badminton. Fast rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, auch wenn in seinem Vertrag mit dem Verein wesentlich weniger Stunden verzeichnet sind. "Badmintontrainer - dieser Beruf ist genau mein Ding", zieht er Bilanz und macht hinter seiner Tasse mit grünem Tee ("Kaffee hatte ich heute schon zu viel") einen sehr zufriedenen Gesichtsausdruck. Badmintontrainer beim 1. BC Beuel zu sein, ist für ihn nicht nur Beruf, sondern zugleich auch Hobby.

Ist er in der Halle, dreht sich alles um Badminton, immer häufiger auch um ebenso wichtige Themen neben dem aktiven Training auf dem Platz. "Da gibt es keine ruhige Minute, permanent will einer etwas von mir, Spieler oder engagierte Väter und Mütter." Darum treffen wir uns zum Gespräch abseits der Halle. Bleibt denn neben der überaus engagierten Tätigkeit als Trainer überhaupt noch Zeit für ein Hobby? Lemke überlegt.

"Na ja, Köln", sagt er nach einer Pause. "FC" prangt auf seinem Autokennzeichen. Beim 1. FC Köln war er auch Mitglied. "Aber an dem Tag, als Peter Stöger rausgeworfen wurde, bin ich ausgetreten." Da ist er sicher nicht der einzige, aber das ist ein anderes Thema.

Viele andere Vereine beklagen Rückschritte in der Jugendarbeit. Vor allem G8 wird als ausschlaggebend dafür genannt. Kinder und Jugendliche haben wegen schulischer Aktivitäten immer weniger Zeit für Sport und Hobbys. Beuel hat keine Nachwuchssorgen.

Der Club hat aber auch viel investiert, um das zu erreichen. Ein weiterer fest angestellter Trainer und zwei Teilzeitkräfte sowie ältere Spieler kümmern sich um den Nachwuchs, zu dem etliche hoffnungsvolle Talente jeden Alters gehören.

Aber Lemke weiß auch: "Leistungssport ist ohne tatkräftige Unterstützung von Schule und Uni nicht möglich." Geänderte Stundenpläne für Schüler mit Sport als Leistungsfach sind da nur ein wichtiger Punkt. Ausdrücklich lobend erwähnt werden soll an dieser Stelle das Tannenbusch-Gymnasium - für Lemke "ein toller und wichtiger Kooperationspartner".

Auch das Umfeld muss stimmen. Die Atmosphäre hat entscheidenden Anteil am Erfolg. "In Beuel geht's familiär zu", freut er sich.

Für den "Chef" ist es wichtig, dass Erfolg - auch und vor allem seiner als Trainer - nicht nur an Meisterehren und Medaillen gemessen wird. Die positive persönliche Entwicklung seiner Schüler liegt ihm sehr am Herzen. Training nach Schema F für alle ist etwas von gestern. "Jeder muss anders angepackt werden", denn jeder Mensch ist anders. Dazu komme bei Jungen und Mädchen das sehr unterschiedliche Auftreten - je nach Alter und Stand der Pubertät.

"Schluffig sein ist megacool bei vielen Jungs, etliche Mädchen sind seeeehr ehrgeizig." Lemke muss aufpassen, dass seine Schützlinge bei dem stattlichen Programm von Schule/Uni, Fahrten zum Training in Halle und Kraftraum sowie Lernen und Hausaufgaben nicht "übertrainieren". Denn dann ist die Verletzungsgefahr bekanntlich besonders groß.

Trainingspläne schmieden, Leistungsgruppen einteilen, Elterngespräche führen, Wettkämpfe, Turniere und die Fahrten dorthin planen, Unterkünfte organisieren sowie weitere Orga-Arbeit kontra "echtes Training" auf dem Platz: Die prozentuale Verteilung liegt derzeit bei 75:25, hat Lemke ausgerechnet. Sein Wunsch ist 50:50.

Ihm ist dabei aber klar, dass die Gespräche mit den Eltern "seiner" Kinder und Jugendlichen extrem wichtig sind. "Eltern nehmen heute viel stärker und kritischer an dem Wohl und Wehe ihrer Sprösslinge teil als vor fünf oder sechs Jahren", hat der Trainer festgestellt. "Und das ist gut so."

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