GA-Sonntagskicker Rote Asche: Irgendwann gehen die Lichter aus

Bornheim-Widdig · Der November ist ungewöhnlich warm, dunkel ist es an diesem frühen Nachmittag aber schon. Der Sportplatz an der Teutonenstraße in Widdig ist zum Glück hell beleuchtet. Stimmen hallen über den Platz. Ein Jugendtrainer gibt Anweisungen. Die Kinder sind mit Eifer bei der Sache.

 Unwirtliche Trainingsbedingungen für die Kinder und Jugendlichen: Bei Regen steht der Aschenplatz in Widdig schnell unter Wasser.

Unwirtliche Trainingsbedingungen für die Kinder und Jugendlichen: Bei Regen steht der Aschenplatz in Widdig schnell unter Wasser.

Foto: Nicolas Ottersbach

Seit Jahrzehnten ist der SC Widdig für seine außergewöhnliche Jugendarbeit im Kreis bekannt. Selbst aus den Nachbarorten kommen die Kleinen zum Training. 2022 soll die Hundertjahrfeier stattfinden. Ob es den Verein dann überhaupt noch geben wird, ist jedoch mehr als fraglich.

In Widdig wird noch auf Asche gekickt. Dabei gilt im Amateurbereich der Kunstrasen als Belag der Zukunft. Die Kosten zur Erstellung des künstlichen Grüns liegen laut Experten in der Regel zwischen 350.000 und 400.000 Euro. Geld, das kaum ein Verein aufbringen kann. Auch nicht der SC Widdig. Deswegen wird in dem kleinen Dorf weiterhin auf dem Tennenplatz gespielt. Aufgeschlagene Knie gehören dort zum Alltag, auf der Asche ist das Spiel deutlich rustikaler. Spätestens im Winter werden die Plätze vermutlich für Wochen gesperrt. An Trainings- oder Spielbetrieb ist dann nicht zu denken.

Keine drei Kilometer weiter südlich schon. Dort rollt der Ball bei fast jeder Witterung. Auch in Hersel trainieren Juniorenmannschaften. Allerdings unter fast professionellen Bedingungen. Beim TuS Germania Hersel gibt es seit diesem Jahr einen Kunstrasenplatz. Die Kosten in Höhe von rund einer Million Euro wurden durch den Verkauf von Grundstücken und der Fläche des alten Clubheims, das sich oberhalb des alten Platzes befindet, refinanziert.

Der TuS Germania Hersel hat aus diesen Verkaufserlösen auch einen Zuschuss zum Rohbau des neuen Clubheims bekommen. Wie der GA berichtete, musste der alte Tennenplatz aufgrund des regelmäßig wiederkehrenden Hochwassers geschlossen werden. Jetzt kicken die Amateurfußballer an der Erftstraße. "In 20 Jahren geht der Platz in den Besitz des Vereins über, bis dahin übernimmt die Stadt die Kosten", sagt Geschäftsführer Günter Dumjahn.

Von allen Sportplätzen in Bornheim sind nur noch vier nicht auf Kunstrasen umgerüstet. Die meisten Vereine haben es irgendwie geschafft, das Geld mit Hilfe von Sponsoren, Spenden oder einem nötigen Kredit aufzubringen. Beim SSV Rösberg und in Widdig wird auf Asche, in Brenig und Hemmerich auf Naturrasen gekickt.

In Rösberg setzt man sich mit dem Thema schon gar nicht mehr auseinander. Hier gibt es bereits keine Jugendarbeit mehr. Der Verein ist in den letzten Jahren von 240 auf 80 Mitglieder geschrumpft. "Mit mehr als 50.000 Euro, die wir jedem Verein geben, kann die Stadt sich nicht an den Kosten beteiligen. Ich habe den Verantwortlichen empfohlen, die Finanzierung sorgfältig zu prüfen", sagt Bürgermeister Wolfgang Henseler, der die Vorteile eines Kunstrasenplatzes aber durchaus zu schätzen weiß. "Ich habe selbst bis zur C-Jugend Fußball gespielt und kenne die kleinen Steine in den Händen auf Aschenplätzen."

Die 50.000 Euro der Stadt sind in Widdig nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Dem SC fehlen für den Kunstrasenplatz rund 350.000 Euro. Über Rücklagen verfügt der Verein nicht. Eine Voraussetzung, um einen Kredit bei einer Bank zu bekommen. Zudem müsste der Club dann dem Institut beweisen, dass man mit den Mitgliedsbeiträgen eine Kapitalrücklage bilden kann. Das Kapital des SC Widdig bildet zurzeit die Jugend. Fast alle Jahrgänge sind vertreten. Doch wie lange noch? "Ich denke, wenn wir keinen Kunstrasen bekommen, werden wir nach und nach unsere Mitglieder verlieren", sagt Jan Bachmann, der 1. Vorsitzende.

Nur wenige ehemalige Juniorenspieler sind in Widdig am Ball geblieben. Es fehlt an der nötigen Attraktivität. Die beiden Herrenmannschaften dümpeln in der Kreisliga C, die Damen-Teams in der Bezirks- und Kreisliga. Doch das größte Problem ist der fehlende Kunstrasenplatz.

Ein Problem, das man im benachbarten Urfeld nur zu gut kennt. "Wenn ich Spieler frage, ob sie in der kommenden Saison bei uns spielen wollen, ist das Interesse groß", sagt Franc Heidenstecker, Geschäftsführer von Blau-Weiß Urfeld. "Sobald die Spieler dann aber erfahren, dass wir keinen Kunstrasenplatz haben, springen sie ab."

Einen Juniorenbereich gibt es bei den Blau-Weißen nicht. "Die drei unmittelbar anliegenden Vereine in Wesseling und Berzdorf verfügen alle über einen Kunstrasenplatz. Wieso sollten die Kinder also zu uns kommen?", fragt sich Heidenstecker. "An den fehlenden Kunstrasenplätzen gehen die kleinen Vereine kaputt."

In Widdig sucht man verzweifelt nach Lösungen. Das Aus will man um jeden Preis verhindern. "Ich hätte den Posten im Verein nicht übernommen, wenn ich nicht an die Realisierung dieses Projektes glauben würde. Ich möchte nicht der letzte Vorsitzende dieses Vereins sein", sagt Bachmann.

Auf Flohmärkten werden Stände aufgebaut, Feste organisiert, Sponsoren gesucht und Spenden gesammelt. Die Summen sind bisher überschaubar. "Ich habe einzelnen Vereinen unterstützend zur Seite gestanden und bin gerne bereit, auch in Zukunft bei der Sponsorensuche behilflich zu sein", sagt Bürgermeister Henseler. Ein Hoffnungsschimmer für den Verein und seine Spieler. Denn wenn nicht bald eine Lösung gefunden wird, gehen in Widdig wirklich irgendwann die Lichter aus.

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