Präsident Wiedlich im Interview Abstieg der Bonner Baskets soll unbedingt vermieden werden

Bonn · Die Lage der Telekom Baskets Bonn in der Basketball-Bundesliga ist sportlich weiterhin angespannt. Im Interview erklärt Präsident Wolfgang Wiedlich, wie es um die Finanzen des Clubs bestellt ist und warum der Telekom Dome ein Vorteil für den Verein ist.

 Die Tabellensituation ist für Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich nicht aussichtslos.

Die Tabellensituation ist für Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich nicht aussichtslos.

Foto: Jörn Wolter

Die Krise kostet Geld. Drei Spieler haben die Telekom Baskets nachverpflichtet, dazu den Trainer ausgetauscht. Über die Finanzierung der Verstärkung und mögliche Auswirkungen auf den Etat der kommenden Saison sprach mit Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich Tanja Schneider.

Herr Wiedlich, Sie gelten ja als Sparkommissar. Wie sehr
schmerzt es Sie, dass die Baskets nun viel Geld für einen neuen Trainer und Nachverpflichtungen ausgeben müssen?

Wolfgang Wiedlich: Das ist ärgerlich, aber unsere Gesellschafter haben das Risiko eines Abstiegs, der ja nicht nur sportliche Folgen hätte, realistisch bewertet, sodass wir nun das Abstiegsgespenst konsequent vertreiben wollen.

Medi Bayreuth hat die Verpflichtung von Nate Linhart über ein Crowdfunding finanziert, also bei den Fans gesammelt. Wäre das für Sie eine Option gewesen?

Wiedlich: Nach Medien-Informationen ging es in Bayreuth um 30 000 Euro und vielleicht war es angesichts der geringen Höhe auch mehr ein identitätsförderndes Projekt. In unserem Innercircle haben wir jedenfalls entschieden, dass wir die Suppe, die wir uns selbst eingebrockt haben, auch selbst auslöffeln.

Auch ohne Sponsorenhilfe?

Wiedlich: Ja. Ganz ohne Sponsorenhilfe.

Meinten Sie mit „Suppe“ die Neuausrichtung?

Wiedlich: Ob Medien, Fans oder einzelne Stimmen im Sponsoren- oder auch im Clubkreis – alle fanden, nur die Playoffs zu erreichen und dann im Viertelfinale auszuscheiden, sei langweilig. Dabei wurde ziemlich konsequent ignoriert, dass seit 2013 mit den explodierenden Millionenetats in Bamberg und München radikal andere Wettbewerbsbedingungen herrschten. So wagte die „Baskets-Kuh“ sich aufs Eis. Es war ein kolossaler Fehler, sich davon anstecken zu lassen und die nüchterne Analyse der Verhältnisse, also unseren bewährten Kompass, zu verlassen. Am Ende muss der Ball in den Korb.

Die Baskets stemmen „die Reparatur der Saison“ also aus der Portokasse?

Wiedlich: Das wäre schön, aber es ist ja nicht so, dass wir beim Team-
etat vor der Saison den letzten Cent ausgeben. Da gibt es schon einen Puffer, aber das reicht in dieser Saison natürlich nicht. Andererseits reden wir hier nur noch über zwei bis drei Monatsgehälter bei den Nachverpflichtungen. Mit der Großimmobilie Telekom Dome haben wir inzwischen einen großen Gesamtetat und damit noch andere Stellschrauben, die Dinge zu regeln.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wiedlich: Ohne dass das hier in ein betriebswirtschaftliches Grundseminar im Sportteil ausartet, haben die Baskets mit der zu einem Großteil abbezahlten Halle einen großen Wert geschaffen. Zudem haben wir
die Option, geplante Instandsetzungsmaßnahmen, die eher der Verschönerungskategorie zuzurechnen sind, zu verschieben. Akut notwendige Reparaturen werden natürlich durchgeführt. Auch ungeplante Mehreinnahmen während der noch laufenden Saison sind ein Kompensationsfaktor.

Das klingt so, als würde der nächste Teametat nicht unter dieser Saison leiden. Täuscht der Klang?

Wiedlich: Wie die Saison für uns zahlenmäßig endet, kann ich noch nicht überblicken. Jedenfalls haben wir mit den sportlichen Reparaturmaßnahmen ein ziemlich übersichtliches wirtschaftliches Risiko.

Hat bei den Personal-Investitionen auch eine Rolle gespielt, dass die Wildcardgebühr von der Liga fast verdreifacht wurde? Würden die Baskets bei einem sportlichen Abstieg 750 000 Euro zahlen, um über die Hintertüre doch in der BBL zu bleiben?

Wiedlich: Nach meinem Kenntnis-
stand wird es für die Saison 2020/21 keine Wildcard-Option geben, weil die beiden wahrscheinlichen sportlichen Aufsteiger voraussichtlich auch alle anderen Standards wie zum Beispiel Zuschauerkapazität und Mindestetat erfüllen. Insofern haben wir uns damit gar nicht beschäftigt.

Hieß es vor dem Hallenbau nicht, die Baskets könnten mit dem Kapitaldienst für den Hallenkredit auch eine Zweitliga-Saison überstehen?

Wiedlich: Das wäre unmittelbar nach der Inbetriebnahme 2008 schwerer gewesen als heute, weil wir ja kräftig getilgt haben, worunter zunächst auch der Teametat litt. Auch profitieren wir nach der Umschuldung heute von der Niedrigzinsphase.

An anderen BBL-Standorten bauen die Städte selbst oder ein ausgesuchter Investor eine BBL-taugliche Multifunktionshalle, in Bonn waren die Baskets selbst der Investor. Bereuen Sie inzwischen den Schritt, dieses Risiko auf sich genommen zu haben?

Wiedlich: Das klingt, als hätten wir damals eine Wahl gehabt. Die einzige Wahl bestand darin, keine Halle oder eine eigene mit allen Risiken. Hinsichtlich der verbrauchten Energie und Nerven während Planung und Bauphase sowie der Haftung durch die Gesellschafter habe ich in den ersten Betriebsjahren durchaus manchmal daran gezweifelt, ob es die richtige Entscheidung war. Der Teametat wurde schon arg eingeschränkt.

Klingt nach einem Aber...

Wiedlich: Wirtschaftlich gibt es keinen Zweifel: Es war die richtige Entscheidung. Wenn ich sehe, wie an anderen BBL-Standorten die Betreiber von Multifunktionshallen die Clubs inzwischen bluten lassen, bin ich heute froh, dass wir das Risiko eingegangen sind, auch wenn wir nach zwölf Betriebsjahren natürlich jetzt erste Instandsetzungskosten haben.

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