BBL-Playoff-Serie Bonn vs. Bamberg Baskets-Spieler TJ DiLeo wächst in „Team aus Freunden“

BONN · Der ehemalige Gießener TJ DiLeo hat sich unter Baskets-Trainer Predrag Krunic enorm entwickelt. Gegen Bamberg zeigte der Deutsch-Amerikaner eine tolle Leistung.

Basketball ist ein Spiel taktischer Manöver. Besonders in der Crunchtime, also wenn es geradewegs aufs Spielende zugeht, werden die raffinieren Tricks ausgepackt. Die eine Seite versucht, sich in die Gedanken der anderen zu versetzen und das möglicherweise ausbaldowerte Schnippchen zu antizipieren, zu verhindern und dann die eigene Taktik zum Erfolg zu bringen.

Als die Telekom Baskets am Samstag bei den haushoch favorisierten Bambergern 23 Sekunden vor Schluss noch mit zwei Punkten führten, Jerel McNeal ausglich, den ihm zugesprochenen Bonusfreiwurf aber nicht verwertete, kamen die Bonner wieder in Ballbesitz. Der Plan der Bamberger: durch ein schnelles Foul zwar zwei Freiwürfe zu riskieren, dann aber selbst mit dem letzten Ballbesitz die Partie zu entscheiden.

Das Foul ging gegen TJ DiLeo, einen Freiwerfer mit nur 65-prozentiger Trefferquote. Die Bamberger erhofften sich Nervenflattern beim jungen Deutsch-Amerikaner in seinem ersten Playoffspiel überhaupt. DiLeo trat an die Linie, versenkte den ersten, der zweite sprang auf den Ring und von dort in die Hände von Nationalspieler Daniel Theis. Bamberg-Spielmacher Fabien Causeur spielte möglichst viel Zeit von der Uhr, um Bonn keine Zeit mehr für eine Antwort zu lassen und passte auf den unter dem Bonner Korb freistehenden Theis.

Doch jede Taktik ist nur so gut wie ihre Ausführung: Der Ball flutschte dem Center durch die Hände ins Aus, und Bonn musste nur noch eine Sekunde Spielzeit ins Ziel bringen. Der Siebte der Abschlusstabelle Bonn führt in der Serie gegen den Zweiten Bamberg mit 1:0, am Mittwochabend (20.30 Uhr) treten die Franken im Telekom Dome zu Spiel zwei an.

Dass DiLeo in der Crunchtime überhaupt auf dem Feld stand, zeigt, welche Entwicklung der Guard, der im Sommer von den Giessen 46ers nach Bonn wechselte, unter Trainer Predrag Krunic genommen hat. Besonders nervös war er nicht: „Nein, wir hatten doch nichts zu verlieren. Ich bin es angegangen wie jedes andere Spiel auch.“200 Freiwürfe wirft er durchschnittlich pro Woche. „Diese Woche waren es mehr“, sagt er und lacht, weil er schon weiß, worauf die Frage abzielt. „Der Freiwurf zum 93:92 war der wichtigste in meiner Karriere bisher – darüber habe ich auf dem Weg zur Linie zum Glück nicht nachgedacht.“

Alles machen wie immer. Automatismen dabei helfen lassen, in den Playoffs die Normalität abzurufen. Insofern war da auch keine überbordende Freude. „Wir sind nicht komplett ausgerastet, denn allen war klar: Das war nur Spiel eins. Wir wissen, wir haben noch was zu tun. Viel zu tun“, erklärt DiLeo, dessen jüngerer Bruder Max gerade mit Gotha den Aufstieg in die BBL geschafft hat.

Es gibt nicht viele Basketball-Interessierte, die der Bonner Sieg nicht überrascht hat. TJ DiLeo, der eigentlich Anthony heißt, kennt immerhin einen (Mannschafts-)Bus voll: „Wir wissen, was wir können“, sagt er, und es klingt kein bisschen arrogant. „Wir haben einfach wieder cleverer gespielt, als in den paar Partien, die wir vergeigt haben.“

Als er nach dem Spiel das Handy anschaltete, rief ein Experte aus Philadelphia an und lobte ihn besonders für den schwierigen Sprungwurf im letzten Viertel. Es war sein Vater Tony – der ehemalige Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, der Bundesliga-Herren von Saturn Köln und des NBA-Teams der Philadelphia 76ers, bei denen er immer noch als Vizedirektor tätig ist. „Er hat gesagt, er ist stolz, weil ich da war, als es drauf ankam, und Verantwortung übernommen habe.“

Das, so sagt der ältere der DiLeo-Söhne, sei das Verdienst von Predrag Krunic, dem Trainer, der den Job erst zwei Tage vor Saisonbeginn vom erkrankten Silvano Poropat übernommen hatte. „Er hat mir beigebracht, mein eigenes Spiel zu entdecken und zu entwickeln – und mich darin immer ermutigt. Früher habe ich immer nur versucht, andere in Szene zu setzen. Die vielleicht größte Qualität von Coach Krunic ist die Art und Intensität, mit der er seine Spieler erreicht. Da ist eine starke Bindung.“

Insofern wundert es dann auch nicht, dass er sich auf dem Hardtberg wohlfühlt. „Es war eine gute Entscheidung, nach Bonn zu kommen. Es ist ein Top-Club, der das Herz am rechten Fleck hat und sich um alles für uns kümmert“, lobt der smarte 1,90-Meter-Mann. „Dazu sind wir ein Team, das eher aus Freunden als aus Kollegen besteht. Ich würde sehr gerne hier bleiben. Mal hören, was der Club sich vorstellt. Ich wäre auf jeden Fall sehr glücklich, wenn es klappt.“

Aber zuerst wird gespielt. Verhandlungen gibt es in Bonn traditionell erst dann, wenn die Saison vorbei ist. Aber das kann dank des Motivationsschubs, der vor allem bei den zuvor doch resignierten Fans aus Spiel eins entstanden ist, jetzt noch ein bisschen länger warten.

DiLeo betont, wie wichtig dem Team die Fan-Unterstützung ist: „Das war ein gutes Spiel für unser Selbstbewusstsein. Aber wir sind ziemlich sicher, dass wir am Mittwoch ein anderes Bamberg sehen werden. Dennoch: Wir haben – mit wenigen Ausnahmen – immer gut ausgesehen zu Hause und mit der Hilfe unserer Fans.“

Einen möglichen Erfolg blendet er nicht aus, obwohl der Coach gebetsmühlenartig predigt, dass jedes Spiel zuerst gespielt werden muss. „Wenn ich jetzt sagen würde, dass wir nicht darüber nachdenken, dass es am Mittwoch 2:0 stehen könnte, wäre das gelogen“, sagt der 26-Jährige, „denn genau das ist unser Ziel.“

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