Deutsche Meisterschaft Baskets gehen mit Sisu und Selbstvertrauen ins Finale

Bonn · In der Finalserie gegen ratiopharm Ulm stehen die Telekom Baskets einem Team gegenüber, das sich ähnlich wie sie selbst, in den Playoffs viel Rückenwind geholt hat.

 Mit dem Rückenwind einer Serie aus 25 Siegen gehen Tyson Ward (links) und die Baskets ins Finale.

Mit dem Rückenwind einer Serie aus 25 Siegen gehen Tyson Ward (links) und die Baskets ins Finale.

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Wenn Tuomas Iisalo seine Runde am Rhein läuft, dann rufen ihm die Menschen zu: „Let’s go Coach!“ Oder „Viel Erfolg!“ Er wollte die Baskets zu den Bonnern bringen. Das hat der Trainer geschafft. Die Baskets sind in der Stadt präsent. Ihre Farbe wird textil zur Schau getragen, T-Shirts mit Champions-League- oder Playoff-Motiven kennzeichnen Baskets-Fans.

Sie grüßen einander auf der Straße, wie Motorrad-Fahrer. Silke und Christian Tuchbreiter sind bei ihrem Essenslieferanten als Baskets-Fans bekannt, „Finaaaaaale“ hat er auf den Deckel der Warmhalteverpackung geschrieben. Christiane Haronska-Adelt war vor Spiel drei gegen Ludwigsburg zum Pre-game-Walk mit Hund Diego unterwegs. Natürlich im magentafarbenen T-Shirt. „Fünf von acht Personen, die mir begegnet sind, hatten ebenfalls ein Playoffs-T-Shirt an. Einer hat Super Baskets olé angestimmt, ein Cabriofahrer wild gehupt. Verrückt“, erzählt sie.

Bonn ist im Finalfieber. Die Telekom Baskets gehen als leichter Favorit in die Serie gegen den Hauptrundensiebten ratiopharm Ulm, der am Freitag (20.30 Uhr) allerdings mit der Empfehlung aus zwei erstaunlichen Serien gegen die beiden Euroleague-Teams in Bonn antritt.

Während Alba Berlin zumindest noch ein Spiel gewinnen konnte, war München nicht in der Lage, den Sweep, das 0:3 also, zu verhindern. Die Baskets sind gewarnt, denn aus diesen Überraschungen ist verständlicherweise ein Spirit erwachsen. „Wir haben zum Glück schlecht angefangen“, sagt der Ulmer Teamkapitän Tommy Klepeisz, ein Österreicher mit deutschem Pass. „Andersherum wäre es schlecht gewesen. Aber so haben wir die perfekte Formkurve.“

Neben ihm sitzen Sportdirektor Thorsten Leibenath und Trainer Anton Gavel auf dem Podium der Pressekonferenz zur Finalserie. Gavel will ein Spiel auswärts klauen. „Das gäbe uns einen Push.“ Am liebsten gleich das erste. So wie gegen Berlin und München. „Aber drei Mal gegen Bonn zu gewinnen, ist die schwierigste Aufgabe, die du in dieser Saison bekommen kannst.“

Leibenath ist zuversichtlich. „Weil wir zwei sehr starke Mannschaften eliminiert haben. Vor diesem Hintergrund ist es nicht vermessen, zu glauben, dass uns das auch gegen Bonn gelingen kann.“

Viel Tradition, aber ohne den nationalen Titel

Iisalo freut sich über die Begeisterung in der Stadt. „Man merkt, dass viele Leute wissen, was hier passiert, dass es ihnen etwas bedeutet und es viele Menschen stolz macht.“ Er sieht Parallelen. „Wir sind präsent, an zwei Standorten mit reichlich Tradition“, sagt er. Viel Tradition, aber ohne den nationalen Titel. An beiden Standorten ist die Sehnsucht groß. Die Chancen ebenso. „Es ist ja beinahe einzigartig in diesen Zeiten, dass es im europäischen Basketball ein Finale ohne Beteiligung einer Euroleague-Mannschaft gibt“, sagt Iisalo. Auch die deutschen Finalserien ohne Bamberg, Berlin oder die Bayern kann man in den letzten 25 Jahren an einer Hand abzählen.

Auch wenn Iisalo vor den Playoffs nicht unbedingt mit Ulm im Finale gerechnet hat, sagt er „Nicht nur von den aktuellen Zahlen, sondern auch von der Art zu spielen, treffen die beiden stärksten Kollektive aufeinander.“ Zwei Kollektive, die auf Euphoriewellen und mit viel Selbstvertrauen unterwegs sind.

Gerade am Mittwochabend konnten sich die Baskets noch einmal an einem Quell ihres Selbstvertrauens erfreuen. Die Champions League präsentierte auf ihrem Youtube-Kanal den Film zum Triumph der Baskets in Malaga. Ansehen oder ausblenden? „Ich denke, alle haben ihn angesehen“, sagt Iisalo, der tiefe Einblicke in die Prozesse der Saison und seine Gefühlswelt nach dem Finalsieg gegen Jerusalem gewährt. „Ich habe nach dem Filmstart mit TJ Shorts darüber gesprochen, und wir mussten zugeben, dass wir uns an vieles überhaupt nicht erinnern. Noch nicht einmal an die Interviews danach. Wir haben das Thema schnell ausgeblendet, um uns auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren. Das sagt viel über die Fähigkeit der Mannschaft, sich auf einem sehr hohen Level zu fokussieren.“

Diese nächste Aufgabe hieß Chemnitz, die danach Ludwigsburg. „In beiden Serien haben wir sehr starke erste Spiele gemacht. Wir haben eine klare Idee“, sagt er auf den Wunsch der Ulmer angesprochen, Spiel eins zu klauen. „Natürlich wollen sie das. Und selbst wenn es gelingen sollte: Es ist Spiel eins einer Best-of-five-Serie, das entscheidet noch gar nichts.“

Mit dem Champions-League-Sieg sind die Baskets noch nicht fertig, er ist noch gar nicht anständig gefeiert worden. Weil diese Mannschaft noch ein Ziel hat. „Wir haben Hunger auf mehr“, sagt Iisalo, der den Titel des Films gegeben hat: „Relentless“ – unerbittlich. „Das charakterisiert uns in dieser Saison. Aber eigentlich gibt es ein finnisches Wort, das besser passt: Sisu.“ Dieses Sisu soll eine den Finnen eigene mentale Kraft bezeichnen. Eine Mischung aus niemals aufgeben, klagloser Beharrlichkeit, Kampfgeist und Durchhaltevermögen in ausweglosen Situationen. Bisher hat seine Mannschaft sämtliche Herausforderungen mit Bravour gemeistert und mit Sisu.

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