Telekom Baskets starten in die Saison Ein neuer Anlauf in Richtung Playoffs

BONN · Die Telekom Baskets Bonn starten in die neue Saison. Am Samstag steigt das erste Bundesliga-Pflichtspiel, in dem sich der neugestaltete Kader beweisen muss. Gleich sechs neue Spieler haben die Bonner im Sommer verpflichtet, um die Playoffs anzugreifen.

 Ehrgeizig und angriffslustig: Florian Koch (rechts).

Ehrgeizig und angriffslustig: Florian Koch (rechts).

Foto: Wolter

Die Todeszone ist beim Bergsteigen der Bereich, in dem es für den Menschen gefährlich wird. Dann wird die Luft so dünn, dass man sich auf Dauer dort nicht aufhalten kann, ohne Leib und Leben aufs Spiel zu setzen. Im übertragenen Sinne sind die Telekom Baskets Bonn bei ihrem Aufstieg in den vergangenen vier Jahren an diese Grenze gestoßen und haben dann, sportlich gesehen, nicht überlebt.

Zweimal Siebter waren sie unter Trainer Mike Koch, dann Fünft er und schließlich Vierter in der Hauptrunde der Basketball-Bundesliga unter Trainer Mathias Fischer. Beim Gipfelsturm wurden sie früh gestoppt. Jeweils im Viertelfinale war Endstation. Nach großem Kampf. Dreimal in Folge mussten die Bonner erst im entscheidenden fünften Spiel aufgeben.

"Wir gehen mit dem Anspruch ins Rennen, in die Playoffs einzuziehen, das wird schwer genug" - Michael Wichterich

Ab dem 3. Oktober nehmen sie einen neuen Anlauf, die für sie scheinbar unüberwindbare Grenze zu überschreiten. Die Todeszone ist in der Basketball-Bundesliga der Bereich, der von den drei großen Bs kontrolliert wird – Brose Baskets Bamberg, Bayern München und Alba Berlin. In ihrer Nähe geht der Konkurrenz schnell die Luft aus. Man kann sie einmal schlagen, vielleicht zweimal, aber sie in einer Serie auszuschalten, hieße Berge zu versetzen.

Vor allem Meister Bamberg und Bayern München verfügen über Ressourcen, von denen der Rest der Liga nur träumen kann. Sie haben weiter aufgerüstet und können reagieren, sollte die Luft auch für sie einmal zu dünn werden. Dann bedient man sich halt noch einmal auf dem Spielermarkt.

Im Vergleich dazu müssen die Baskets mit ihren Kräften haushalten. Ihr Budget bewegt sich seit Jahren auf nahezu gleichem Niveau, in einer Größenordnung, die nicht nur von den großen Bs übertroffen wird. Aktuell haben auch die EWE Baskets Oldenburg und ratiopharm Ulm die besseren Chancen beim Aufstieg.

Große Gruppe von Konkurrenten

Dahinter befinden sich die Bonner in einer großen Gruppe von Konkurrenten, die jedes Jahr größere Anstrengungen unternehmen und die man erst einmal hinter sich lassen muss. Auch außerhalb der Todeszone wird die Luft dünner.

"Die ganze Liga ist noch einmal kompakter geworden. Wir sehen Neuzugänge, die vor fünf Jahren nicht vorstellbar waren. Das spricht für die Stärke der Liga", sagt Baskets-Sportmanager Michael Wichterich. Wenn man die letzten beiden Jahre als Maßstab nehme, als die Baskets Fünfter und Vierter der Hauptrunde waren, "dann ist es ein ehrgeiziges Ziel, das zu bestätigen".

Von einem besonderen Druck durch diese Erfolge wollte er zwar nicht reden, aber: "Die Erwartungshaltung ist natürlich schon eine andere, denn man will ja immer einen Schritt nach vorne machen."

Ein gewisses Unbehagen schwingt in Wichterichs Stimme dabei mit. Es hat bei den Baskets Tradition, sich bei der Formulierung von Zielen nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Also schränkt der Manager ein: "Man muss die Kirche ein bisschen im Dorf lassen, wenn man andere Clubs mit wirtschaftlich besseren Möglichkeiten sieht. Das müssen wir kompensieren durch Leistungsbereitschaft und taktisches Können. Wir gehen mit dem Anspruch ins Rennen, in die Playoffs einzuziehen, das wird schwer genug. Und dann wollen wir am Ende ein Spiel mehr gewinnen. "

Die Zusammenstellung des Kaders

Zuversichtlich stimmt die Baskets die Zusammenstellung des Kaders. "Wir haben viele Spieler mit individueller Klasse, die aber auch und das ist unser Eindruck aus der Vorbereitung sehr gut als Team harmonieren können", so Wichterich.

Dennoch lief es insgesamt nicht so rund, wie sich das Coach Fischer vorgestellt hatte. Neuzugang Michal Chylinski kam aus der Vorbereitung für die Europameisterschaft verletzt nach Bonn. Der polnische Nationalspieler wird den Saisonstart wegen einer Leistenverletzung auf jeden Fall verpassen.

Dazu kamen Ausfälle von Isaiah Philmore (Leistenverletzung) sowie der beiden Jungväter Aaron White und Eugene Lawrence, denen der Verein zur Geburt ihrer Kinder Heimaturlaub gestattete. Spätestens mit der Nachverpfl ichtung von Jimmy McKinney (bis November für Chylinski) war die Trainingsqualität aber wiederhergestellt und konnte der Feinschliff für den Saisonstart beginnen.

Fünf Spiele in zwei Wochen

Am 3. Oktober müssen die Baskets zunächst nach Crailsheim. Dann geht es Schlag auf Schlag. Fünf Spiele innerhalb von zwei Wochen werden gleich eine aussagekräftige Standortbestimmung liefern.

Heimpremiere ist am 7. Oktober gegen den Mitteldeutschen BC. "Natürlich wünscht man sich einen guten Start, aber wichtiger ist, wie die Mannschaft sich entwickelt, die einzelnen Charaktere zueinanderfi nden und miteinander harmonieren. Das Team ist neu und braucht Zeit, sich zu finden", sagt Fischer.

Der Trainer sieht die Baskets athletischer aufgestellt, vor allem aber will er einen schnelleren Basketball spielen lassen. Für Manager Wichterich spielt weniger die Athletik eine Rolle. "Nicht damit werden wir die Gegner dominieren, sondern im Idealfall mit unserem Basketball-Verstand", stellt er fest.

Auf Spielintelligenz und -verständnis wurde bei der Zusammenstellung des Kaders besonders geachtet. Die entscheidenden Impulse sollen von Spielmacher Geno Lawrence kommen, der sich viel vorgenommen hat . Statt Mickey McConnell ist nun Rotnei Clarke sein Partner im Aufbau.

"Das Duo Lawrence/Clarke wird ein sehr schlagkräft iges sein", ist Wichterich überzeugt. Beide wechseln sich ab, können aber auch zusammen auf dem Feld stehen, mit dem wurfgewaltigen Clarke als Shooting Guard. Große Stücke hält Fischer auf Neuzugang Aaron White. Noch hält sich der talentierte Rotschopf zurück, tastet sich an seine Rolle im Team heran, die er erst noch richtig fi nden muss.

Und er kämpft noch mit der Schritteregel. Den ersten Schritt machen, dann den Ball dribbeln, so hat er es in den USA gelernt. In Deutschland ist es andersherum. "Das sind Automatismen, die sich noch entwickeln. Aber Aaron lernt schnell", sagt Fischer. Wenn es gut läuft , kann der schnelle Power Forward mit den langen Armen eine zentrale Rolle spielen.

Dazu kommt Xavier Silas. Der Nachfolger von Ryan Brooks ist nicht mit der Athletik seines Vorgängers gesegnet, dafü r hat er andere Qualitäten. Auf jeden Fall hat er den besseren Distanzwurf. Geht es nach Fischer, kann Silas wie Brooks auch seinen eigenen Wurf kreieren, wenn auch auf andere Art.

Im Zusammenwirken mit den bewährten Kräften vom vergangenen Jahr, unter denen Youngster Florian Koch einen besonders ehrgeizigen und angriffslustigen Eindruck macht, "kann das was werden", drückt es Andrej Mangold aus.

"Die Mannschaft hat das Potenzial"

Der "Verteidigungsminister", zusammen mit Lawrence gleichberechtigter Kapitän, macht sich keine Sorgen. "Insgesamt müssen wir sicher noch physischer spielen. Aber die Mannschaft hat das Potenzial." Um es auszuschöpfen, müsse man allerdings hart arbeiten, gemeinsam, jeden Tag. Am Ende der Saison sollen die Baskets ihren besten Basketball spielen, wünscht sich Fischer, um dann in der Todeszone Playoffs länger zu überleben.

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