Interview mit Mathias Fischer "Ein Strafenkatalog gehört dazu"

Offizieller Amtsantritt für Mathias Fischer bei den Telekom Baskets Bonn ist der 1. Juli. Doch der neue Trainer des Basketball-Bundesligisten ist schon längst tätig geworden. Über seine Vergangenheit, seine Vorstellungen und Ziele sprach der 41-Jährige im GA-Interview.

Herr Fischer, Sie haben schon einige Stationen in Ihrer Trainerkarriere hinter sich. Wie sehen Sie im Vergleich Ihren Job bei den Baskets?
Mathias Fischer: Das ist für mich ein Riesenschritt nach vorne. Ich habe noch nie für einen Club mit so einer Halle und so einer Struktur gearbeitet. Und durch den persönlichen Bezug weiß ich, wie viel Kraft und Herzblut hier investiert worden ist. Die Baskets sind eine der besten Adressen in der Liga, auf einer Stufe mit den großen Clubs. Vielleicht nicht finanziell, aber vom Ansehen her. Wenn man hier etwas versprochen bekommt, dann wird das eingehalten. Ich bin froh und stolz, für diesen Club arbeiten zu dürfen.

Das klingt ein wenig wie aus einer Werbebroschüre?
Fischer: Ich meine es aber so. Ich glaube, die Bonner Öffentlichkeit - Fans, Presse, Stadt Bonn -, die tagtäglich mit den Telekom Baskets zu tun haben, wissen es gar nicht mehr richtig zu schätzen, was für ein großartiges Unternehmen hier entstanden ist.

Stimmt es, dass Sie den Baskets schon früher einmal Bewerbungsunterlagen zugeschickt haben?
Fischer: Ja. Ich war ja lange verschwunden und wollte bei den Baskets auf dem Schirm bleiben. Als Trainer musste ich meinen eigenen Weg gehen.

Was meinen Sie damit?
Fischer: Wenn man nicht gerade ein Nationalspieler war, hat man es nicht so leicht, in Deutschland einen Job zu bekommen. Ich bin dann ins Ausland gegangen, um mich zu beweisen. Vor allem in Österreich war ich sehr erfolgreich. Zurück nach Deutschland zu gehen, war für mich dann der logische Schritt. So bin ich nach Gießen gekommen, wo ich beweisen wollte, dass ich auch in der Bundesliga eine Mannschaft führen und für sie die Verantwortung übernehmen kann.

Dort hatten Sie mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen.
Fischer: Das war keine einfache Aufgabe. Als ich begann, hatte ich mit Elvir Ovcina einen Spieler unter Vertrag und musste mit einem Mini-Budget innerhalb von kurzer Zeit elf weitere verpflichten. Es braucht eine gewisse Zeit, bis die Zahnräder ineinander greifen und ein Team entsteht. Das hat bis Dezember gedauert. Dann haben wir Ulm geschlagen und die Abstiegsplätze verlassen. Auch gegen die Baskets haben wir gewonnen. Wäre nicht die drohende Insolvenz gewesen, glaube ich, hätten wir die Klasse gehalten.

In Bonn haben Sie es erst einmal einfacher. Fünf Deutsche stehen schon unter Vertrag.
Fischer: Das ist eine gute Basis. Sie haben gezeigt, dass sie guten Basketball spielen können und großes Potenzial haben, sich weiterzuentwickeln. Da ich eine große Rotation bevorzuge, müssen uns die deutschen Spieler wertvolle Minuten geben. Mit einer Sechser- oder Siebener-Rotation kommt man in der Liga nicht weit.

Sie wissen also, dass man Sie nicht nur am Erreichen der Play-offs messen wird, sondern auch daran, wie Sie die jungen Spieler integrieren.
Fischer: Das ist eine meiner wichtigsten Aufgaben, diese Spieler auszubilden und heranzuführen. Wir wollen ein Verein werden, der auf deutsche Spieler setzt und sie wertschätzt.

Wie wollen Sie mit Jonas Wohlfarth-Bottermann umgehen, wenn er denn in Bonn bleibt?
Fischer: Jonas wird bei mir eine wichtige Rolle bekommen. Er ist ein sehr guter Spieler, der defensiv das komplette Programm bietet. An seinen offensiven Qualitäten werden wir arbeiten. Er ist jung und kann noch viel lernen. Ich sehe Jonas nicht als klassischen Fünfer, sondern aufgrund seiner Athletik auch als Vierer. Er hat einen sehr schnellen ersten Schritt und hat das Potenzial, von draußen zum Korb zu ziehen. Weiterhin muss er sich ein paar stabile Bewegungen im Lowpost aneignen, die er dann auch im Spiel sicher abrufen kann. Auch mit den anderen jungen Spielern werde ich intensiv arbeiten.

Sie sind noch sehr jung für einen Trainer. Sind Sie mehr der kumpelhafte oder der autoritäre Typ?
Fischer: Ich glaube, ich bin eine Mischung aus beidem. Im Leistungssport ist Disziplin sehr wichtig. Wenn ein Spieler gelernt hat, sich zu organisieren und verstanden hat, was im Leistungssport wichtig ist, dann ist er ein gereifter Spieler. Ernährung, Schlafrhythmus, Intensität im Training, Prophylaxe oder auch der Umgang mit Ärzten und den Fans sind wichtige Faktoren. Die Spieler müssen wissen, dass sie nicht nur für sich spielen, sondern dass sie einen Club, eine Stadt und einen Sponsor repräsentieren.

Haben Sie einen Strafenkatalog?
Fischer: Ja. Das gehört dazu. Ohne Strafenkatalog hat es bei mir bis jetzt nicht funktioniert. Es ist wie bei Kindern: Es gibt immer Spieler, die ihre Grenzen austesten. Sie sind jung und wollen auch ihren Spaß im Leben haben, das verstehe ich. Aber dann zum richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle. Einige Spieler sind schon erfahren, sind Profis durch und durch, andere muss man noch formen.

Was machen Sie besser oder anders als Ihr Vorgänger?
Fischer: Ich werde mich nicht mit Michael Koch vergleichen, kann aber sehr gut einschätzen, dass er hier hervorragende Arbeit geleistet hat. Jeder Trainer hat seine eigene Handschrift. Und ich hoffe, dass ich mit meiner Handschrift ähnlichen Erfolg habe wie Mike Koch.

Was für eine Art Basketball werden die Fans sehen?
Fischer: Ich lege viel Wert auf Druck in der Defense. Eine aggressive Verteidigung gibt einem sehr viel. Durch das schnelle Umschalten auf Angriff ermöglicht sie viele einfache Punkte. Dafür muss man dann auch die richtigen Spieler haben. Defense ist aber nicht alles, es gehören auch gewisse Angriffsqualitäten dazu.

Sind Sie ein Verfechter des strukturierten Basketballs?
Fischer: Nicht nur. Man muss den kreativen Spielern auch Freiräume geben.

Spieler wie Jared Jordan, Benas Veikalas oder Jamel McLean wollen Sie halten. Wie, beispielsweise, wollen Sie Jordan überzeugen?Fischer: Jared Jordan weiß, was er an Bonn hat. Er spielt gerne hier. Ich werde ihm vermitteln, wie ich mir seine Rolle vorstelle und hoffe, dass er mir vertraut. Aber er ist ein sehr begehrter Spieler. Deshalb wird es schwer, ihn zu halten.

Die Baskets haben nicht das ganz große Geld. Wie wollen Sie Spieler finden, die bezahlbar und gleichzeitig in der Lage sind, das Team in die Play-offs zu bringen?
Fischer: Man muss vor allem wissen, wann man verpflichtet. Im Moment sind die Spieler sehr teuer. Wenn es Richtung August geht, werden sie viel günstiger. Und wir müssen uns überall umschauen. Bonn hat ja schon einige gute Spieler gehabt, die beispielsweise aus Ungarn oder Tschechien kamen. Ein gutes Beispiel in der Bundesliga ist Brandon Thomas, der inzwischen ein Leistungsträger in Bamberg ist. Er hat in Österreich gespielt. Solche Jungs muss man finden, und es gibt genug davon.

Zur Person
Mathias Fischer ist 41 Jahre alt und bei den Telekom Baskets Nachfolger von Trainer Michael Koch. Fischer kam mit seiner Familie 1981 nach Bonn, machte später am Tannenbusch-Gymnasium Abitur und spielte bei diversen Vereinen im Kreis Bonn Basketball, darunter auch beim SC Fortuna Bonn und Post SV Telekom Bonn, Vorläufervereinen der Baskets.

Als Trainer war er bei Fortuna Bonn, Frauen-Bundesligist BG Rentrop Bonn und dem Baskets-Kooperationspartner Dragons Rhöndorf tätig. Weitere Stationen waren die Bundesligisten Brandt Hagen und Rheinenergie Köln, wo er als Co-Trainer arbeitete. Darüber hinaus sammelte er Erfahrungen als Trainer von Auswahlmannschaften des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), darunter der A2-Nationalmannschaft, und der Nationalmannschaft Luxemburgs. Zuletzt arbeitete er in Österreich, wo er unter anderem die Swans Gmunden zu einer Meisterschaft, zu drei Pokal- und zwei Supercupsiegen führte. In Bonn unterschrieb Fischer einen Zweijahresvertrag.

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