Telekom Baskets Bonn Hautnah bei den Baskets

BONN · Die Baskets sind ein Hingucker - und das nicht nur, wenn sie mit dem Ball den Korb treffen, sondern schon, wenn sie nur über das Spielfeld laufen. Brust, Arme und Schultern erzählen ganze Geschichten: von der Liebe und dem Leben, von der Heimat und der Familie.

 Schulterschluss mit Symbolen: Die tätowierten Baskets (von links) Dirk Mädrich, Eugene Lawrence und Steve Wachalski

Schulterschluss mit Symbolen: Die tätowierten Baskets (von links) Dirk Mädrich, Eugene Lawrence und Steve Wachalski

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Sein Blick ist finster, die tätowierten Arme verschränkt, an seinen Ohren funkeln kleine Steinchen. Er hat einen Körper, der die strampelnden Nachbarn im Fitness-Studio das schweißnasse Handtuch in die Tasche packen und nach Hause gehen lässt. So kann man Gegner beeindrucken. Zwischen den Häuserschluchten Brooklyns, wo die Tinte unter der Haut zum Lebensgefühl gehört, hat er sich auf den umzäunten Basketballcourts den Spitznamen "Built for tough" erworben - frei übersetzt: gemacht für die entscheidenden Situationen. Oder: Wenn's schwierig wird, dann hat er Cojones - Eier.

Alles Blödsinn. Bis auf den Spitznamen und die Tatsache, dass die Geschichte mit dem Fitness-Studio sehr wahrscheinlich ist. Eugene, genannt Geno, Lawrence lacht das ansteckendste Lachen der Basketball-Bundesliga: "Ich habe meine Tattoos erst, seit ich in Europa bin. Wenn ich mich recht entsinne, war keiner meiner Kumpel in Brooklyn tätowiert", sagt der Spielmacher der Telekom Baskets Bonn und amüsiert sich über das Klischee und die verwunderten Gesichter.

In seiner Heimatstadt New York war das Tätowieren bis 1997 verboten, in Massachusetts sogar bis 2000. Heute boomt das Geschäft mit den Permanent-Motiven in der zweiten Hautschicht; in den USA eröffnet durchschnittlich täglich ein Tattoo-Shop.

Neben Training und Wettbewerb hat ein Basketball-Profi auch eine ganze Menge Freizeit. "Mir war langweilig", sagt der 28-Jährige. Und so entstanden die drei Sterne auf seiner Brust 2008 in Nitra in der Slowakei, seiner ersten Profi-Station. In der Ferne erzählen seine Tätowierungen von zu Hause, von seiner Familie. Auf der rechten Schulter trägt er New York, den Big Apple. Das Logo des Baseball-Teams New York Yankees und gleichzeitig die Initialen seiner Heimatstadt auf rotem Obst mit einem kleinen grünen Blättchen. Seinen rechten Unterarm ziert "Brooklyn", auf dem linken steht sein Motto: Family 1st - die Familie steht über allem. Am linken Puls sind drei Buchstaben eintätowiert: S E A. "Die stehen für Shakima, Eugene und Ariel - meine Familie", sagt Lawrence. "Meine Frau Shakima hat das selbe." Alle seine Tattoos haben eine spezielle persönliche Bedeutung für ihn. "Ich hätte sie nicht, wenn sie einfach nur Bemalung wären", sagt er. "Zum Beispiel die Worte auf meiner Brust Dedication (Hingabe) und Determination (Entschlossenheit). Danach versuche ich zu leben - was auch immer ich mache." Eines, so sagt er fehlt ihm noch: "Ich habe keinen Basketball, dabei ist Basketball mein Leben, das werde ich wohl demnächst in Angriff nehmen."

[kein Linktext vorhanden]Basketballer sind eine Berufsgruppe, in der der Anteil der Tätowierten vergleichsweise hoch ist. Im Kader der Telekom Baskets gibt es neben Lawrence zwei weitere Spieler, die "ge-inkt" (von engl. Ink für Tinte) sind: Steve Wachalski und Dirk Mädrich. Mädrich hat seit dem Sommer einen Basketball auf der linken Schulter, von dem Sonnenstrahlen in einem Wolkenhimmel ausgehen. Darunter ein Segelboot in rauer See. Mädrich mag über die Bedeutung nichts sagen: "Das ist privat." So bleibt nur die Interpretation: Die raue See als das unberechenbare Leben, durch die das Schiff sicher in den Hafen gelangen soll. So könnte es sein. Oder ganz anders.

Telekom Baskets Bonn - Mitteldeutscher BC 96:66
35 Bilder

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Steve Wachalski hat die chinesischen Zeichen für Familie, Liebe und Gesundheit auf dem rechten Oberarm. Sicher? "Ja, sicher, sagt er und lacht, "ich habe mich informiert, dass da nix anderes steht." Später kamen Wolken, Sonnenstrahlen und zwei Tauben dazu. "Die stehen dafür, dass ich ein ruhiger, friedlicher Typ bin", sagt der 31-Jährige. Auf dem anderen Oberarm trägt er die Sternzeichen seiner Eltern, Capricorn (Steinbock) und Aries (Widder). Bei den beiden Sternen auf der Brust gibt er sich geschlossen: "Die bleiben mein Geheimnis."

Die ältesten Tätowierungen wurden auf 7000 Jahre alten Mumien in Chile gefunden. Nach dem Weg über die Schmuddelecke und das traurige Kapitel der numerischen Kennzeichnung haben sie heute das Stigma von Matrosen- oder Sträflingsmarkierungen überwunden. Sie sind noch nicht unbedingt Mainstream aber vielleicht eine moderne Form der Familienfotos im Portemonnaie.

Tattoos

Motive Wer sich tätowieren lässt, möchte so seine Individualität unterstreichen. Vielfach hört die Individualität aber bei der Wahl der Motive ironischerweise schon wieder auf. Neben dem 90er-Jahre-Klassiker, dem Tribal, gehören Kreuz, Anker, Engel, Schmetterling Herz, Rose, Kette, Taube, Yin und Yang, Adler, Drache, Totenkopf, Phoenix, Stern und Schwert zu den Favoriten. Die meisten Motive sind von symbolischer Bedeutung, manche so offensichtlich wie das Herz für die Liebe, andere etwas verborgener wie etwa der Dolch, der für den Racheschwur steht, oder die Schlange, die Falschheit oder Sünde symbolisiert, aber auch für Heilung steht (als Element des Äskulapstabs). Manche Motive, gerade aus Bildsprache der Seeleute, erzählen Geschichten. Ein Drache etwa zeigt, dass der Seemann in China gewesen ist, ein goldener Drache deutet darauf hin, dass er die Datumsgrenze überquert hat. Eine Schildkröte wiederum dokumentiert das Überqueren des Äquators.

Menschen, die tätowiert sind, gelten als risikofreudiger, sexuell aktiver und auf der Suche nach Abenteuer. Ob das alles stimmt? In jedem Fall sind sie bereit, Schmerzen auf sich zu nehmen - oder süchtig danach. Das Schmerzempfinden ist eine höchst individuelle Angelegenheit: Die meisten Menschen beschreiben das Gefühl, das die 50 bis 300 Nadelstiche pro Minute verursachen, wenn die Tinte wie mit einer Nähmaschine in die zweite Schicht der Epidermis eingebracht wird, als nicht schlimmer als einen Bienenstich oder Sonnenbrand. Manche Körperstellen sind selbstverständlich empfindlicher als andere, aber auch das variiert. Als besonders sensibel gelten die Fessel, die Brust, die Schlüsselbeine, die Rippen und der Rückgratbereich.

Historisch Auch Ötzi war tätowiert. An der 1991 in den Ötztaler Alpen gefundenen mumifizierten Leiche des Bronzezeitlers fanden sich insgesamt 50 Tätowierungen. Anfänglich nahm man an, die Striche und Ornamente haben als Schmuck gedient, doch bei genauerer Betrachtung des Mannes aus dem Eis lagen alle Tätowierungen an wichtigen Akupunkturpunkten des Körpers und dienten somit wohl eher therapeutischen Zwecken. Auch ägyptische Mumien mit Tätowierungen wurden gefunden, und das Museum in Gizeh stellt Tattoo-Instrumente aus, die auf das 4. Jahrtausend vor Christus datiert werden können.

Die erste elektrische Tätowiermaschine wurde erst Ende 1891 von Samuel F. O'Reilly als "Tattooing Mashine" in New York zum Patent angemeldet. Er gilt als der "Gottvater" der Tätowierung. Thomas Alva Edison, hatte ihn auf die Idee gebracht, als er 1877 ein Gerät zur Gravur erfand.

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