Telekom Baskets Interview mit Baskets-Spielmacher Josh Mayo über Gott und die Welt

Bonn · Josh Mayo ist einer von vier Spielern, die Bonn beim Allstar Day vertreten. Im Interview spricht der Spielmacher über fehlende Zentimeter, Spinnen, Gott und die Niederlage gegen Bremerhaven.

Welche Gefühlslage herrscht nach der Niederlage gegen Bremerhaven und der damit verpassten Pokalqualifikation vor?

Josh Mayo: Wir waren alle – jeder für sich und auch als Kollektiv – ziemlich niedergeschlagen. Dennoch gehen wir optimistisch in die zweite Saisonhälfte, denn wir befinden uns auf dem sechsten Tabellenplatz mit guter Ausgangslage für das Playoff-Rennen. Zudem bin ich der festen Überzeugung, dass wir unseren besten Basketball noch nicht gespielt haben.

Wo sehen Sie die Gründe für die Niederlage?

Mayo: Es war ein Mangel an Fokus. In den vergangenen Spielen hatten wir da ein deutlich höheres Level – dort müssen wir wieder hinkommen. Nüchtern betrachtet, haben wir defensiv zu wenig intensiv agiert und offensiv schlichtweg offene Würfe nicht verwandelt.

Wie ist Josh Mayo nach einem verlorenen Spiel?

Mayo: Ich ärgere mich still, aber lange. Ich will das Video vom Spiel und die Fehler sehen, die wir gemacht haben, Lösungen suchen, es besser machen.

Sie sind auch kein Teamkapitän, der seine Mannschaft mit Lautstärke führt...

Mayo: Nein. Ich gehe lieber mit gutem Beispiel voran. Reden, wenn ich reden muss, kann ich nicht besonders gut. Lieber sage ich etwas, wenn ich etwas zu sagen habe.

Was hat der Teamkapitän nach dem Bremerhaven-Spiel in der Kabine getan?

Mayo: Ich habe den Jungs gesagt, dass sie die Köpfe nicht hängen lassen sollen. Natürlich war das Spiel ärgerlich, und wir haben uns dadurch die Möglichkeit genommen, um den Pokal mitzuspielen. Aber es gibt noch genug andere Ziele, die wir als Mannschaft anpeilen – das beginnt mit einer guten Vorbereitung auf die Saloniki-Partie am Mittwoch

Blicken wir voraus: Was ist eigentlich ein Allstar?

Mayo: Jemand, der zunächst mal ein Teamplayer ist, vielleicht auch hier und da eine größere Rolle einnimmt und dem Team damit gibt, was es braucht, um erfolgreich zu sein.

Also ist der Allstar Mayo in erster Linie der Vertreter seines Teams, seines Vereins?

Mayo: Absolut. Ohne die Jungs hätte ich das nie geschafft. Mein Team hat mich zum Allstar gemacht. Und ich glaube, TJ und Julian sehen das für ihre Nominierung genauso.

Was ist Ihnen denn wichtig? Im Leben ganz allgemein und bei der Wahl Ihres Arbeitsplatzes. Sie haben jetzt in Bonn mit 30 Jahren zum ersten Mal überhaupt bei einem Verein ihren Vertrag verlängert...

Mayo: Vertrauen ist mir wichtig und meine Familie. Das steht über allem. Außerdem hatte ich wirklich das Gefühl, dass die Baskets wollten, dass ich zurückkomme. Es ist ein Club, dem man vertrauen kann und der familiär ist. Meine Frau Meisha und meine Tochter Maya lieben Bonn. Das ist mir sehr wichtig. Natürlich gefällt es mir auch, aber die beiden richten ihr Leben ja nach mir und unterstützen mich und meine Karriere. Insofern haben sie großen Anteil an der Entscheidung.

Ist Ihre Frau immer mit Ihnen umgezogen?

Mayo: Anfangs ist sie auch mal eine Saison in den USA geblieben, aber wir haben schnell beschlossen, dass das keine gute Lösung ist. Dann kam Maya. Und seit dem wollen wir erst recht zusammen sein und uns zu Hause fühlen.

Also ist Ihnen eine sichere Situation wichtig?

Mayo: Ganz genau. Und Bonn war die beste Möglichkeit für mich UND meine Familie. Wir sind glücklich hier.

Obwohl wir jetzt seit mehr als zwei Monaten Novemberwetter haben...

Mayo: Schrecklich. Aber ansonsten gibt es viel mehr Positives als Negatives.

Ein immer wiederkehrendes Thema ist Ihre Körpergröße. Es gibt Zweifler, was die offiziell angegebenen 1,81 Meter betrifft.

Mayo: ...

Tatsächlich gehören Sie zu den kleinsten Spielern der Liga. Sind Sie möglicherweise gerade deshalb so gut, weil Sie für einen Basketballer sehr klein sind?

Mayo: Sie meinen, weil ich andere Wege finden musste, mich durchzusetzen? Weil ich mehr mein Hirn als den Körper einsetzen und mehr trainieren musste als andere?

Genau das meine ich.

Mayo: Die Tatsache treibt mich an. Denn das ist es, was man immer zu mir gesagt hat: Du bist nicht groß genug, um mit diesen Jungs zu spielen. Anfangs, als Kind, und später als Profi. Also war dieser Stachel immer eher ein Antrieb für mich.

Wer oder was sonst hatte Einfluss auf Ihre Karriere?

Mayo: Meine Eltern, einige Trainer und meine Frau Meisha. Meine Eltern haben mir beigebracht, niemals aufzugeben. Mein Vater hat besonders im Sommer stundenlang jeden Tag mit mit trainiert, und meine Mutter hat dafür gesorgt, dass ich die Schule dabei nicht aus den Augen verliere und eine ordentliche Ausbildung bekomme.

War das schwierig?

Mayo: Nein, ich war gut in der Schule.

Haben Ihre Eltern den Wunsch, Profi zu werden denn unterstützt, oder hätten Sie „etwas Vernünftiges“ lernen sollen?

Mayo: Nein, sie haben mich immer unterstützt. Und meine Coaches haben, als ich acht Jahre alt war, gesagt: Du kannst eines Tages dein Geld mit Basketball verdienen. Und das habe ich von da an geglaubt und hart daran gearbeitet. Schließlich hat Gott mir die Chance gegeben, in Europa Profi zu sein. Und Meisha ist mein Fels in der Brandung. Wir sind jetzt unser halbes Leben zusammen. Sie hat mir immer den Rücken freigehalten.

Sie sind tragen dieses T-Shirt mit der Aufschrift „My Game, his glory“ nicht einfach so, sondern Sie sind ein religiöser Mensch. Ist Gott nach Ihrer Vorstellung für Basketball zuständig? Für Ergebnisse oder vielleicht nur für die Gesundheit der Spieler?

Mayo: Wir machen die Arbeit, er gibt uns das Talent und die Möglichkeiten. Und das Leben, in dem all das möglich ist. Dafür bin ich sehr dankbar und ich empfinde das als Auftrag. Mit ihm fängt alles an. Es ist mein Spiel, ich spiele es ihm zur Ehre.

Das heißt vermutlich auch, Sie würden ihn nie um einen Sieg bitten?

Mayo: Niemals. Denn es geht es nicht um Siege oder Niederlagen, wenn wir über Gott sprechen. Jedenfalls nicht die auf dem Feld. Siege und Niederlagen – wenn man so will – zu Hause, schon eher: Ein guter Mensch sein, eine glückliche Familie haben, das sind die Siege, um die er sich kümmert.

Im Grunde sind Sie derjenige, der am Spieltag im Telekom Dome den besten Job hat: Chef der Heimmannschaft. Wenn Sie während so eines Spiels einmal einen anderen haben könnten, welcher wäre das?

Mayo: Egal welchen? Ich hätte mehrere Wünsche.

Okay. Der erste?

Mayo: Julian Gamble. Also im Sinne von: Ich wäre gerne mal größer als zwei Meter und würde krachend dunken und in der Zone die Großen hin- in herschieben. Das versuche ich manchmal im Training mit Martin Breunig – klappt nicht.

Die anderen Wünsche?

Mayo: Der Job von Frank Piontek, Hallensprecher wäre grandios. Das wollte ich schon immer mal. Und dann würde ich auch gern Popcorn verkaufen oder Süßigkeiten. Man sitzt an der Quelle und trifft viele Leute. Ich lerne gern Menschen kennen. Job vier wäre der von Sebastian André: Merchandising-Chef. Zum einen hätte ich alle Bonn-Sachen, Mützen, Kappen, T-Shirts, Bonnis dann natürlich selbst. Und ich könnte kreativ sein.

Einen Job haben wir noch, dann wäre es eine „Starting Five“.

Mayo: Okay. Dann wäre ich gern Schiedsrichter. Einfach mal sehen, wie schwierig das ist. Und ich würde so gerne mal jemandem ein technisches Foul geben und ihn aus der Halle schmeißen. Ja, das will ich.

Bitte?

Mayo: Der gemeine Josh in mir.

Das glaubt Ihnen ja niemand.

Mayo: Es ist die Wahrheit. Die Spieler würden den Referee Josh nicht leiden können. Ernsthaft: Die Schiris haben es nicht leicht, deshalb belaber ich sie auch nicht nach Entscheidungen.

Ganz was anderes: Bei Ihnen zu Hause sitzt eine Spinne an der Wand. Was tun Sie? Bringen Sie das Tier ins Freie, nehmen Sie den Hausschuh oder rufen Sie Ihre Frau?

Mayo: Nein, nein, bei uns ist das wie in den meisten Haushalten: Die Frauen rufen den Mann in einem solchen Fall. Und dann, gebe ich zu, nehme ich den Hausschuh.

Im Ernst Gibt es etwas, wovor Sie Angst haben?

Mayo: In diesem Spinnen-Sinne vielleicht vor Schlangen. Aber globaler betrachtet, machen mir die Nachrichten Sorgen. Ich bin froh, dass ich mit meiner Familie derzeit in Europa bin und nicht in den USA.Obwohl: An der Basis sind die USA nicht so übel wie an der Spitze, die in den Nachrichten natürlich präsenter ist. Die Menschen sind ja seit der Wahl keine anderen geworden. Wir Amerikaner haben gute Herzen. Aber es ist eine schwierige Zeit.

Sie sind jetzt 30 Jahre alt. Haben Sie schon über Ihr Karriereende nachgedacht?

Mayo: Klar. Seit ein paar Jahren. Da wollte ich noch bis 40 spielen, inzwischen habe ich das auf 35-36 korrigiert.

Und danach?

Mayo: Ich hoffe, wir gehen zurück in die USA. Alles andere ist noch nicht entschieden.

Irgendwas mit Basketball?

Mayo: Vielleicht. Aber vielleicht mach ich auch etwas mit Finanzen. Ich kann ziemlich gut mit Zahlen umgehen.

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