Nach Kündigung Telekom Baskets erhärten Vorwürfe gegen Joshiko Saibou

Bonn · Auch am Tag nach der Entlassung von Basketballer Joshiko Saibou beim Bundesligisten aus Bonn sorgt das Thema für Wirbel. Beide Seiten erheben Vorwürfe.

 Joshiko Saibou

Joshiko Saibou

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

An Kaderplanung war in der Geschäftsstelle der Telekom Baskets nicht zu denken. Das Telefon stand nicht still. Selten haben die Telekom Baskets einen Tag erlebt, der so weit weg war vom Alltagsgeschäft. „Es war wohl unser reichweitenstärkster Tag“, sagte Vereinspräsident Wolfgang Wiedlich und lachte kopfschüttelnd angesichts der Tatsache, dass sogar einige ausländische Medien über den Fall Saibou berichtet hatten. Ein Lachen zwischen Erleichterung und Unverständnis.

Der Bonner Basketball-Bundesligist hatte sich am Dienstag von Joshiko Saibou getrennt, der am Wochenende an der Großdemonstration gegen die Anti-Coronamaßnahmen in Berlin teilgenommen hatte. Begründung: Der Point Guard stelle „ein permanentes Infektionsrisiko“ dar. Schon im Mai hatten Saibou und seine Freundin, die Weitspringerin Alexandra Wester, aus Mexiko mit Verschwörungstheorien und Einlassungen zur Corona-Krise in den sozialen Netzwerken polarisiert.

Sportlich ist das Thema Joshiko Saibou für die Telekom Baskets erledigt. Doch der Staub, den diese fristlose Entlassung aufgewirbelt hat, wird wohl noch länger in der Luft liegen. Viele werden diese Personalie kommentieren, andere instrumentalisieren, solange, bis diese Angelegenheit von irgendeiner anderen abgelöst wird. Und dann ist da noch der zu erwartende juristische Nachgang der Sache.

Denn Saibou wehrte sich bereits am Dienstagabend auf Instagram, zumindest verbal, gegen seine Entlassung, die zu weit führe: „Ich bin Basketballer, aber in erster Linie bin ich Mensch.“ Er hält seine fristlose Kündigung für „totalitär“ und einen „Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit“. Wester kritisierte, Vereine würden „ihre Sportler wie Puppen behandeln“, dabei gehe es hier „um Meinungsfreiheit“.

Und genau das ist nicht richtig. Die Baskets hatten Saibou nicht entlassen, weil er eine andere – wenn auch auf wenig Verständnis stoßende – Meinung vertritt. Die Konsequenz, die sich aus dieser Meinung ergibt, ist das Problem. Saibou leugnet Corona und hält die Maßnahmen für Freiheitsberaubung. So haben es er und die Weitspringerin auf ihren Social-Media-Kanälen dokumentiert. Beide machen nicht den Eindruck, dass sie mit Saisonbeginn von ihrer Überzeugung Abstand nehmen und sich an die Regeln halten. Für die Baskets ein zu hohes Risiko.

Saibou „kein Gelegenheitsleugner“

Wiedlich ergänzte, Saibou sei „kein Gelegenheitsleugner“. Man wolle mit den Hygienemaßnahmen „einen Schutzwall gegen Corona“ aufbauen, „da kann es keinen geben, der sagt: ‚Pass auf, das Virus gibt es gar nicht‘.“

Wiedlich ließ weiter durchblicken, warum die Bonner besonders sensibel auf das Infektionsrisiko reagieren. „Das Risiko ist real“, so Wiedlich. Wer etwas anderes glaube und entsprechend lebe, könne das tun, dann aber außerhalb der Telekom-Baskets-Sphäre: „Wir hatten bereits fünf Infizierte, drei Erkrankte und davon eine Person so schwer, dass sie wochenlang auf der Intensivstation lag und künstlich beatmet werden musste, dazu wurden rund 40 Personen unter Zwangs-Quarantäne gestellt“, verriet er erst jetzt. „Wir haben also sehr real erfahren, was passiert, wenn mit dem Infektionsrisiko fahrlässig umgegangen wird.“ Deshalb habe Für- und Vorsorge „in unserem Club oberste Priorität“, sagte Wiedlich.

Und dabei geht er auch das Risiko ein, in Zeiten klammer Kasse für diese Entscheidung bezahlen zu müssen. „Wir wissen, dass wir keine guten Karten haben, da mit einer Null rauszugehen. Es läuft wahrscheinlich auf einen Vergleich hinaus“, sagte Wiedlich: „Aber das ist uns allemal lieber, als dass unser Mini-Raumschiff in die Luft fliegt.“

Sogar in eine japanische Tageszeitung hatte es der Fall des Basketballers geschafft, der keineswegs wegen seiner Meinung entlassen worden war. Doch das hatten nicht nur zahlreiche lautstarke Social-Media-Kommentierer nicht begriffen, sondern auch einige Medien, die quer durch die Republik berichteten. Und nicht zuletzt auch Saibou selbst und seine Freundin Alexandra Wester nicht, wie ihre Instagram-Stellungnahmen beweisen.

Da waren viele offenbar gar nicht bereit, sich über Inhalte zu informieren. Überschriften reichten den meisten. Vor allem denen, die ihrer Meinung den meisten Nachdruck verliehen. Schönste aller Stilblüten: Ein User, der Alba Berlin auffordert, sich zu schämen. Da wird von Berufsverbot und der Diskriminierung Andersdenkender gefaselt. „Pfui Deibel Alba. Hoffentlich spielt er woanders umso besser wieder auf.“ Alba Berlin ist der Verein, von dem Saibou im vergangenen Sommer nach Bonn wechselte...

Die Stimmen aus dem Basketball, die den Hardtberg erreichten, so berichteten Sportmanager Michael Wichterich und Wiedlich, seien überwiegend positiv gewesen. „Ein Agent aus den USA hat mich verwundert gefragt, was denn geschehen müsse, damit ein Spieler in Bonn die Kündigung erhält“, erzählte Wichterich. Einige Clubchefs hatten Wiedlich den Rücken gestärkt.

Am frühen Morgen hatte Wichterich seinen Teamkapitän TJ DiLeo in den USA informiert, der „hundertprozentiges Verständnis“ gezeigt habe. „Jeder Profi weiß, dass sein Job davon abhängt, dass wir ein nahezu wasserdichtes Hygienekonzept erstellen und dass sich alle daran halten.“ Auch andere Sportler positionierten sich und reagierten auf Saibous Kündigung. Hier war Kritik genauso vertreten wie unterstützende Worte. „Alles Liebe und viel Kraft“, sendete Xavier Naidoo, Ikone der Verschwörungstheoretiker.

Saibou und Wester, das nur zur Einordnung, hatten übrigens kritische Kommentare an ihren Verschwörungs- und Corona-Postings aus Mexiko gelöscht und Kritiker blockiert.

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