Telekom Baskets Bonn Nur 23 Sekunden fehlen zum Titel

OLDENBURG · Bitterer kann man nicht an der Verwirklichung seines großen Traums scheitern. Sekunden vor Schluss gaben die Telekom Baskets Bonn den Gewinn der deutschen Basketball-Meisterschaft aus den Händen. Im fünften Finalspiel bei den EWE Baskets Oldenburg verloren die Bonner am Donnerstagabend mit 70:71 (14:18, 21:18, 16:23, 20:11). Damit müssen sie sich bereits zum fünften Mal in ihrer 13-jährigen Bundesliga-Geschichte mit der Vizemeisterschaft zufrieden geben.

 Der Titel war greifbar nah: Ken Johnson (links) und EJ Rowland können die Niederlage kaum fassen.

Der Titel war greifbar nah: Ken Johnson (links) und EJ Rowland können die Niederlage kaum fassen.

Foto: Norbert Ittermann

Die Oldenburger um den ehemaligen Baskets-Coach Predrag Krunic dagegen standen zum ersten Mal im Finale und holten gleich den Titel.

Einen solchen Tiefschlag muss man erst einmal verdauen. Fassungslos sanken die Spieler der Telekom Baskets in sich zusammen. Tränen flossen. Wie apathisch verfolgte Kapitän Artur Kolodziejski, wie Rickey Paulding vor der Siegerehrung die Auszeichnung als MVP des Spiels überreicht bekam.

Eigentlich wollte er keine Silbermedaille mehr, doch dann mussten er und seine Mitspieler doch aufs Podest steigen und sie sich um den Hals hängen lassen. Sie hatten dem neuen Meister einen großartigen Kampf geliefert, um dann in der Endphase die entscheidenden Fehler zu begehen.

23 Sekunden vor der Schlusssirene führte Bonn mit 70:67, als sein bester Spieler an diesem Abend, EJ Rowland, an die Freiwurflinie schritt und seine beiden Würfe nicht im Korb unterbrachte. Auf der Gegenseite wurde Jason Gardner beim Wurf dumm gefoult. Der Ball ging rein, den Bonuswurf verwandelte Gardner zum 70:70-Ausgleich.

Dann der Anfang vom Ende. Ein weiter Pass von Johannes Strasser fiel in Oldenburger Hände, Foster wurde gefoult und traf mit einem Freiwurf zum 70:71. Bei nur noch vier Sekunden auf der Uhr nahmen die Bonner eine Auszeit. Schon oft hatten sie mit speziell vorbereiteten Spielzügen in ähnlichen Situationen zurückgeschlagen, doch diesmal klappte es nicht. Foster spritzte in den Einwurf von Rowland - aus und vorbei.

Halten die Nerven? Das war die große Frage vor dem Show-down vor 3 148 Zuschauern in der EWE-Arena. Umgekehrte Verhältnisse im Vergleich zu Spiel vier in Bonn, als es die Bonner Fans waren, die erwartungsvoll den Gewinn der Meisterschaft von ihrer Mannschaft erwarteten.

Diesmal waren es die Oldenburger Anhänger, die ihr Team zum Sieg schreien wollten. Die Gastgeber schienen zwar besser ins Spiel zu finden, setzten durch Je'Kel Foster gleich einen Dreier in den Korb, doch die Gäste fingen sich nach dem 0:5 schnell. Es lief nicht alles rund, es gab einige vermeintlich leichte Würfe, die nervös vergeben wurden, aber die Verteidigung war auf ihren Gegner gut eingestellt, der nicht wie in Bonn sein souveränes Angriffsspiel aufziehen konnte.

Im Gegenteil. Auch das EWE-Team offenbarte große Nervosität. Es führte mit 9:6, als Ruben Boumtje Boumtje ein Schrittfehler unterlief und Foster den Ball aus der Distanz weit vorbeisetzte. EJ Rowland und Brandon Bowman profitierten davon. Rowland zog immer wieder kraftvoll zum Brett. Klasse, wie er unter dem Korb Körperkontakt mit Boumtje Boumtje aufnahm und dann den Ball reinlegte. Bowman ließ gleich zwei Dreier folgen - 18:12 für die Baskets (9.).

Doch es war ein packendes Duell auf Augenhöhe. Ein Dreier von Rickey Paulding schloss einen 10:0-Lauf der Gastgeber zum 18:22 gegen Bonn ab. Ausgerechnet Artur Kolodziejski, der in der Vergangenheit Ladehemmung hatte, brachte sein Team mit einem Dreier wieder auf 21:22 heran. Und als er wenig später mit zwei Freiwürfen traf, war Bonn wieder vorn: 28:25.

Aber Oldenburg hat ja Paulding. Einer seiner Fabeldreier fand den Weg in den Korb, dann ein Zweier hinterher: 28:30. Doch die Baskets behielten stets die Ruhe, wenn sie sich auch die ein oder andere Leichtsinnsaktion leisteten, und blieben dran.

Um nach der Pause richtig loszulegen. Innerhalb von sieben Minuten gingen sie mit 51:41 in Front. Weil sie in der Verteidigung ein oder sogar zwei Gänge höher schalteten, Würfe blockten, Fehlpässe und Fehlwürfe provozierten. Dabei spielte sich ein Mann in den Vordergrund, den keiner auf der Rechnung hatte: Patrick Flomo.

Als der Liberianer zum wiederholten Male unter dem Korb auftauchte und eine schöne Vorlage von Johannes Strasser per Dunking zum 55:46 in den Korb krachen ließ, hatte er bereits 15 Punkte auf dem Konto. Am Ende waren es 18.

Die Bonner Fans wähnten sich schon auf der Siegerstraße, als ein Ruck durch das Oldenburger Team ging. Angeführt von Gardner holten sie Punkt um Punkt auf und ließen die Baskets mit einer aggressiven Verteidigung kaum zur Entfaltung kommen. Zwar hielt Rowland in bewundernswerter Weise dagegen, konnte aber nicht verhindern, dass die Gastgeber drei Minuten vor dem Ende wieder mit 65:64 in Front gingen.

Bewundernswert auch, wie die Baskets diesen Attacke abwehrten, immer wieder durch Rowland antworteten. Als EWE-Flügelspieler Miladin Pekovic bei der 70:67-Führung der Bonner mit einem völlig unnötigen Dreierversuch scheiterte und Rowland gefoult wurde, hätte er seine Leistung krönen können. Aber es sollte nicht sein. Ihm versagten bei besagten Freiwürfen unter ohrenbetäubendem Lärm der Oldenburger Fans die Nerven, ehe Gardner dann die entscheidende Attacke der Gäste auf den Meistertitel anführte.

Das ScoutingEWE Baskets Oldenburg: Scekic 4 Punkte, Foster 18/2 Dreier, Majtorovic 3, Hain, Gardner 14/1, Paulding 20/2, Pekovic 3/1, Boumtje-Boumtje 9.

Telekom Baskets Bonn: Rowland 22 (36:14 Minuten Einsatzzeit), Frazier (12:00), Strasser (12:09), King 5 (12:31), Bowler 6 (16:04), Kolodziejski 5/1 (13:59), Yarbrough (22:26), Flomo 18 (26:53), Bowman 14 (36:47), Johnson (10:57).

Trefferquote: Oldenburg 40 Prozent (20 von 53 Würfen), Bonn 44 Prozent (29/66).
Dreierquote: Oldenburg 33 Prozent (6/18), Bonn 30 Prozent (3/10).
Freiwurfquote: Oldenburg 66 Prozent (25/36), Bonn 50 Prozent (9/18).
Rebounds: Oldenburg 36 - Bester: Boumtje-Boumtje 9, Bonn 43 - Bester: Flomo 10. Assists: Oldenburg 7, Bonn 8. Ballverluste: Oldenburg 15, Bonn 17.
Ballgewinne: Oldenburg 10, Bonn. 6
Blocks: Oldenburg 3, Bonn 5.
Fouls: Oldenburg 21, Bonn 30.

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