Basketball-Pokal im Telekom Dome So läuft die Umsetzung des Hygienekonzeptes im Basketball

BONN. · Das Basketball-Pokal-Turnier im Bonner Telekom Dome zeigt die Grenzen des Corona-Hygienekonzeptes auf. Ausgerechnet NBA-Star Dennis Schröder sorgte für Aufsehen. Die Telekom Baskets befinden sich derweil als drittes Bundesliga-Team in Quarantäne.

 Uneinsichtig: NBA-Profi Dennis Schröder, Alleingesellschafter der Basketball Löwen Braunschweig GmbH, auf dem nicht freigegebenen Teil der Tribüne in Bonn beim Spiel der Braunschweiger gegen Oldenburg.

Uneinsichtig: NBA-Profi Dennis Schröder, Alleingesellschafter der Basketball Löwen Braunschweig GmbH, auf dem nicht freigegebenen Teil der Tribüne in Bonn beim Spiel der Braunschweiger gegen Oldenburg.

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Ein Konzept ist in seinem Wortsinn etwas Zusammengefasstes, ein Entwurf, eine Skizze. Das ist bei einem Hygienekonzept nicht anders. Zu glauben, dass sich jeder in letzter Konsequenz daran hielte, wäre blauäugig. Und selbst wenn es jeder täte, stieße es an seine Grenzen. Zu theoretisch? Die Pokal-Partie zwischen den EWE Baskets Oldenburg und den Basketball Löwen Braunschweig hob die Theorie am Samstagnachmittag im Telekom Dome in die Praxis.

Irgendwo ganz oben in den Reihen gegenüber der Spielerbänke und außerhalb der TV-Bilder saß Michael Wichterich ganz am Rand der abgesperrten Zone für die Vereinsvertreter, gleich neben dem rot-weißen Flatterband. Das erste Viertel des Vorrundenspiels zur Endrundenqualifikation lief, und der Sportmanager der Telekom Baskets Bonn wusste, dass diese Partie die einzige des Wochenendes bleiben würde. Er hatte die Liga bereits über einen positiven Corona-Test in Reihen seiner Mannschaft informiert und das Team nach Anweisung des Bonner Gesundheitsamtes in Quarantäne geschickt. Vorläufig. Damit sind die Baskets nach Alba Berlin und Medi Bayreuth das dritte Team der Basketball-Bundesliga in Corona-Quarantäne.

Etwa zu diesem Zeitpunkt trat NBA-Superstar Dennis Schröder mit seiner Entourage auf die Tribüne. Staatsmännisch in schwarzem Rolli und anthrazitfarbenem Anzug, an den Ohren kleine glitzernde Steinchen. Und mit Gesichtsmaske. Die kleine Gruppe um den Alleingesellschafter, er nennt es lieber Besitzer, des Braunschweiger Clubs, seines Heimatvereins, setzte sich ohne große Abstände auf die Klappsitze.

Nach der Halbzeit wechselte das Grüppchen nach gegenüber, hinter die Braunschweiger Bank, ins Blickfeld der Kameras. Eine Mitarbeiterin des Baskets-Hallenteams bat Schröder und seine Begleiter, sich zurück in den vorgesehenen Bereich zu begeben. Schröders Homies wechselten die Seite, der Spielmacher der Oklahoma City Thunder und der deutschen Nationalmannschaft entfernte sich kurz, zog es dann aber vor, an dem Platz, den er sich ausgesucht hatte, die Partie zu Ende zu verfolgen. Konzept? Egal.

Er sah, wie sein Team Oldenburg mit einem 97:88-Sieg aus dem Wettbewerb warf und ein weiteres Problem im Konzept: Nach einem Rempler des Oldenburgers Nathan Boothe ging Löwen-Spieler Karim Jallow mit gebrochenem Nasenbein zu Boden. Eine blutige Angelegenheit, die in den Katakomben versorgt werden musste. Jallow kehrte zurück auf die Bank. Zuvor hatten alle Spieler die Wege außerhalb des Feldes mit Masken zurückgelegt. Es gibt Situationen, in denen das nicht einzuhalten ist.

Die Praxis zeigt die Grenzen des Konzepts und der Blick auf andere die nicht unbedingt nachvollziehbaren Unterschiede. Serge Gnabry bei Bayern München, Andrej Kramaric bei 1899 Hoffenheim, Emre Can bei Borussia Dortmund: Fußballer gehen einzeln in Quarantäne. Und die Basketballer wundern sich. Mindestens. BBL-Geschäftsführer Stefan Holz kritisierte die Entscheidung für eine Quarantäne kompletter Teams deutlich. „Es steht in keinem Verhältnis, wenn wir eine Infektion im erweiterten Mannschaftskreis mit einer geringen Viruslast haben und eine ganze Mannschaft mit 20 Leuten für zwei Wochen weggesperrt wird. Das ist aus unserer Sicht nicht geboten. Wenn das die Regel wird, funktioniert es definitiv nicht mehr“, sagte Holz. „So werden unsere Hygienekonzepte, für die wir von Politik und Behörden viel Lob erhalten haben, ad absurdum geführt.“ Diese Woche will die Liga das weitere Vorgehen beraten.

Wichterich betont, dass er angesichts steigender Fallzahlen eine strenge Auslegung von Regeln befürwortet, findet aber auch, dass „der Fall ein paar Fragen aufwirft. Richtung Konzept und Richtung Gesundheitsämter. Natürlich sorgt eine Ungleichbehandlung für Verstimmung. Warum gehen Fußballer alleine in Quarantäne und Basketballer nicht?“

Der „Fall“ wie der Baskets-Sportmanager ihn nennt, könnte einer der Bonner Kooperationsspieler sein. Denn bereits am Samstagvormittag hatte Kooperationspartner Dragons Rhöndorf seine Regionalliga-Partie in Grevenbroich wegen eines positiven Testergebnisses abgesagt. Im Grunde eine weitere Lücke im Konzept, wie sie beinahe jeder Bundesligist hat. Unterhalb der ersten Liga werden die Kontrollen weniger engmaschig. Eine Preisfrage.

Als Wichterich am Samstagabend auf sein Handy sah, hatte er insgesamt 101 Telefonate geführt. Zwei Stunden nachdem er das positive Testergebnis erhalten hatte, rief das Gesundheitsamt an. Dann begann die Informationskette: Liga, Mannschaft, Mitarbeiter. Die BBL informierte die Schiedsrichter und Braunschweig. Und Löwen-Manager Oliver Braun wiederum sein Team noch auf dem Feld nach dem Oldenburg-Spiel.

Und irgendwie herrschte betretene Stimmung. Denn auch wenn man damit rechnen musste, dass es Corona-Fälle geben würde, haben die ersten beiden Wochenenden des Pokal-Wettbewerbs schon große Fragezeichen hinterlassen. Alba Berlin hat inzwischen in Pokal und EuroLeague fünf Nachholspiele angesammelt. Wo sollen die in einem straffen Spielplan realistisch unterkommen? Das Top4 am kommenden Wochenende war jedenfalls zu optimistisch geplant und ist inzwischen terminlos verlegt.

In Bonn läuft jetzt wieder der Bestellservice für Spieler an. Einkaufszettel an die Geschäftsstelle und ein freundlicher Baskets-Mitarbeiter besorgt den Einkauf. Wichterich ist zuversichtlich, dass „wir nicht zwei Wochen in Quarantäne bleiben.“

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