Reaktionen auf den Baskets-Coup Große Gefühle rund um die Baskets nach dem Champions-League-Sieg

Bonn · Ausgerechnet der Club mit dem niedrigsten Budget im Final-Four holt den Titel. In Malaga, im Beueler Telekom Forum und an den Bildschirmen sind die Baskets-Fans nach dem Gewinn der Champions League in Glückseligkeit vereint.

 JAAAAAAAA! Tuomas Iisalo (r.) schreit seine ganze Freude heraus – und packt sich seinen Sohn Launo, der den Papa in Malaga unterstützt hat. Das Bild kommt auf ewig ins Familien-Album.

JAAAAAAAA! Tuomas Iisalo (r.) schreit seine ganze Freude heraus – und packt sich seinen Sohn Launo, der den Papa in Malaga unterstützt hat. Das Bild kommt auf ewig ins Familien-Album.

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Baskets-Fans, bitte notieren: Sonntag, 14. Mai 2023, 22.02 Uhr. Der Moment, auf den ein ganzer Club gewartet hat. Die Telekom Baskets gewinnen ihren ersten Titel: Champions-League-Sieger nach einem 77:70-Erfolg gegen Hapoel Jerusalem.

Leon Kratzer wollte schon von der Bank aufs Feld stürmen, da dribbelte TJ Shorts den letzten Ballbesitz bei ablaufender Uhr in die gegnerische Hälfte, niemand griff ihn mehr an. Kratzer trippelte vor, bremste, sah den Schiedsrichter an, der gleich neben ihm stand, doch der schien zu signalisieren: Lauf, ich halte dich nicht auf.

Ein Monster aus Mentalitätsmonstern

Der Baskets-Center stürmte los: Alle auf den Kleinen, alle auf Shorts. Finn Delany verkroch sich in sein Trikot. Der kernige Neuseeländer, neben Kapitän Karsten Tadda der einzige im Team, der bereits zuvor einen Titel gewonnen hatte, schluchzte in den weißen durchgeschwitzten Stoff. Physio Bogdan Suciu hob – das hat Tradition – Co-Trainer Marko Stankovic, der mit erhobenen Fäusten zur Hallendecke jubelte. Irgendwo dazwischen versuchte Tuomas Iisalo jeden in seinem Team, einem Monster aus Mentalitätsmonstern, wie es oft im Laufe der Saison genannt wurde, zu herzen. Irgendwann hatte er TJ Shorts im Arm.

Zur gleichen Zeit im Beueler Telekom Forum: 1400 singen die Baskets-Hymne, viele mit feuchten Augen. Auch Wolfgang Wiedlich. Nicht wenige freuen sich hier und auf der Tribüne in Malaga vor allem für den Baskets-Präsidenten, der vor sage und schreibe 44 Jahren in der Kessenicher Wasserlandhalle als Basketball-Jugendtrainer beim SC Fortuna Bonn anfing.

1400 feiernde Fans im Beueler Telekom Forum

„Dass daraus mal der Gewinn einer europäischen Trophäe wird oder eine eigene Arena, stand in keinem Masterplan“, sagt Wiedlich, der den Triumph von Malaga „eher still genießt“. Sind auch ein paar Freudentränen geflossen? „Ja, sicher.“ Vor allem freue er sich für alle, „die seit Jahrzehnten mit viel Ehrgeiz und Engagement in unserer Riesenorganisation unterwegs sind“ – und natürlich die enthusiastischen Fans.

Fans empfangen Telekom Baskets Bonn nach Champions-League-Sieg
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So haben die Fans die Baskets am Telekom Dome empfangen

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Er habe zudem den Eindruck, dass „auch viele Bonnerinnen und Bonner, die keine Basketsfans im engeren Sinn sind, einfach nur stolz darauf sind, dass eine Mannschaft ihrer Stadt so etwas geschafft hat“.

„Alle in unserem Club freut zudem, dass es in der deutschen Basketballgemeinde trotz Konkurrenzsituation in der Bundesliga so etwas wie Fairplay gibt: Die Gratulationswelle ist ziemlich mächtig und authentisch.“ Am Sonntag seien offenbar alle „irgendwie Bonner“ gewesen.

Großes Lob von Malaga-Trainer Navarro

Dass ausgerechnet der Club mit dem niedrigsten Budget im Final-Four den Titel holte, der zugleich das Logo eines Bonner Global Players auf der Brust trägt, ist ein weiterer Aspekt der Baskets-Cinderella-Story. Vor dem Halbfinale gegen Unicaja Malaga sagte deren Trainer Ibon Navarro: „Man sagt, dass die Telekom Baskets Bonn das Aschenputtel des Wettbewerbs sind, aber das ist nur eine Frage des Budgets, denn spielerisch gehören sie zu den Besten.“

Fernab der heiklen Frage, wie sich „Aschenputtel“ mit dem Image des Kommunikationskonzerns verträgt, dürfen die Telekom Baskets und insbesondere Headcoach Iisalo das als weitere Auszeichnung werten.

Während der Finne im Bauch der Halle wieder eine denkwürdige Pressekonferenz gab, die er mit den Worten: „Heute bin ich sprachlos“, begann – Gelächter –, hörte man die Bonner in der Halle glückselig singen: „Nie. Wieder. Vize! Wir werden nie. Wieder. Vize – wir werden nie wieder Viiiiiiize“. Die deutschen Spieler verstanden genau. Und erklärten es ihren Kollegen. Schon nachdem der goldene Konfettiregen sich auf den Hallenboden gesenkt hatte, war Sportmanager Savo Milovic mit der besonders schönen aber nicht Siegergetränk-tauglichen Trophäe Richtung Tribüne gegangen und hatte abwechselnd auf den Cup und die Fans gezeigt. Die klare Botschaft: Der ist für Euch.

Iisalo drückt ein Auge zu

Der doch gar nicht so sprachlose Iisalo gab seiner Liebe zu seiner Mannschaft noch einmal deutlich Ausdruck. Aus voller Überzeugung, ohne jede Arroganz. Das muss dazu geschrieben werden, weil man den Ton nicht lesen kann: „Ich glaube nicht, dass es aktuell ein besseres Kollektiv als Team im Basketball in Europa gibt, oder vielleicht sogar der Welt.“

Der Abend klang mit kleinen Feierlichkeiten aus. Der strenge Coach drückte ein Auge zu. Und vom Flughafen konnte am Montag vermeldet werden: Wir sind komplett, haben keinen vergessen. Dann begann der Trip ins nächste Abenteuer des Monsters Cinderella: Playoffs, Spiel eins gegen Chemnitz am Mittwoch (19 Uhr, Telekom Dome).

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