Endspielgegner der Telekom Baskets Überraschungs-Finalist Ulm will den Titel

Bonn · Ratiopharm Ulm steht nach Sensationssiegen gegen Berlin und München im Finale. Der Gegner der Telekom Baskets ist aktuell hervorragend drauf.

 Spektakulär und zielsicher: Der Brasilianer Bruno Caboclo ist einer der beiden Torspieler bei ratiopharm Ulm.

Spektakulär und zielsicher: Der Brasilianer Bruno Caboclo ist einer der beiden Torspieler bei ratiopharm Ulm.

Foto: dpa/Andreas Gora

Im Brustton der Überzeugung betet Karim Jallow das alte Basketball-Mantra herunter: „In den Playoffs kann alles passieren.“ Und der Flügelspieler weiß noch mehr an unumstößlichen Weisheiten. „Das Wichtigste ist: Du musst ready sein.“ Klingt banal, ist es sicherlich auch. Doch niemand hat das Credo der K.o.-Spiele um den Titel mehr verinnerlicht und bisher genialer umgesetzt als Jallow und ratiopharm Ulm. 3:1 Siege gegen den amtierenden deutschen Meister Alba Berlin, gar 3:0 gegen Pokalsieger Bayern München – plötzlich steht Ulm als krasser Außenseiter im Finale der Basketball Bundesliga. Und möchte nach den drei Vizemeisterschaften 1998, 2012 und 2016 erstmals deutscher Meister werden.

„Wir waren bisher in beiden Playoff-Serien der Underdog“, sagt Jallow. „Und dann haben wir unseren besten Basketball in der gesamten Saison gespielt.“ Ulm reitet die absolute Erfolgs- und Euphoriewelle. Selten hatte eine Mannschaft einen schwereren Weg ins Finale, schließlich mussten die Spatzen gegen die beiden deutschen EuroLeague-
Teams ran. Eine Chance hatte ihnen im Vorfeld da wohl kaum jemand eingeräumt. Erst recht nicht, nach einer phasenweise bescheidenen Saison.

Mit vier Niederlagen waren die Schwaben in die neue Spielzeit gestartet, auch danach dauerte es, bis sie eine positive Siegesbilanz aufweisen konnten. In den Duellen gegen die ersten fünf der Abschlusstabelle (Bonn, Berlin, München, Oldenburg, Ludwigsburg) konnten die Ulmer lediglich je einen Erfolg gegen Oldenburg und Ludwigsburg einfahren, die übrigen acht Spiele gegen die Topteams wurden allesamt verloren. Am Ende reichte es mit 18:16 Siegen zu Platz sieben in der Abschlusstabelle – und der schier unlösbaren Playoff-Aufgabe Berlin.

Doch die Uuulmer, wie sie sich selbst gerne nennen, haben alle Hürden überwunden. Mit schnellem, attraktivem, aber auch sehr physischem Basketball. Schon in der Hauptrunde stellte das Team von Trainer-Rookie Anton Gavel die zweitbeste Offensive der Liga. 3029 erzielte Punkte standen am Ende auf dem Tableau, nur Bonn hatte 13 mehr gemacht. Diesen Punkteschnitt von rund 89 Zählern pro Spiel haben die Schwaben auch in den sieben Playoff-Matches gegen Alba und Bayern gehalten. Gleichzeitig konnten sie sich aber in der Defensive enorm steigern. Die 82,3 Gegenpunkte im Schnitt pro Spiel waren fast vier weniger, als sie in der regulären Saison durchschnittlich kassiert hatten.

„Caboclo ist für mich der beste Spieler der Liga“

Angeführt wird das Team des Slowaken Gavel, der als Spieler mit Bamberg und Bayern fünfmal Meister und viermal Pokalsieger geworden ist, von einem brasilianischen Duo. Spielmacher Yago dos Santos ist mit 17 Punkten im Schnitt der beste Scorer seines Teams bisher in den Playoffs, hat seinen Punktewert im Vergleich zur Hauptrunde um 2,1 Zähler gesteigert. Mit 5,4 Assists ist er auch der beste Ulmer Vorlagengeber. Der andere Brasilianer ist Power Forward Bruno Caboclo. Der 2,06 Meter große Hüne wurde erst im Laufe der Saison nachverpflichtet, hat sich aber als absoluter Glücksgriff erwiesen. 16,85 Punkte und 6,6 Rebounds stehen in seiner Playoff-Statistik in dieser Saison. „Bruno hat unser Spiel auf ein höheres Level gehoben. Für mich ist er der beste Spieler der Liga“, schwärmt dos Santos von seinem kongenialen Partner.

Absolute Topspieler sind aber auch Guard Brandon Paul mit durchschnittlich 11,3 Punkten in den Playoffs, Karim Jallow mit 11,0 sowie der erst 19-jährige spanische Aufbauspieler Juan Nunez, der im Schnitt auf 9,1 Zähler und 5,4 Vorlagen kommt. Und dann ist da noch Thomas Klepeisz, die Wundertüte im Ulmer Team. Der österreichische Aufbauspieler machte in Spiel zwei gegen Alba null Punkte, in Spiel drei waren es 19. Wenn der 31-Jährige seinen Wurf findet, schießt er die Lichter in der Halle aus. Im Saisonverlauf kam Klepeisz in 41 Einsätzen auf durchschnittlich 9,7 Punkte, bei einer überragenden Dreier-Trefferquote von 39,6 Prozent. 2,3 Dreier trifft er im Schnitt pro Spiel. Zum Vergleich: Bonns Scharfschütze Sebastian Herrera kommt auf 2,1.

Bonns Cheftrainer Tuomas Iisalo wird die Ulmer auf jeden Fall nicht unterschätzen. Gleich nach dem Bonner Einzug ins Finale sagte der Finne: „Die beiden derzeit besten Mannschaften in Deutschland sind im Endspiel.“ In Ulm werden sie ihm nicht widersprechen.