Trotz WM-Euphorie Warum Handball und Fußball Welten trennen

Hamburg · Dank des starken WM-Auftritts des Teams von Bundestrainer Christian Prokop haben die deutschen Handballer sogar den Fußball für einige Zeit als Top-Thema in den Medien abgelöst. Dennoch kommt der Handball noch lange nicht an den Fußball heran.

 Deutschlands Handball-Nationalmannschaft trainiert für das Halbfinale gegen Norwegen.

Deutschlands Handball-Nationalmannschaft trainiert für das Halbfinale gegen Norwegen.

Foto:  Axel Heimken

Acht Spiele, acht Mal über eine Stunde beste Werbung in eigener Sache: Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der WM mehr für das Image des Handballs getan, als es je eine Marketing-Kampagne hätte schaffen können.

"Wir sind jetzt da, wo wir hinwollten", sagte Verbands-Vize Bob Hanning vor dem Halbfinale gegen Norwegen. "Wir wollen den Abstand zur Lieblingssportart verkürzen." Dass Handball in Deutschland jemals Fußball gefährden kann, daran glaubt niemand ernsthaft. Dazu sind die Unterschiede noch zu gewaltig.

Einige Zahlen als Beispiel:

VERBANDS-MITGLIEDER: Der Deutsche Fußball-Bund wies 2018 knapp über sieben Millionen Mitglieder auf. Eine Zahl, an die der Deutsche Handballbund (DHB) bei weitem nicht heranreicht. Insgesamt hatte der zum 31. Dezember 2017 nach einer Statistik des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als siebtgrößter deutscher Spitzenverband 757 593 Mitglieder registriert.

UMSATZ DER BUNDESLIGEN: In ihrem Report 2018 meldete die Deutsche Fußball Liga (DFL) für die Saison 2016/17 einen Bundesliga-Gesamtumsatz von 3,37 Milliarden Euro. Die kalkulierten Gesamteinnahmen der 18 Handball-Bundesligisten für die diese Spielzeit belaufen sich nach einer Erhebung des Magazins "Sponsors" auf 107 Millionen Euro. Im Schnitt erwirtschaftet jeder Club demnach 5,9 Millionen Euro. Selbst die Basketball-Bundesliga (123 Millionen/je Club 6,8 Millionen) und die Deutsche Eishockey Liga (117 Millionen/8,4 Millionen) liegen noch vor der Handball-Eliteklasse.

ABLÖSESUMMEN: Auch im Handball gibt es Ablösegelder. Zum Beispiel für Bundestrainer Christian Prokop, den der DHB für 500.000 Euro beim SC DHfK Leipzig aus einem langfristigen Vertrag herauskaufen musste. Als teuerster Spieler der Welt gilt der Ex-Kieler Nikola Karabatic aus Frankreich, für den Paris Saint-Germain 2015 zwei Millionen Euro an den FC Barcelona überwiesen haben soll. Kleingeld im Vergleich zu den mittlerweile inflationären Transfersummen im Fußball.

SPIELER-GEHÄLTER: DHB-Kapitän Uwe Gensheimer gilt als Top-Verdiener in der deutschen Mannschaft. Sein Jahresgehalt in Paris wird auf etwa 500.000 Euro geschätzt. In der Fußball-Bundesliga würde sich Gensheimer am Ende der Gehaltsliste finden. Bei Spielern wie Robert Lewandowski, Thomas Müller und Manuel Neuer vom FC Bayern München wird über Gehälter von etwa 15 Millionen Euro spekuliert. Genaue Zahlen werden nicht genannt - egal in welcher Liga.

WM-PRÄMIE: Für den Titel erhält die DHB-Auswahl insgesamt 450.000 Euro. Die deutschen Fußballer handelten für die WM 2018 in Russland eine Titel-Prämie von 350.000 Euro aus - für jeden Spieler. Diese Summe konnte sich der DFB nach dem peinlichen Vorrunden-Aus sparen.

TV-QUOTEN: Bei jedem WM-Spiel der deutschen Handball-Mannschaft saßen im Schnitt weit über sechs Millionen Menschen vor dem Fernseher. Den bisherigen Höchstwert gab es im Hauptrunden-Krimi gegen Kroatien am vergangenen Montag mit 10,2 Millionen Zuschauern im ZDF. So erfreulich die Zahl für die Handballer ist, auch bei den Quoten regiert König Fußball: Trotz des schwachen Abschneidens bei der WM im vergangenen Sommer waren die drei Vorrundenspiele der deutschen Mannschaft die mit Abstand erfolgreichsten Fernsehsendungen des Jahres. Den Höchstwert lieferte mit 27,53 Millionen Zuschauern das Duell gegen Schweden.

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