Mehr als eijne Frage des Rechts Sterben in Würde?

SINZIG · Anhänger der Palliativ- und Hospizbewegung diskutieren das Thema im Sinziger Schloss.

Ulrike Dobrowolny führte in das Thema ein.

Ulrike Dobrowolny führte in das Thema ein.

Foto: Martin Gausmann

Sie wussten, worum es ging. Trotzdem mussten einige Zuhörer bei der Veranstaltung des Hospizes im Ahrtal und des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr im vollen Saal des Sinziger Schlosses manchmal schlucken. Die Frage "Sterben in Würde?" berührte Podiumsgäste und Plenum. Antworten, oder vielmehr Stellungnahmen, gaben Mechthild Heil, Mitglied des Bundestages, Resi Renninger, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr, Eckehardt Louen, Oberarzt und Palliativmediziner am Remagener Krankenhaus, und Christoph Drolshagen, Geschäftsführer des Hospizes im Ahrtal.

In ihrem Eingangsreferat stellte Heil unter der Überschrift "Therapieziel Tod" die zwei vorherrschenden Positionen in der Diskussion um Sterbehilfe und würdevolles Sterben in Deutschland vor: Die einen, die für die aktive Sterbehilfe, also für die Hilfe zum Suizid durch einen Arzt oder jemand anderen seien. Und die anderen, die an der aktuellen Rechtslage nicht viel ändern wollten, aber die gewerbliche Hilfe zum Suizid verbieten wollten, während Suizid und die Hilfe dazu straffrei bleiben sollten.

Dass die Mehrheit der Deutschen laut Umfragen aktive Sterbehilfe befürworte, liegt für Heil in einem "Trend zur Selbst-Optimierung" in der Gesellschaft: Wie viele ihren Körper durch Schönheitsoperationen oder ihre Kinder durch Frühförderung optimierten, wollten sie auch optimal sterben, also einen Tod ohne Leid. Trügerisch sei auch das Gefühl der Selbstbestimmung: Wenn jemand sich selbst töten wolle, um anderen nicht zur Last zu fallen, "klingt das weniger nach einer freien Selbstwahl als vielmehr nach einer Verantwortlichkeit dem Umfeld gegenüber." Ihr Anliegen: "Menschen sollte man die Schmerzen nehmen, nicht das Leben." Und Drolshagen fand: "Das Recht, sich das Leben zu nehmen, darf nicht höher bewertet wird als das Recht auf eine gute Begleitung und Versorgung in der Palliativmedizin und Hospizarbeit."

"Das Sterben jedes Einzelnen ist einzigartig und sollte mit Respekt, Achtsamkeit, Achtung und Akzeptanz begleitet werden", plädierte Renninger. Besonders bewegt waren die Zuhörer, als Renninger und Louen von ihren Patienten sprachen: Vom Mann, der vor Sorge um seine Frau nicht gehen konnte, von der Mutter, die das Wohl ihres kleinen Sohnes in die Hände ihres Mannes legte, und von der todkranken Frau, die aus Verzweiflung schrie und deren Angehörige überfordert waren. Für die Fachleute ging es nicht um Hilfe beim Töten, sondern beim Sterben, auch nicht um die Verlängerung der Lebenszeit um jeden Preis, sondern um eine Verlängerung der Lebensqualität. "Ein Mensch soll an der Hand eines Arztes sterben und nicht durch dessen Hand", fand Louen, wenn auch manchmal etwa das Weglassen eines Medikaments in der letzten Phase für einen etwas früheren Tod angebracht sei.

Die Frage nach Sterbehilfe erlebten die Fachleute gar nicht so oft, wohl aber, dass etwa eine Frau sage, sie habe ihrem Mann versprochen, dass er zu Hause sterben könne.

"Zuhause müssen aber nicht unbedingt die eigenen vier Wände bedeuten, denn Zuhause bedeute auch Sicherheit und ärztliche Versorgung sowie Beistand der Angehörigen, der auch in einem Hospiz möglich sei. "Heißt Sterben im Hospiz nicht auch sterben deluxe?", fragte Redakteur Uli Adams als Moderator bewusst provozierend. Schließlich gebe der Staat für den Platz im Hospiz 255 Euro am Tag, für den Platz im Pflegeheim maximal 54 Euro.

Anders als im Altenheim lebten im Hospiz laut Gesetz ausschließlich schwerstkranke Menschen in extremen Krisensituationen, sagt Drolshagen, wobei das Hospiz im Kreis Ahrweiler so angelegt sei, dass es einen Raum habe, in dem Wissen vermittelt und dieses auch in den Heimen weitergegeben werden soll. Und was kann jeder Einzelne schon jetzt für sein Sterben in Würde tun? Sich am besten umgehend Themen wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht widmen, empfahl Louen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort