Streit um Griechenland - Klare Haltung gegenüber Moskau

Brüssel · Die Bemühungen zur Rettung des in akute Finanznot geratenen Euro-Mitglieds Griechenland sorgen in der Europäischen Union für neuen Streit.

 Griechenlands Regierungschef Tsipras spricht nach seiner Ankunft in Brüssel zu Journalisten. Foto: Stephanie Lecocq

Griechenlands Regierungschef Tsipras spricht nach seiner Ankunft in Brüssel zu Journalisten. Foto: Stephanie Lecocq

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Beim EU-Gipfel in Brüssel verlangte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras von den Europartnern mutige Vorschläge - womit Athen strenge Auflagen der Geldgeber umgehen will. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel trat auf die Bremse: "Erwarten Sie keine Lösung, erwarten Sie keinen Durchbruch", sagte sie am Donnerstag in Brüssel.

In der Ukraine-Krise stellten die EU-Staats- und Regierungschefs die Weichen für eine Verlängerung der europäischen Wirtschaftssanktionen gegen Russland bis Ende des Jahres. Die derzeit bis Ende Juli befristeten Handels- und Investitionsbeschränkungen sollen erst dann aufgehoben werden, wenn die wichtigsten Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt erfüllt sind. Das umfangreiche Abkommen sieht bei den Kernpunkten einen Zeitplan bis Jahresende vor. Die endgültige Entscheidung muss der EU-Ministerrat vor Ablauf der Juli-Frist treffen. EU-Gipfelchef Donald Tusk sagte am Abend, die Wirtschaftssanktionen würden an die vollständige Umsetzung des Minsker Abkommens gekoppelt.

Mit der Bindung der Sanktionen an den Friedensplan wollen die EU-Staaten Kremlchef Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten in der Ostukraine für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen. Europäische Diplomaten gehen davon aus, dass die Sanktionen Russland bereits einen dreistelligen Milliarden-Dollar-Betrag gekostet haben.

In der Griechenland-Frage wollte Merkel gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande bei einem Treffen im kleinen Kreis am späten Abend Möglichkeiten ausloten. Das verärgerte viele kleine EU-Staaten, die sich übergangen fühlten.

Tsipras forderte zum Auftakt des EU-Gipfels: "Die EU braucht kühne politische Initiativen." Zuvor hatte das vor Milliarden-Rückzahlungen stehende Euroland ein akutes Liquiditätsproblem eingeräumt. Die Geldgeber halten das Konzept Athens zur Überwindung der Schuldenkrise aber nicht für überzeugend. Einen solchen Plan haben die Finanzminister der Euro-Staaten zur Voraussetzung für weitere Kredite gemacht. Der Gipfel wird am Freitag fortgesetzt.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem gab zu bedenken, der von den Griechen gemachte Fortschritt "scheint klein zu sein". Die Euroländer stünden bereit, Griechenland zu unterstützen, das allerdings seine Verpflichtungen erfüllen müsse: "Es ist noch eine Menge Arbeit zu tun." Es müsse jetzt schnell gehen. "Die Zeit läuft ab."

Die Regierung des linken Ministerpräsidenten Tsipras hat ihren Wählern versprochen, die für soziales Elend verantwortlich gemachte Sparpolitik zu beenden. Gespräche mit Vertretern der früher Troika genannten Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) sind unterbrochen.

Zwischen den EU-Staaten sorgte das Vorpreschen von Deutschland und Frankreich für Unmut. Nach Angaben von EU-Diplomaten hatten die drei Benelux-Staaten vor dem Gipfel EU-Gipfelchef Tusk ihre Bedenken vorgetragen. Der belgische Premier Charles Michel kritisierte in ungewöhnlich deutlicher Form das Vorgehen: "Ich schätze diese Methode nicht."

Kanzlerin Merkel versuchte, die Bedenken der kleineren Länder zu zerstreuen: "Entscheidungen werden in der Eurogruppe gefällt und dabei bleibt es auch." Die Eurogruppe ist die Runde der Finanzminister der 19 Euroländer.

Die EU-Länder beschlossen, angesichts der Spannungen mit Russland in der Energiepolitik enger zusammenzuarbeiten. Die Staats- und Regierungschefs legten die Grundlagen für eine "Energie-Union", die auch die 28 nationalen Energiemärkte enger verbinden soll.

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