Genfer Autosalon - Traum und Wirklichkeit

Der 84. Genfer Salon gibt sich ungewohnt bodenständig, zeigt aber auch faszinierende Entwürfe und rassige Sportwagen.

 Schon ausverkauft: der 3,33 Millionen Euro teure und 1000 kW/1360 PS starke Koenigsegg Agera One:1.

Schon ausverkauft: der 3,33 Millionen Euro teure und 1000 kW/1360 PS starke Koenigsegg Agera One:1.

Foto: Geiger

So ein Gedränge kennt man sonst nur von Ferrari, Maserati oder Porsche. Doch an diesem Morgen auf dem Genfer Autosalon (Publikumstage: 6. bis 16. März), der Auftaktveranstaltung für den europäischen Autofrühling, ringen die Fachbesucher nicht um den besten Blick auf einen neuen teuren Supersportwagen. Was in der Stadt am Lac Léman gerade Premiere feiert, ist ein Modell vom anderen Ende der Begehrlichkeitsskala: der neue Renault Twingo - ein Kleinwagen von rund 3,60 Metern Länge, der im Lauf des Sommers für Preise um 10 000 Euro in den Handel kommen wird.Einen ähnlichen Rummel gibt es wenig später an den Messeständen von Peugeot, Citroën und Toyota.

Dort drehen sich zum Generationswechsel die baugleichen Kleinwagen 108, C1 und Aygo im Rampenlicht. Diese mit bunten Anbauteilen und pfiffigen Detaillösungen alles andere als einfallslosen Großstadtautos geben den Ton vor für eine Messe, die sich in diesem Jahr ungewohnt bodenständig gibt: Zwar sprechen Analysten wie Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen von prosperierenden Märkten und einer guten Wirtschaftslage. Doch Traumwagen und PS-Protze spielen diesmal eine Nebenrolle: "Die Stimmung ist gut, und die will sich die Industrie nicht mit fernen Visionen vermiesen", sagt der Experte. "Die Branche setzt auf konventionelle Fahrzeuge, die gute Geschäfte ermöglichen sollen."

Videos der Hersteller Genf 2014: Mazda

Einen ähnlichen Rummel gibt es wenig später an den Messeständen von Peugeot, Citroën und Toyota. Dort drehen sich zum Generationswechsel die baugleichen Kleinwagen 108, C1 und Aygo im Rampenlicht. Diese mit bunten Anbauteilen und pfiffigen Detaillösungen alles andere als einfallslosen Großstadtautos geben den Ton vor für eine Messe, die sich in diesem Jahr ungewohnt bodenständig gibt: Zwar sprechen Analysten wie Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen von prosperierenden Märkten und einer guten Wirtschaftslage. Doch Traumwagen und PS-Protze spielen diesmal eine Nebenrolle: "Die Stimmung ist gut, und die will sich die Industrie nicht mit fernen Visionen vermiesen", sagt der Experte. "Die Branche setzt auf konventionelle Fahrzeuge, die gute Geschäfte ermöglichen sollen."

Auch die deutschen Autohersteller backen in dieser Stimmung vergleichsweise kleine Brötchen: Der Star am VW-Stand ist die SUV-Studie T-Roc, die nach Angaben von Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer einen Geländewagen auf Basis des Polo vorwegnimmt und einen sehr konkreten Hintergrund hat: "Wir würden ihn gerne bauen und sind gespannt, was Sie dazu sagen", ruft Neußer den Messegästen entgegen. Der T-Roc ist übrigens nicht der einzige neue Geländewagen mit knapperen Abmessungen: Auch Jeep übt sich im Downsizing und bringt mit dem Renegade auf Basis des Fiat 500L den kleinsten Allradler in der fast 80-jährigen Firmengeschichte auf den Weg.

Wie VW streben die Tochtermarken des Konzerns nach Bodenhaftung: Bei Skoda ist diese ohnehin programmatisch angelegt und wird auch nicht durch den Vision C widerlegt. Die viertürige Coupé-Studie spielt zwar mit vielen Luxusextras wie dem Zierrat auf Kristallglas und sieht aus, als hätte sie mindestens 300 PS. Doch unter der Haube steckt ein 1,4 Liter großer Erdgas-Motor mit 81 kW/110 PS. Und wenn der Wagen in ein, zwei Jahren die Lücke zwischen Octavia und Superb füllt, wird er wohl kaum mehr als 30 000 Euro kosten. Schätzungsweise in der gleichen Liga, zumindest hinsichtlich des Einstiegspreises, wird auch der neue Audi TT fahren. So zeigt die Premiummarke immerhin, dass schöne und sportliche Autos keine unbezahlbaren Traumwagen bleiben müssen.

Auch Ford und Opel machen in der Aufbruchstimmung alles andere, als das Portemonnaie der Kundschaft allzu sehr zu belasten. Bei den einen steht ein überarbeiteter Focus und bei den anderen zwei neue Varianten des Opel Adam. Ins gleiche Horn stoßen die französischen Hersteller: Citroën nimmt mit dem C4 Cactus die Idee der Ente wieder auf, reduziert das Auto nach eigener Lesart auf das Wesentliche. Und Peugeot reicht den frisch zum "Auto des Jahres" gekürten 308 jetzt als Kombi nach.

Selbst die sonst so auf Premium bedachte Marke BMW übt sich in Basisarbeit und stellt in Genf den 2er Active Tourer in den Mittelpunkt. Kein Sportwagen, kein Coupé: Es handelt sich um den ersten Van in der Firmengeschichte, in den BMW neben einem Dreizylinder auch noch den für die Marke untypischen Frontantrieb eingebaut hat - da müssen sich die Kunden schon umstellen. "Aber das Segment wächst, und wir wollen dort künftig mitspielen", sagt Produktmanager Frank Niederländer. Die BMW-Marke Mini geht den umgekehrten Weg und probt das Wachstum: Das Clubman-Konzept als Vorbote eines neuen Kombis misst 4,22 Meter und ist damit der bisher größte Mini.

Bei aller Konzentration auf Brot-und-Butter-Autos bleibt für den Blick in die Ferne nicht mehr viel Raum. Zukunftsträchtige Studien, Showcars und Designvisionen haben die Hersteller kaum aufgefahren. Autos wie der Hyundai Intrado als sportlicher Geländewagen mit Brennstoffzellen-Antrieb, der Subaru Viziv2 als futuristisches Raumkonzept oder das Volvo Estate Concept als schmucker Shooting-Break sind die Ausnahme. Auch über alternative Antriebe spricht man auf dem Salon in diesem Jahr nicht viel: In diesem Bereich die wohl wichtigste Premiere ist der VW Golf GTE, mit dem die Plug-in-Technik nun auch im meistverkauften Auto Deutschlands Einzug hält. "Die alternativen Antriebe werden in Genf in diesem Jahr offensichtlich aufs Abstellgleis geschoben", urteilt Dudenhöffer.

Zwar sind diesmal tatsächlich vor allem die bürgerlichen und bezahlbaren Autos die Stars des Salons. Doch so ganz lassen die Hersteller die Sportwagen, die sie traditionell gern in Genf vorführen, doch nicht außen vor. Wer wirklich staunen will, muss dieses Mal allerdings zu den Kleinserienherstellern und Designstudios wie Pininfarina, Giugiaro oder EDAG und Zenvo gehen. Sie alle zeigen kühne Träume und wollen diese auch ausleben. So soll der Zenvo ST1 aus Dänemark mit seinen 812 kW/1104 PS tatsächlich in Serie gehen - für rund eine Million Euro. Bei dem spektakulären Maserati Alfieri, der als neues Einstiegsmodell der italienischen Sportwagenmarke fungieren könnte, ist dies jedoch noch fraglich. Lamborghini zeigt den Huracán als Nachfolger des Einstiegsmodells Gallardo, und für solvente Schnellfahrer hat McLaren den 650S im Gepäck und Koenigsegg den Agera One:1 mit verblüffenden 1000 kW/1360 PS.

An geldschwere Genießer denkt man auch wieder bei Bugatti mit einem Sondermodell des Veyron-Roadsters, bei Mercedes mit dem Coupé der S-Klasse oder bei Rolls-Royce mit einem überarbeiteten Ghost. Der vielleicht schönste neue Sportwagen ist der Alfa 4C Spider. Mit gerade einmal 176 kW/240 PS ist er aber alles andere als ein Supersportler und noch eine Studie.

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