Land Rover Freelander: Überzeugender Offroader als halbes Cabrio

Unter den vier britischen Marken Rover, Mini, MG, und Land Rover, die die Rover-Gruppe bilden und die 1994 von BMW übernommen wurden, ist Land Rover die profitabelste. Nicht ohne Stolz verrät Dieter Laxy, Geschäftsführer der Rover Deutschland GmbH, einen der Gründe: "Land Rover hat ein sehr scharfes Markenprofil.

Land Rover war und ist Trendsetter im 4x4-Bereich." Nur den Trend zu kleinen Fun-Geländewagen, den Suzuki einst begründete und den Toyota mit dem Fun-Cruiser RAV-4 fortsetzte, hätten die konservativen Ingenieure auf der Insel beinahe verschlafen.

Doch ganz so isoliert ist auch der britische Markt in Europa nicht mehr, und spät aber nicht zu spät schufen die Land Rover-Manager neben dem klassischen Land Rover Defender, dem Range Rover und dem Land Rover Discovery mit dem Freelander die vierte Modellreihe. Laxy unterstreicht die Abgrenzung zu japanischen Anbietern: "Unsere Kernkompetenz beruht darauf, daß wir im Gegensatz zu anderen Herstellern eben nicht in einen Baukasten greifen, um aus verschiedenen Komponenten, die eigentlich für Personenwagen gedacht waren, ein vermeintliches hundertprozentiges Offroad-Produkt zu entwickeln."

Zwar ist der 1,8-Liter-Vierzylinder-Motor des Freelander schon aus dem Roadster MGF bekannt, doch der Rest ist neu. Das sind vor allem ein eigenes Chassis statt einer Konzern-Bodengruppe und echte Technik-Innovationen.

Der Freelander verfügt über permanenten Vierradantrieb und verteilt die Vortriebskraft, die im Straßenbetrieb zuerst an die Vorderräder gelangt, bei auftretendem Schlupf automatisch und mittels Viscokupplung optimal auf beide Achsen. ETC heißt die elektronische Traktionskontrolle, die das Durchdrehen einzelner Räder verhindert und die ihre Informationen von den ABS-Sensoren erhält. Eine Geländeuntersetzung, die langsame Bergabfahrt im schwierigen Gelände erst ermöglicht, sparten sich die Techniker. Statt dessen gaben sie dem Freelander das patentierte Hill-Descent-Control-System mit auf den Weg. Aktiviert durch einen gelben Knopf am Schalthebel arbeitet die serienmäßige ABS-Bremse quasi automatisch und verhindert, daß der Wagen schneller als mit 7 bis 9 km/h bergab rollt. Der Fahrer muß sich in solch schwierigen Situationen dann nur noch auf das Lenken konzentrieren. Das fällt dank gut übersetzter Servolenkung sowie angenehm griffigem Lenkrad leicht und macht nicht nur im Gelände Spaß.

Auch auf asphaltierten Straßen, wo der Freelander - wie alle Mobile seiner Gattung - die meisten Kilometer abspult, ist der Fahrspaß ein Genuß ohne Reue. Der sehr gute Federungskomfort verblüfft alle, die einen hart gefederten Off-Roader erwarten, und das sichere Fahrverhalten erlaubt trotz des hohen Schwerpunktes und der Seitenneigung in Kurven eine flotte Fahrweise.

Dazu paßt der 120 PS starke Vierzylinder mit dem serienmäßigen Fünfganggetriebe bestens. Der Testverbrauch beträgt im Schnitt 9,8 l/100 km. Bei hohem Autobahntempo, dann zeigt der Tacho über 180 km/h und echte 170 km/h liegen an, genehmigt sich der Vierventiler auch einmal 12 l/100 km. Selbst bei so schnellen Autobahnetappen bleibt das Geräuschniveau erfreulich niedrig. Sogar das Halb-Cabrio-Verdeck der getesteten Softback-Version blieb bei Vollgas straff und ruhig. Der Auf- und Abbau der Vinyl-Konstruktion beim getesteten Softback verschlingt ungefähr soviel Zeit wie das Verzurren aller Planen an einem 40-Tonnen-Sattelzug, lohnt sich also nur bei längeren Schönwetterphasen im Mittelmeerraum.

Aber auch bei geschlossenem Verdeck sorgen seitliche Ausstellfenster und die elektrisch versenkbare rahmenlose Scheibe in der Hecktür ganz nach Belieben für frisches Klima im Innenraum. Schade nur, daß die Hecktür, an der auch das Reserverad befestigt ist, beim Freelander stets rechts angeschlagen ist. Hier verrät sich eine Lösung für die Insel, denn nur wer im Linksverkehr am linken Straßenrand parkt, der muß nicht um diese Tür herumlaufen, um den 371 Liter fassenden Laderaum zu füllen.

Gar nicht britisch oder gar konservativ präsentiert sich das Design des Freelander. Modern, rundum gelungen und größer und bulliger als er in Wirklichkeit ist, kommt er daher. Mit dieser Form gehorcht er praktischen Anforderungen und verkörpert trotzdem Stil und Image von Land Rover. Projektleiter Gerry McGovern nennt dies "visuelle Solidität und Funktionalität." Besonders der große vordere Kunststoff-Stoßfänger wirkt schon ohne stählernen Rammschutzbügel sehr respekteinflößend. Das ist gut so, denn gerade Metallbügel an der Front von Geländewagen gefährden Fußgänger bei Kollisionen extrem und kommen mehr und mehr ins Gerede. McGovern: "Wir haben uns bewußt für den grauen Stoßfänger entschieden, so wirkt der Wagen noch höher als er es wirklich ist."

Kein Zweifel, der Freelander entpuppt sich auch in der 38 900 Mark teuren Einstiegs-Version optisch, technisch und in der alltäglichen Praxis als überzeugender Off-Roader.

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