Renault Vel Satis: Die Passagiere gehen an Bord

Mit einem mutigen Konzept und avangardistischem Design schicken die Franzosen den Vel Satis ins Rennen um Kunden und Marktanteile. Komfort ist Trumpf

Renault Vel Satis: Die Passagiere gehen an Bord
Foto: Werksfoto

Bei Renault hält die Avantgarde Einzug. Spätestens mit der großen Reiselimousine Vel Satis brechen die Franzosen mit der traditionellen Formensprache und wagen ein Experiment. Und das gerade in der Klasse, in der keiner der noblen Anbieter, überwiegend aus deutschen Landen, bereit ist, vom Stufenheck abzurücken.

Der Vel Satis wird ab Ende April zu Basispreisen zwischen 29 500 Euro und 37 100 Euro auf dem deutschen Markt eingeführt. Die Maße allein machen den Unterschied nicht aus: 4,86 Meter sind es in der Länge, 1,86 Meter in der Breite, immerhin 1,58 Meter in der Höhe. Eher wuchtig, aber doch lang gestreckt wirken die Frontpartie und die Passagierzelle, die bis zum Heck reicht. Hier scheiden sich die Geister: Ist das Hinterteil mit der weit in die Seitenpartie gezogenen Heckscheibe nun knackig kurz oder ausladend wie bei einem Kombi? Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, und mag sein, dass vor allem die französische Kundschaft mit diesen Formen keine Probleme hat.

Rein sachlich können kritische Teutonen an dem Konzept eigentlich nur bemängeln, dass Fondpassagieren bei einem Stopp und dem Öffnen der Heckklappe der Wind in den Nacken blasen kann. Gerade in Sachen Komfort verspricht der Vel Satis viel und kann das Versprechen auch weitgehend einlösen. Es fängt schon beim Einsteigen an: "In diese Limousine steigt man nicht ein, hier gehen die Passagiere an Bord", meint der stellvertretende Vorstandschef von Renault.

Tatsächlich ist beim Vel Satis die Dachhöhe rund 13 Zentimeter höher und die Sitzhöhe zehn Zentimeter höher als bei den Konkurrenten. Nicht zuletzt dank des 2,84 Meter langen Radstandes fühlen sich die Fondinsassen fürstlich untergebracht. Zudem müssen die Beine nicht abgeknickt werden, was sich besonders auf langen Reisen bewährt.

Die überdurchschnittliche Bewegungsfreiheit, die gute Rundumsicht und der helle Innenraum tragen zur Wohlfühlatmosphäre bei. Verstärkt wird der angenehme Eindruck in den Top-Varianten oder gegen Aufpreis durch hochwertige Bezugsstoffe und Materialien wie Leder und Einlegearbeiten á la Schiffskajüte in Holz. Als souveräne Motorisierung stehen zwei Sechszylinder, ein Benziner und ein Diesel parat, beide ausschließlich mit fünfstufigem "Proaktiv"-Automatikgetriebe kombiniert.

Der Benziner 3,5-Liter-V6 leistet 177 kW/240 PS und fährt sich standesgemäß kultiviert. Er bewegt das knapp zwei Tonnen schwere Fahrzeug mit einer gewissen Leichtigkeit; in der Euro-Norm wird sein Verbrauch mit 11,5 Liter auf 100 Kilometer angegeben. Sparsamer gibt sich der von Isuzu gelieferte 3,0-Liter-V6 mit Diesel-Direkteinspritzung im Common-Rail-Verfahren. Er liegt laut Norm bei 8,7 Liter auf 100 Kilometer, benötigt aber bis auf Tempo 100 mit 10,5 Sekunden rund zwei Sekunden mehr als die Otto-Version.

In der Spitze läuft der drehmomentstarke Selbstzünder 210 km/h (Benziner: 235 km/h). Der 3.5-V6 kostet voraussichtlich 37 100 Euro, der Diesel-V6 etwa 35 600 Euro. Für die Privilége-Ausstattung zahlt der Kunde 3 500 Euro, für den noch luxuriöseren Initiale weitere 4 500 Euro. Renault bietet den Vel Satis außerdem mit einem 2.0-16 V-Turbo-Benziner (120 kW/163 PS) und einem 2.2-dCi-Diesel (110 kW/150 PS) an. Keine Frage, das Modell der "Oberklasse", wie es die Franzosen einstufen, gleitet komfortabel und leise dahin.

Sportlich durchfahrene Kurven liegen ihm weniger als manchem agil ausgelegten Wettbewerber, dafür ist die Fahrstabilität und der Geradeauslauf bei höheren Geschwindigkeiten vorzüglich. Verglichen mit französischen Autos vergangener Zeiten ist der Vel Satis auf unebener Fahrbahnoberfläche fast schon ein bisschen zu straff gefedert.

Kleinere Schwächen an den Vorserienfahrzeugen sollen bis zum Start auf dem deutschen Markt behoben sein. So lässt sich die Dosierbarkeit der Bremsen noch verbessern. Jetzt spürt man beim Pedal kaum Gegendruck, am Bremspunkt setzt dann allerdings die Wirkung recht abrupt ein. Der Fahrkomfort bei niedrigem Tempo könnte noch etwas besser sein.

Der französische Hersteller leitet geradezu einen modellpolitischen Kulturwandel in diesem Segment ein. Das Coupé Avantime und jetzt der Vel Satis definieren die "Oberklasse" neu und stehen zumindest mit dem ungewöhnlichen Design auf dem Prüfstand. Der Vel Satis tritt gegen etablierte Konkurrenz wie die neue Mercedes E-Klasse, den Fünfer-BMW und den Audi A 6 an. Aber auch gegen den Volvo S 80 und Peugeot 607, die derzeit an den Spitzenpositionen unter den Importeuren in diesem Segment liegen. Doch mit gut 5 000 Einheiten im Jahr will künftig Renault diesen Rang in Deutschland erobern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort