VW Tiguan und Toyota RAV 4: Spät, aber nicht zu spät

VERGLEICH Der VW Tiguan ist im Segment der kompakten Geländewagen einNachzügler, kann sich aber im Duell mit dem Klassiker RAV 4 von Toyota gut behaupten.

VW Tiguan und Toyota RAV 4: Spät, aber nicht zu spät
Foto: Werksfoto

Kompakte Geländewagen sind nicht zuletzt wegen ihrer praktischen Karosserien und dem Allradantrieb gefragt. Seit November wird der neue Tiguan von VW ausgeliefert. Er trifft auf alte Konkurrenten, darunter Nissan X-Trail, Honda CR-V oder auf den Gegner im Test, den Toyota RAV4.

Hinzugesellt haben sich in jüngster Zeit einige SUVs wie der Opel Antara, Nissan Qashqai, Mitsubishi Outlander und Peugeot 4007. Der Vergleich zeigt, dass sich das Warten auf den Spätstarter Tiguan gelohnt hat. Die Wolfsburger sehen den späten Start in ein boomendes Segment als Chance.

Im Test unterstreicht der Neue, dass er agil und komfortabel wie eine Limousine, variabel und geräumig wie ein MPV ist. So hat der Tiguan sogar das Zeug zum Marktführer. Wie seine Kontrahenten ist er geräumig, selbst auf den Fondsitzen gibt es viel Platz, und der Einstieg ist dank der Karosseriehöhe bequem.

Im Vergleich mit dem RAV4 wird der erste Unterschied bei der Gepäckraumgröße deutlich: Nur 469 Liter passen in den Norm-Stauraum, beim Tiguan sind es 505 Liter im glattflächigen Abteil. Die Zuladekapazität reicht beim VW völlig aus; beim Toyota ist sie noch höher. Dafür muss der Kunde bei ihm die rechts angeschlagene Hecktür in Kauf nehmen, während der Tiguan auf die praktische Heckklappe mit niedriger Ladekante setzt.

Die Rücksitzbank ist im Tiguan um 16 Zentimeter in Längsrichtung verschiebbar (zudem geteilt-umklappbar und in der Rücksitzlehnenneigung verstellbar). Besonders übersichtlich und hochwertig wirkt das Cockpit im Tiguan. Spielereien mit vielen kleinen Knöpfen sind ihm und seinen Insassen fremd.

Nur am optionalen, neuen Navigationssystem mit Touchscreen-Bedienung von Siemens scheiden sich die Geister; manche mögen eben lieber konventionelle Geräte wie das bisherige von Blaupunkt. Im Fond ist es (fast) wie im Flugzeug: Tabletts lassen sich aus den Sitzlehnen der Vordersitze herausklappen.

Zum ersten Mal setzt VW im Tiguan einen Common Rail-Diesel ein, bisher gaben die Wolfsburger dem Pumpe-Düse-Einspritzverfahren den Vorzug. Der 103 kW/ 140 PS starke 2.0 TDI erfüllt bereits heute die 2009 gültige EU 5-Abgasnorm. Im Toyota RAV4 arbeitet ein 2,2-Liter-Diesel mit geringfügig geringerer Leistung (100 kW). Er tritt nicht nur kräftig auf, sondern hat es mit dem 130 Kilogramm weniger wiegenden RAV4 leichter.

In den Fahrleistungen schlägt sich das allerdings nur in der Beschleunigung nieder - in der Elastizität und in der Spitze hat der Tiguan die Nase vorn. Bei den Verbrauchswerten schneidet der RAV4 von den Normwerten her mit 6,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer (175 g/km CO2) im EU-Mix günstiger ab als der Tiguan mit 7,2 Liter pro 100 Kilometer (189 g/km CO2). Aber in der Praxis konnte er mit nur 7,9 l/100 km glänzen, das sind immerhin 0,4 Liter weniger als der RAV4.

Der permanente Allradantrieb bei VW heißt er 4MOTION - bringt nicht nur im Gelände, sondern auch auf der Straße Vorteile, nicht zuletzt bei der Fahrsicherheit. Die Kraftverteilung erfolgt automatisch, was insbesondere im Winter sinnvoll ist. Der Tiguan wird wie der RAV4 manuell über ein Sechsganggetriebe geschaltet.

VW bietet optional eine Sechsgangautomatik an, die ebenso wie der Handschalter für spezielle Offroad-Qualitäten sorgt. Beim Handschalter kann mit einer Drehzahl von nur 1 000 Touren mit knapp 7 km/h gefahren werden, das entspricht praktisch dem Kriechgang eines Untersetzungsgetriebes.

Die kompakten 4x4-Allrounder sind freilich überwiegend auf der Straße unterwegs. Besonders wohl fühlen sich die Insassen im Tiguan: Die Fahrwerksabstimmung erscheint hier am besten gelungen. Unebenheiten, ob Querfugen oder Bodenwellen, bügelt er gekonnt weg. Der RAV4 steckt schlechtere Wegstrecken nicht so gut weg und selbst auf ordentlichen Autobahnabschnitten vermag die Federung/Dämpfung nicht alles wegzufiltern.

Dank der serienmäßigen Antischleudersysteme ESP ist die Fahrsicherheit kaum noch ein Thema. Doch im direkten Vergleich spürt man, dass der VW Tiguan (im Gegensatz zum RAV4) sogar in schnell durchfahrenen Kurven durch nichts zu erschüttern ist. Das gilt weitgehend auch für die Bremsen der beiden Kandidaten. Allerdings zeigten Tests der Autofachzeitschrift ams Schwächen auf unterschiedlich griffigen Straßenbelägen.

Was besonders auffiel: Der Tiguan, von der Basis her der große Bruder des Golf, lässt sich on- und offroad mit einer in dieser Klasse ungewohnten Leichtigkeit bewegen. Die Lenkung arbeitet bemerkenswert präzise; sie hinterlässt im Vergleich zum RAV4 einen noch besseren Eindruck.

Als Zugfahrzeug kann der Tiguan 2.0 TDI bis zu 2,2 Tonnen (gebremst bei maximal zwölf Prozent Steigung) an den Haken nehmen - ein Bestwert im Segment und 200 Kilogramm mehr als beim RAV4.

Geschickt löst Volkswagen das Problem der herausschwenkbaren Anhängerkupplung: Sie wird über einen Seilzug einfach, sauber und in Sekundenschnelle betätigt. Die Montage samt Einrasten gehört der Vergangenheit an, ein Schubs mit dem Fuß reicht zum sicheren Arretieren aus. Das Einrasten signalisiert ein LED-Lämpchen.

Der 4,43 Meter lange Tiguan vermittelt den VW-typischen, soliden Eindruck. Er meistert souverän alle Anforderungen an einen Reise- und Geländewagen. In der Summe seiner Eigenschaften macht er mehr Punkte als der Toyota-SUV.

Dazu trägt nicht zuletzt der Preis bei: 30 700 Euro kostet der Tiguan 2.0 TDI Sport & amp; Style und damit 2 800 Euro weniger als der Toyota RAV 4 2.2 D-4D Cross Sport. Unter dem Strich herrscht allerdings fast Gleichstand, denn bei VW zahlt man (wenn gewünscht) für Navi, Metallic-Lackierung und Sitzheizung extra.

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