Tafel deckt den Tisch Frisches Obst ist für viele Luxus

Tafeln in Bonn und der Region decken für Bedürftige den Tisch. Gerade Senioren sind von der Altersarmut betroffen und sind auf die Lebensmittelversorgung der Tafel angewiesen.

 Für viele Bedürftige sind frische Lebensmittel im Geschäft oft viel zu teuer. Die Bonner Tafel füllt ihre Einkaufstaschen.

Für viele Bedürftige sind frische Lebensmittel im Geschäft oft viel zu teuer. Die Bonner Tafel füllt ihre Einkaufstaschen.

Foto: barbara frommann/BARBARA FROMMANN

Die Schere geht immer weiter auseinander: Während die einen in Wohlstand und Überfluss leben, reicht es bei den anderen kaum zum Überleben. „Ich hätte nie gedacht, dass ich am Ende meines Arbeitslebens ein so karges Dasein fristen muss“, sagt Hermann S.

Geboren in Dresden, verlor der Gerüstbauer nach dem Mauerfall seine Arbeit. Er schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, lebte von der Hand in den Mund. Dann ging seine Ehe in die Brüche. „Damals bin ich vollkommen aus der Bahn geworfen worden und nie mehr so richtig auf die Beine gekommen“, erzählt der 78-jährige Bonner. Jetzt lebt er ein sehr bescheidenes Leben. „Wenn ich ein Paar neue Schuhe brauche, dann muss ich erst darauf sparen. Selbst wenn die alten Schuhe eigentlich längst in den Müll gehören.“

Die finanzielle Not ist allgegenwärtig. Dass Hermann S. arm ist, das zeigt bereits ein flüchtiger Blick in seine Einkaufstasche. „Natürlich esse ich auch gerne Fleisch. An den Geschmack der Frikadellen, die meine Mutter früher jeden Freitag gebraten hat, werde ich mich immer erinnern“, lächelt er.  Frisches Fleisch, Wurst sowie Obst sind für ihn längst Luxus. Seit einiger Zeit geht er regelmäßig zur Bonner Tafel. „Ich bin wirklich sehr froh, dass ich hier das bekomme, wofür mein Geld nicht reicht. Ohne die Tafel käme ich nicht über die Runden.Viele Lebensmittel sind im Geschäft viel zu teuer für mich.“

So wie dem 78-Jährigen geht es vielen Menschen in Bonn und der Region. Sie sind darauf angewiesen, dass die Tafel ihren Tisch deckt. Betroffen sind auch viele Senioren. So versorgt die Bonner Tafel derzeit 302 Ältere mit Lebensmitteln (81 Ehepaare sowie 140 Alleinstehende). In Rheinbach und in Meckenheim deckt die Tafel für insgesamt 75 Senioren, die älter als 65 Jahre alt sind, den Tisch. Besonders hoch ist ihr Anteil in Meckenheim. Dort werden regelmäßig 64 Bedürftige betreut, während es in Rheinbach elf sind. In beiden Städten kommen mehr Frauen als Männer. Insgesamt wurden im Oktober in Rheinbach und Meckenheim 331 Bedürftige versorgt (131 Rheinbach sowie 200 in Meckenheim).

Wie wichtig ihre Arbeit ist, das sehen die vielen ehrenamtlichen Helfer Tag für Tag. „Von der Landes- und Bundes-Politik wünsche ich mir eine stärkere Unterstützung im Hinblick auf das Requirieren von Lebensmitteln. Schön wäre es, wenn es in Deutschland eine Andienungspflicht der Lebensmittelunternehmen und -märkte für nicht vermarktete Lebensmittel an die Tafeln gäbe. In Frankreich sind die Unternehmen gesetzlich verpflichtet, sie an die Tafeln abzugeben“, appelliert Uwe Petersen, Vorsitzender der Tafel Rheinbach-Meckenheim.

Hermann S. strahl über das ganze Gesicht. In seiner Tasche sind Salat, Trauben, Milch, Joghurt, Brot sowie ein paar Konserven. Und: „Ich habe diesmal sogar ein schönes Stück Apfelkuchen bekommen. Das werde ich am Nachmittag genießen“, strahlt der 78-Jährige über das ganze Gesicht und macht sich auf den Weg nach Hause. In ein paar Tagen wird er wiederkommen.

Auch Rita S. hat arbeitsreiche Jahre hinter sich. Genießen kann sie ihren Ruhestand dennoch nicht. „Ich komme seit einiger Zeit regelmäßig zur Lebensmittelausgabe in Meckenheim“, erzählt sie. „Es ist schön, dass man hier ein Herz für uns hat und alle die gleichen Sorgen und Probleme teilen“, erzählt die gebürtige Rheinländerin. „Dennoch habe ich mich sehr geschämt, als ich erstmals hier war. Heute weiß ich, dass viele Senioren ein ähnliches Leben leben wie ich. Ich freue mich nicht nur über die Hilfe, sondern auch darüber, hier mit anderen ins Gespräch zu kommen. Hier sind wir alle gleich und alle haben die gleichen Sorgen. Die gegenseitige Unterstützung ist für mich unverzichtbar.“

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