SPD ringt um Neustart Weil will bis Anfang 2019 Klarheit über GroKo

Berlin · Wie will die SPD aus ihrer Krise kommen? Die Parteispitze berät nach schweren Wahlniederlagen über ihren Kurs. Führende SPD-Politiker wollen Klarheit über das Bündnis mit der Union.

 Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil fordert Klarheit in der Frage zur Fortsetzung der GroKo bis Ende des Jahres.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil fordert Klarheit in der Frage zur Fortsetzung der GroKo bis Ende des Jahres.

Foto: Holger Hollemann

Führende SPD-Politiker wollen nach heftigen Konflikten bald Klarheit über die Zukunft der großen Koalition. Bis zum Jahresanfang 2019 müsse die Entscheidung fallen, ob das Regierungsbündnis weiter Bestand habe, sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil der "Welt".

"Dann muss klar sein, ob es noch einen Neustart dieser Bundesregierung geben kann", sagte Weil mit Blick auch auf die Neubesetzung der CDU-Spitze. "Sicher bin ich da jedenfalls nicht."

Weil erwartet von der Neuwahl der CDU-Spitze "auf jeden Fall" einen Rechtsruck der Partei. Dies sei unabhängig davon, ob der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn oder CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem Parteitag im Dezember die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel an der CDU-Spitze antrete. Die SPD strebe zwar keine Neuwahl an, sei aber jederzeit "aktionsfähig".

Die SPD-Spitze setzte am Montag ihre Klausurtagung fort. Am Mittag will sich SPD-Chefin Andrea Nahles zu den Ergebnissen äußern. Nahles steht nach den Wahlschlappen in Hessen und Bayern innerparteilich unter Druck. Die SPD hatte angekündigt, nach der Hälfte der Legislaturperiode - also im Herbst 2019 - über einen Verbleib in der großen Koalition zu entscheiden. Juso-Chef Kevin Kühnert hatte zuletzt aber gefordert, die Entscheidung vorzuziehen. Auch die schleswig-holsteinische SPD hatte am Wochenende auf einem Landesparteitag in Kiel die Forderung nach einem Sonderparteitag beschlossen.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte seine Partei auf, weniger über Zeitpläne und mehr über Inhalte zu reden. "Es geht nicht um die Frage, wie Zeitpläne aussehen, wann Parteitage stattfinden, sondern es geht um die Frage, ob wir Antworten haben für die drängenden Probleme in unserem Land", sagte er im "ZDF-Morgenmagazin". Als Beispiele nannte er den Arbeitsmarkt oder das Rentensystem.

Der Kieler SPD-Landeschef und Bundesvize Ralf Stegner warnte erneut vor Personaldebatten in der Partei. Stattdessen müsse es vor allem um die "langen Linien" gehen, die SPD müsse für den sozialen Zusammenhalt und Weltoffenheit stehen, sagte Stegner in Berlin vor den Beratungen. "Ich glaube die SPD-Führung hat wirklich verstanden, in welcher schwierigen Situation wir sind. Wir sind auch ein Stück zusammengerückt dabei."

Die SPD müsse auch über die Dinge reden, die auf der Tagesordnung stünden. Er nannte das Klimaschutzgesetz, die Fachkräftezuwanderung, Mindestrente oder das Gute-Kita-Gesetz und den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft. "Das darf kein Elitenprojekt sein, sondern es muss so gemacht werden, dass die Regionen und Branchen wissen, dass da neue Arbeitsplätze wieder entstehen."

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Niels Annen sagte, die SPD müsse aufhören, sich mit sich selbst zu beschäftigen oder über vorgezogene Parteitage zu diskutieren. Die SPD müsse angesichts globaler Veränderungen als fortschrittliche Partei, aber auch als Volkspartei für Kompromisse und Zusammenhalt stehen und sich dafür auch "manchmal verprügeln lassen". Der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte Selbstbewusstsein sowie ein Ende der Diskussion über Personal und Parteitagstermine.

Die SPD bleibt - wie die Union - angesichts massiver Konflikte in der Koalition bundesweit im Umfragetief. Im RTL/N-TV-Trendbarometer des Forsa-Instituts liegt die SPD nur noch bei 13 Prozent, beim Emnid/"Bild am Sonntag" bei 14 Prozent (jeweils gegenüber der Vorwoche minus 1).

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