Luftangriff in Syrien Weißes Haus: Moskau für Attacke auf UN-Konvoi verantwortlich

New York · Verheerende Bilanz eines Angriffs: Viele Tote, zerstörte Lastwagen mit Hilfsgütern und ein Stopp aller UN-Hilfslieferungen in Syrien. Niemand will es gewesen sein, auch Moskau nicht. Washington sieht das anders und zeigt mit dem Finger auf Russland.

 Als Reaktion auf die Bombardierung haben die Vereinten Nationen alle Hilfsgütertransporte in Syrien gestoppt.

Als Reaktion auf die Bombardierung haben die Vereinten Nationen alle Hilfsgütertransporte in Syrien gestoppt.

Foto:  Syria Civil Defense

Das Weiße Haus macht Russland für die verheerende Attacke auf einen UN-Konvoi mit Hilfsgütern in Syrien verantwortlich. US-Regierungsbeamte sagten gar, dass nach einer vorläufigen Einschätzung davon ausgegangen werde, dass russische Kampflugzeuge den Konvoi angegriffen haben.

Russland wies zuvor bereits jede Verantwortung "mit Empörung" zurück, kündigte indes eine Untersuchung des Zwischenfalls an. "Das Militär wird die Vorgänge vom 19. September prüfen, um alle Details zu klären", teilte das Außenministerium in Moskau am Dienstagabend mit. Bei dem Angriff waren nach Angaben von Hilfsorganisationen über 20 Zivilisten getötet worden. Die UN stellten vorläufig alle Hilfslieferungen für Hunderttausende notleidende Zivilisten in Syrien ein.

"Alle unsere Informationen besagen eindeutig, dass dieses ein Luftangriff war, für den nur zwei Einheiten verantwortlich sein können: das syrische Regime oder die russische Regierung", sagte der stellvertretende Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes, am Dienstagabend (Ortszeit) in New York. "Auf jeden Fall machen wir Russland für Luftangriffe in dieser Gegend verantwortlich", sagte Rhodes.

Es werde nach einer vorläufigen Einschätzung davon ausgegangen, dass russische Kampflugzeuge den UN-Konvoi angegriffen haben, zitierte CNN am Dienstag zwei US-Regierungsvertreter, die nicht namentlich genannt wurden. "Alle Beweise, die wir haben, deuten auf diese Schlussfolgerung hin", sagte einer der beiden dem Sender. Ein Sprecher des Pentagons bestätigte das zunächst nicht.

Das Außenamt in Moskau wies davor schon Vorwürfe zurück, Russland könne verwickelt sein. "Mit Empörung nehmen wir die Versuche (...) wahr, der russischen und der syrischen Luftwaffe die Verantwortung für den Zwischenfall zu geben", hieß es nach Angaben der Agentur Interfax in einer Mitteilung. Für solche Anschuldigungen gebe es keine Beweise. "Das Militär wird die Vorgänge vom 19. September prüfen, um alle Details zu klären", hieß es weiter.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, auf Videoaufzeichnungen sei gut sichtbar, dass Terroristen mit einem Lastwagen den Konvoi begleiten würden. "Auf dem Fahrzeug steht ein großkalibriger Granatwerfer", sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Der Vizechef des Verteidigungsausschusses in Moskau, Franz Klinzewitsch, rief die USA mit Nachdruck zur Zusammenarbeit mit Russland im Syrien-Konflikt auf. "Ich sage nicht, dass die USA den Konvoi bombardiert haben. Aber es ist klar, dass sie den Konvoi schamlos für einen Informationskrieg benutzen", kritisierte er.

Trotz der gegenseitigen Schuldzuweisungen sollten die Bemühungen um eine Rettung des praktisch schon beendeten Waffenstillstands weitergehen. Die Außenminister aus mehr als 20 Staaten - darunter auch die USA und Russland - vereinbarten in New York am Rande der UN-Vollversammlung, ihre Bemühungen noch einmal zu intensivieren. Am Freitag soll bei einem weiteren Treffen Bilanz gezogen werden.

US-Präsident Barack Obama warb erneut für eine diplomatische Lösung des Konflikts. "In Syrien kann es am Ende keinen militärischen Sieg geben", sagte Obama bei seinem letzten Auftritt bei der UN-Generaldebatte. "Wir müssen den harten Weg der Diplomatie weiterverfolgen."

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, schätzte die Chancen für eine neue Feuerpause in Syrien allerdings derzeit als sehr gering ein. Russland trage nicht die Alleinschuld an der Lage in Syrien, sagte der SPD-Politiker dem "Mannheimer Morgen" (Mittwoch). "Einseitige Schuldzuweisungen sind nicht angebracht." Hilfreich könne ein direktes Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Wladimir Putin sein.

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