Pferde sind in Brauchtumszügen nicht verboten
Das ist auch Eichen bewusst. Jedes Jahr bekämen die Stadtsoldaten Zuschriften und Nachrichten zu diesem Thema. Eichen verweist aber auf die vielen Auflagen, die sich der Verein schon vor einiger Zeit selbst gegeben habe. Zudem seien kürzlich vom NRW-Umweltministerium Leitlinien erlassen worden, die in weiten Teilen genau das umfassen, was in Rheinbach schon seit Jahren gelebte Praxis sei. Die Regelung bestätige, dass Pferde in Brauchtumszügen nicht verboten sind, so Eichen.
Er überprüft auch, ob alle Rheinbacher Kavalleristen die Vorgaben erfüllen. So müssen alle, die im Zug mitreiten, den Reiterpass, ähnlich einem Führerschein für Reiter, vorweisen. Außerdem müssen sie regelmäßig gehen. Zu jedem Reiter und Pferd gehört eine Führperson.
Mitgehen dürfen nur ausgewählte Tiere. Die Rheinbacher Stadtsoldaten mieten die Pferde bei einem Reitstall, die Zusammenarbeit habe sich bewährt. Denn: „Dort werden die Pferde das ganze Jahr über dafür ausgebildet.“ Für Eichen zählt trotzdem am Ende der Eindruck vor dem Einsatz. Habe eines von den Tieren einen „schlechten Tag“, würde es sofort vom Zug ausgeschlossen, so Eichen. Wie die Stadtsoldaten die Zusammenarbeit von Pferd und Reiter sehen, lässt sich in der Festschrift des Vereins zur aktuellen Session nachlesen: „Da für die Mitglieder der Kavallerie das Wohlbefinden der Tiere an erster Stelle steht, wird immer im Umgang mit diesen besonderen Tieren auf deren Körpersprache geachtet. Wenn das Pferd sich einem zuwendet, sich streicheln lässt und seinem Reiter die volle Aufmerksamkeit schenkt, dann ist das ein Kompliment für die Seele.“
Medikamente für den Zug lehnen die Stadtsoldaten ab
In Rheinbach üblich und in den Leitlinien festgelegt ist zudem die Position der Reitergruppe im Veilchendienstagszug. Die Kavallerie führt ihn traditionell an. Damit könnten im Zweifelsfall Pferde nach vorne ausweichen, ohne auf Wagen oder Fußgruppen aufzulaufen.
An einem anderen Punkt gingen die Stadtsoldaten laut Eichen sogar über die Forderungen der Leitlinien hinaus. Die schreiben vor, dass entlang des ganzes Zugweges ein Tierarzt in zehn Minuten erreichbar sein muss. Bei den Stadtsoldaten sei sogar jederzeit einer vor Ort. Allerdings nur zur Vorsorge, betont der Kavallerieführer Eiche. Medikamente, um die Pferde vor dem Zug ruhiger zu stellen, lehnt er strikt ab. „Das hat es noch nie gegeben, Pferde bei uns gespritzt worden sind – und das wird es auch nie geben.“
Tierschützer: unglaublicher Stress für die Pferde
Doch auch so sagt Ursula Fiebig: „Es ist für die Tiere ein unglaublicher Stress.“ Sie ist Vorsitzende des Vereins Tara Tierhilfe, der auf einem Gelände bei Lohmar-Krahwinkel unterschiedliche Nutztiere, darunter mehr als 100 Pferde, versorgt. Der Tierschutzverein des Rhein-Sieg-Kreises verweist auf die Tierhilfe, wenn es um Großtiere geht. Fiebig ist der Ansicht, dass der Einsatz von Pferden in Karnevalszügen unter allen Umständen vermieden werden sollte. „Das sind Fluchttiere“, sagt sie. Die Enge zwischen Zugteilnehmer und der Lärm rundum würden die Tiere stressen. Dazu komme, dass viele keine Ahnung hätten, wie sich so ein Fluchttier verhalte. Sie würden um die Pferde herumlaufen, entlang von Karnevalszügen auch oftmals alkoholisiert. „Eine Situation, die dringend vermieden werden muss“, nennt es Fiebig. Sie spricht sich für ein Verbot von Pferden in Festzügen aus. „So leid es einem tut, denn irgendwo ist es auch Brauchtum. Aber es gibt auch lang eingespielte Sachen, die nicht mehr gemacht werden sollten.“