Schiffbrüchige und Zocker: Das Kinojahr 2014

Berlin · Mehr als zehn Filme starten oft jede Woche in den Kinos - da kann man schnell den Überblick verlieren. Highlights des vergangenen Kinojahres:

 Film des Jahres: Ellar Coltrane in einer Szene von Linklaters "Boyhood". Foto: Universal Pictures Germany

Film des Jahres: Ellar Coltrane in einer Szene von Linklaters "Boyhood". Foto: Universal Pictures Germany

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- KINOGRENZEN SPRENGEN: Der US-Amerikaner Richard Linklater dreht seinen Berlinale-Beitrag "Boyhood" über einen Zeitraum von zwölf Jahren - herauskommt eine faszinierende Langzeitstudie über das Heranwachsen, Abschiednehmen und das Leben ganz allgemein. Der junge Kanadier Xavier Dolan setzt sich über eine andere Kinokonvention hinweg und spielt mit der Größe der Leinwand: Als in seinem poetischen Drama "Mommy" der Protagonist, ein verhaltensauffälliger Sohn, einen Moment großen Glücks erlebt, wird plötzlich mitten im Film das Bild größer. Beim Filmfest Cannes gibt's dafür spontanen Szenenapplaus.

- KÄMPFENDE MÄNNER: Robert Redford und Bruce Dern, beide weit über 70 Jahre alt, beweisen, dass es auch für ältere Männer noch starke Rollen gibt. Dern gibt in "Nebraska" einen etwas verwirrten Vater, der mit seinem Sohn in einen anderen Bundesstaat fährt, um dort seinen vermeintlichen Millionengewinn abzuholen. Redford hingegen macht "All is Lost" zum Ereignis. Als Schiffbrüchiger kämpft er darin völlig auf sich allein gestellt ums Überleben - andere Darsteller gibt es nicht, nur Redford, die See und sein Boot.

- BESESSENHEIT: Macht- und geldhungriger Zocker berauscht sich an seinem Erfolg - und Leonardo DiCaprio beeindruckt in "The Wolf of Wall Street" von Martin Scorsese mit einer getriebenen und facettenreichen Performance. Das bringt ihm seine fünfte Oscarnominierung ein, doch am Ende geht er wieder leer aus. Auch Charlotte Gainsbourg erlebt eine Tour de Force als besessene Frau: In "Nymphomaniac" verkörpert die Französin eine Sexsüchtige, was Regisseur Lars von Trier als philosophisch-existenzielles Werk inszeniert.

- NORMALE HELDEN: Er ist unscheinbar, nett und fällt kaum auf: Das gelbe Lego-Männchen Emmet ist der durchschnittliche Normalo. Dann aber entpuppt er sich als einer der wohl ungewöhnlichsten Kinohelden des Jahres. In "The Lego Movie" bewahrt er nämlich nicht nur die Welt vor dem Super-Bösen, sondern vermittelt auch eindringlich die Botschaft, dass jeder ein Held sein kann. Charmant an dem Abenteuer ist auch, dass sich alle Figuren so hakelig wie die "echten" Lego-Spielfiguren bewegen. Vor allem aber feiert der Film die Kraft des fantasievollen Chaos über reglementierte Eintönigkeit.

- OSCARS: Das Drama "12 Years a Slave" des Briten Steve McQueen konfrontiert die US-Amerikaner eindringlich mit ihrer Vergangenheit. Anfang März gibt es dafür drei Oscars, darunter auch die begehrte Trophäe für den besten Film. Erstmals gewinnt damit in der Hauptkategorie ein schwarzer Filmemacher. Zweiter großer Gewinner des Abends wird das im Weltall spielende 3D-Abenteuer "Gravity" des Mexikaners Alfonso Cuarón. Für das Sci-Fi-Drama mit Sandra Bullock und George Clooney gibt es sieben Academy Awards.

- KOMÖDIEN, HISTORISCHES UND ELYAS M'BAREK: Aus Deutschland kommen höchst unterschiedliche Werke. Während Sönke Wortmann den zweiten Charlotte-Roche-Bestseller "Schoßgebete" verfilmt, erzählt Christian Petzold in "Phoenix" ein Nachkriegsdrama mit Nina Hoss als Holocaustüberlebender. Auch Fatih Akin nimmt sich einen historischen Stoff vor: In "The Cut" thematisiert er das Schicksal Hunderttausender Armenier im Osmanischen Reich.

Publikumslieblinge sind aber vor allem Komödien. Christoph Maria Herbst begeistert seine Fans in "Stromberg - Der Film", Matthias Schweighöfer spürt "Vaterfreuden" und Elyas M'Barek macht sich in den Charts selbst Konkurrenz: Mit dem Hackerkrimi "Who Am I - Kein System ist sicher" und der kurz darauf gestarteten Komödie "Männerhort".

- ERFOLGE AN DEN KINOKASSEN: Eine schwarzhumorige Komödie über und voller Vorurteile: Die französische Produktion "Monsieur Claude und seine Töchter" teilt fleißig in alle Richtungen aus, bleibt dabei aber so unterhaltsam, dass sie sich zum Publikumsmagneten entwickelt - bislang rund 3,6 Millionen Zuschauer. Der Kinostart von "Die Tribute von Panem - Mockingjay 1" war zwar erst im November, und doch zählt das Abenteuer bereits 2,8 Millionen Zuschauer. Auch nicht schlecht: Das Animationsspektakel "Drachenzähmen leicht gemacht 2" kommt bisher auf 2,7 Millionen Besucher und der Actionkracher "Transformers 4: Ära des Untergangs" auf 2,5 Millionen.

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