Kommentar Vor dem NSU-Prozess - Die Los-Lösung

Bei allem Respekt vor den Platzreservierungs-Vorgaben aus Karlsruhe: Der Prozess wegen der rechtsextremistischen Morde schliddert haarscharf an einer Blamage vorbei. Und dies bevor die ersten Zeugen vernommen worden sind.

Es entspricht gewiss dem Wesen des Losverfahrens, dass jeder Anwärter eine gleiche und damit faire Chance erhält, authentisch aus dem Gerichtssaal zu berichten. Bestimmten politikferneren Medien die Teilnahme an der Verlosung zu untersagen, verträgt sich nicht mit dem Prinzip der Pressefreiheit, obwohl sich manche Bewerber fragen sollten, ob es ihnen um ernsthafte Berichterstattung oder um einen kurzfristigen und einmaligen Werbegag geht.

Dass die Los-Lösung bei den überregionalen Medien, die kein Glück hatten, Verbitterung hervorrief, ist zwar nachvollziehbar. Aber auch sie hatten sich zunächst klaglos den Karlsruher Vorgaben unterworfen, bevor sie auf den Boden der Realität geschleudert wurden. Die hieß: Ihr müsst draußen bleiben.

Und jetzt eine neue Platz-Klage? Die Debatte überdeckt in unerträglicher Art das Kernanliegen der Justiz: Ein faires Gerichtsverfahren mit einem angemessenen Urteil in einem halbwegs erträglichen Zeitrahmen zu verwirklichen. Je länger in dem Zschäpe-Verfahren der Streit um Formalien anhält, umso größer wird die schmerzhafte Last der Opfer-Angehörigen. Sie werden doppelt bestraft: Mit falschen Beschuldigungen im Zusammenhang mit der Ermordung ihrer Angehörigen und mit einer neuerlichen Verfahrens-Verschleppung.

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