“Endspiel“ gegen Spanien Das muss sich bei der DFB-Elf ändern

Analyse | Bonn · Die deutsche Nationalmannschaft steht bei der WM nach der Auftaktpleite nun gegen Spanien gewaltig unter Druck. Für Hansi Flick gilt es, an einigen Stellschrauben zu drehen.

 Tüfteln an der Taktik gegen Spanien: DFB-Coach Hansi Flick (2.v.l.) und sein Trainerteam.

Tüfteln an der Taktik gegen Spanien: DFB-Coach Hansi Flick (2.v.l.) und sein Trainerteam.

Foto: dpa/Christian Charisius

Von seinem Naturell her gilt der Japaner als ausgesprochen höflich und diszipliniert. Sauberkeit ist ein wichtiger Teil seiner Kultur, mithin das Aufräumen. Insofern durfte es auch nicht verwundern, dass die Fans der Nationalmannschaft im Khalifa International Stadium selbst Hand anlegten und die Tribünen nach dem Coup gegen Deutschland von allerlei Unrat befreiten. Auch die Spieler hinterließen ihre Kabinen so, wie sie sie vorgefunden hatten: blitzblank. Zuvor allerdings hatten sie sich nicht an ihre Kultur gehalten und für reichlich Unordnung gesorgt im Lager ihres Kontrahenten, der am Sonntag gegen Spanien schon in der Gruppenphase sein erstes K.o.-Spiel bestreitet. Gut möglich, dass Bundestrainer Hansi Flick umfassende Aufräumarbeiten in der DFB-Startelf vornimmt. Die Problemzonen:

■ Abwehr: Flicks Grundprinzip besagt: Ich spiele immer mit einer Viererkette. Daran ist im Grunde ja nichts auszusetzen. Doch in Ermangelung geeigneten Außenverteidiger-Personals kann dies zum Problem werden. Als Fachkraft auf dieser Position haben sich weder Niklas Süle (rechts) noch David Raum (links) gegen Japan bewährt. Der eine (Süle) zeigt deutliche Mangelerscheinungen in der Offensive, der andere offenbart sie in der Defensive. Raum lieferte zwar bemerkenswerte Sprints im Sekundentakt in des Gegners Hälfte, doch nach hinten war sein Abwehrverhalten ebenfalls bemerkenswert: abwesend. Diese sogenannte asymmetrische Anordnung führte tatsächlich zu einem Schiefstand, der durch die schon in der Liga zu beobachtenden Defensiv-Defizite von Innenverteidiger Nico Schlotterbeck noch verstärkt wurde. Er und Süle, gegen Japan an beiden Gegentreffern mehr oder weniger schuld, stehen zur Disposition. Das Problem: Flick kann in seinem Ersatzteillager nur auf Defensivspezialisten mit offensiven Mängeln (Kategorie 1) zurückgreifen – und umgekehrt (Kategorie 2). Den Idealansprüchen auf rechts genügen zurzeit weder Thilo Kehrer (Kategorie 1), lange einer von Flicks Lieblingsspielern, noch Jonas Hofmann (Kategorie 2). Und Lukas Klostermann verfügt über eine Spielpraxis wie ein Profi im mehrmonatigen Sommerurlaub. Matthias Ginter wäre eine Alternative – rechts (für Süle) oder innen (für Schlotterbeck). Denn solche Tore wie das zweite gegen die Japaner sollten sich nicht wiederholen. Über das wundert sich Ilkay Gündogan wohl noch heute. „Ich weiß nicht, ob jemals bei einer WM ein einfacheres Tor erzielt wurde.“ Flicks Grundprinzip (siehe oben) könnte aufgeweicht werde: mit dem Bilden einer Dreierkette.

Sturm: Die Besetzungsliste ist für Flick übersichtlich, dem Experte Lothar Matthäus vorgeworfen hatte, „sich vercoacht“ zu haben im Japan-Spiel mit den Auswechslungen seines Taktgebers Gündogan und Hoffnungsgebers Jamal Musiala. Denn auf einen Mittelstürmer alter Prägung muss er weitestgehend verzichten. Kai Havertz war als Zielspieler zuletzt kein Ziel. Ein Hilfsmittelstürmer. Am ehesten drängt sich Niclas Füllkrug auf dieser Position auf, doch dass der Bremer eine Hilfe im Sturm ist, konnte er noch nicht nachhaltig unter Beweis stellen. Flick hat also die Wahl der Qual in Abwesenheit Timo Werners (auch kein echter Mittelstürmer), dahinter verhält es sich umgekehrt. Leroy Sané wird zurückerwartet. Außerdem in der Verlosung: Serge Gnabry, Jamal Musiala, Havertz, WM-Held Mario Götze und Nichtverteidiger Hofmann. Und auf seinen leitenden Angestellten Thomas Müller will Flick ja auch nicht verzichten.

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