Intrigen im Dreieck "The Favourite" zeigt Intrigantinnen am britischen Hof

Bonn · Der Historienfilm „The Favourite“ beleuchtet die bisher weitgehend unbeachtete Regentschaft von Königin Anne. Olivia Colman, Rachel Weisz und Emma Stone liefern spitzzüngige Wortgefechte.

 Ehrgeizig: Emma Stone als Abigail Masham.

Ehrgeizig: Emma Stone als Abigail Masham.

Foto: dpa

Das Genre des Historienfilms bekommt zur Zeit im Kino eine kräftige Grunderneuerung. In Otto Bathursts „Robin Hood“ erstrahlte der legendäre Held zu Heavy-Metal-Klängen in schwarzledernem Revoluzzer-Pathos. In der vergangenen Kinostartwoche lieferte Josie Rourkes „Maria Stuart“ ein feministisches Update des Zwistes zwischen Elizabeth I. und ihrer schottischen Rivalin. Und nun folgt mit Yorgos Lanthimos „The Favourite“ eine royale Farce, in der die filmisch bisher weitgehend unbeachtete Regentschaft von Königin Anne Anfang des 18. Jahrhunderts ins Visier genommen wird.

Ähnlich wie „Maria Stuart“ rückt auch „The Favourite“ die Frauenfiguren am Hof ins Zentrum des Interesses. Aber während Rourke die kuschelige These aufstellte, dass die königlichen Konkurrentinnen letztlich Seelen- und Schicksalsverwandte in einer männerdominierten Welt waren, zeigt Lanthimos seine Heldinnen als begabte und zu allem entschlossene Intrigantinnen.

Als letzte Königin aus dem Hause Stuart ist Anne (Olivia Colman) an die Macht gekommen. Launisch, wenig gebildet, geplagt von Gicht ist sie überfordert von den Regierungsgeschäften eines Landes, das sich im Krieg mit Frankreich befindet und auf dem Sprung zur Weltmacht ist. Ihre engste Vertraute ist Lady Sarah Churchill (Rachel Weisz), die Anne schon seit Kindheitstagen kennt, deren Launen zu bändigen weiß und als Beraterin wie Liebhaberin Ihrer Majestät eine manipulative Schlüsselposition einnimmt.

Erotisches Intrigendreieck der Frauen steht im Zentrum

Eigentlich ist es Sarah, die im Palast die politischen Entscheidungen trifft, auch wenn der Führer der Tories, Harley (Nicholas Hoult), ihre Machtposition immer wieder zu untergraben versucht. Echte Konkurrenz bekommt Sarah jedoch durch ihre Cousine Abigail Masham (Emma Stone). Deren Vater hat die eigene Tochter im Kartenspiel verloren, wodurch Abigail den sozialen Abstieg von der Adelstochter zur Prostituierten erfahren musste. Sie bittet Sarah um eine Anstellung bei Hof und muss zunächst in der Küche den Boden schrubben. Aber Abigail ist eine junge Frau mit Ambitionen. Es dauert nicht lange, bis die charmante Hofangestellte sich die Gunst der Königin erarbeitet hat und Sarah als deren engste Vertraute auszubooten versucht.

„The Favourite“ stellt das erotische Intrigendreieck der Frauen ins Zentrum und steht heimtückischen Ränkeklassikern wie „Gefährliche Liebschaften“ in nichts nach. Dass Besondere ist hier jedoch, dass Männer in diesen Machtkonflikten fast keine Rolle spielen und im höfischen Mikrokosmos die Geschlechter-Stereotype genussvoll herumgedreht werden. „Ein Mann muss hübsch sein“, betont der Oppositionsführer der Tories, der wie alle Herren bei Hofe sein Gesicht unter einer pompösen Perücke und einer zentimeterdicken Puderschicht versteckt. Während die Männerwelt eitel herumgockelt, sich beim Entenrennen vergnügt oder in schmucken Uniformen in den Krieg zieht, beschäftigen sich die drei Frauen mit der machtpolitischen Hardware.

Den Kampf um die Gunst der Königin tragen Sarah und Abigail in spitzzüngigen Wortgefechten bevorzugt beim Taubenschießen aus. Mit sichtbarer Spielfreude und punktgenauem Timing steigen Rachel Weisz und Emma Stone in die erbitterten Konkurrenzkämpfe ein. Überstrahlt wird ihre herausragende Leistung nur noch von Olivia Colman, die ihre verzweifelte Monarchin als große tragische Figur anlegt und sie gleichzeitig mit einer guten Portion Ironie unterfüttert.

Willkürliche Explosivität, abgrundtiefe Depression, verletzte Eitelkeit, Lächerlichkeit und Liebesbedürftigkeit sind in Colmans Performance oft nur einen Lidschlag voneinander entfernt. Zurecht wurde sie mit dem „Golden Globe“ ausgezeichnet und darf sich auch bei den Oscars gute Chancen ausrechnen.

In Köln im Off-Broadway, Zülpicher Straße 24, 50 674 Köln

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