Die Krise der katholischen Kirche: Das Beispiel Holzlar

Das Jahr 2010 wird in die Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland eingehen als das Jahr der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Nicht nur wegen der Größe der Krise, sondern auch wegen der Unfähigkeit, daraus klar, schnell und dauerhaft Konsequenzen zu ziehen.

Das Jahr 2010 wird in die Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland eingehen als das Jahr der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Nicht nur wegen der Größe der Krise, sondern auch wegen der Unfähigkeit, daraus klar, schnell und dauerhaft Konsequenzen zu ziehen. Deshalb lebt die katholische Kirche an dieser Jahreswende in einer massiven "Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise". Das sagt nicht irgendwer, das sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Und er hat Recht in einem Ausmaß, das Gegner der Kirche jubilieren, ihre Anhänger aber schaudern (oder verzweifeln) lässt. Gewiss, die Vorgänge sind nicht gleichzusetzen, noch nicht einmal vergleichbar, aber in einem doch sehr aussagekräftig: Wie die Führung der Evangelischen Kirche mit dem Fehlverhalten ihrer Chefin umgegangen ist, wie Margot Käßmann selbst Konsequenz gezeigt hat, das war beispielhaft.

Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche wiegen natürlich schwerer als das Fehlverhalten einer Einzelnen. Sie wiegen auch deshalb schwerer, weil die katholischen Kirche dadurch Vertrauen missbraucht hat. Vertrauen, das Eltern ihr schenken, wenn sie Kinder in ihre Obhut geben. Am Aloisiuskolleg oder anderswo. Gerade weil an die Moral, die Tugend, die Ehrlichkeit der Kirche andere als normale weltliche Maßstäbe angelegt werden, ist der Schaden so groß.

Er schließt ein, dass Kirche ansonsten kaum noch wahrgenommen wurde in diesem Krisenjahr 2010. Erst als der Papst vorsichtig und missverständlich über Sexualmoral und Kondome sprach, gab es wieder ein Aufhorchen. Und es war nicht das erste Mal, dass Benedikt XVI. sich genötigt sah zu erklären, gerade zu rücken, zu interpretieren. Überzeugend war das so wenig wie die späte, zunächst indirekte Reaktion auf Missbrauchs- und Misshandlungsfälle.

Genau in diese Zeit der Krise, des Kampfes um neues Ansehen und neue Glaubwürdigkeit fällt dann der Fall Holzlar. Eine Bonner Gemeinde mit einem Pfarrer, der als Positivbeispiel ins katholische Lehrbuch gehörte, dessen Gemeinde - wesentlich durch ihn - eine Jugendarbeit betreibt, die vorbildlich ist.

Und als dieser Pfarrer stirbt (und Hunderte Jugendliche die Traueranzeige unterschreiben), da reagiert das Erzbistum nicht wie erhofft, sondern wie es oft agiert: unsensibel, schroff, Vertrauen zerstörend statt aufbauend. In jenem Moment des Todes will "Köln" dieser Gemeinde auch noch den beliebten Pfarrvikar nehmen. Eine Instinktlosigkeit sondergleichen. Und auch wenn es hart ist: Pfarrer Kurt Padberg würde sich im Grabe herumdrehen, wüsste er, wie mit seinem Erbe umgegangen wird.

Katholische Kirche 2011: Der Weg, wieder wahrgenommen zu werden als Kirche der frohen Botschaft und der Liebe, ist weit, sehr weit. Nimmt man das Beispiel Holzlar, so ist noch nicht einmal sicher, ob die Kirche überhaupt schon auf diesem Weg ist.

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