Nach Säureangriff Vanessa Münstermann hat Recht auf 250.000 Euro

Hannover · Ihr Ex-Freund übergoss sie mit Schwefelsäure. Das Landgericht Hannover hat Vanessa Münstermann jetzt eine Viertel Million Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Ob sie das Geld bekommt, ist aber ungewiss.

 Die linke Gesichtshälfte von Vanessa Münstermann wurde zerstört.

Die linke Gesichtshälfte von Vanessa Münstermann wurde zerstört.

Foto:  Holger Hollemann

Säure entstellte ihr das Gesicht: Zweieinhalb Jahre nach einem Angriff hat Vanessa Münstermann vom Landgericht Hannover eine Viertel Million Euro Schmerzensgeld zugesprochen bekommen.

"Ich bin total glücklich über die Entscheidung", sagte sie, wie der Sprecher von Münstermanns Opferhilfe-Verein über ihre erste Reaktion berichtete. Sie selbst erschien am Dienstag nicht vor Gericht.

Münstermann habe vor, mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers zumindest einen Teil des Schmerzensgeldes zu bekommen. "Den Atem von Vanessa wird er immer spüren", sagte der Sprecher mit Blick auf den zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilten Ex-Freund. Dieser hatte die damals 27-Jährige Anfang 2016 mit Schwefelsäure übergossen. Münstermann verlor ein Auge und ein Ohr; Narben zerfurchen bis heute ihre linke Gesichtshälfte.

Die Größenordnung des Schmerzensgeldes sei außergewöhnlich, aber von der Kammer für angemessen befunden worden, sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag. Entscheidend sei der Beschluss des Täters gewesen, sein Opfer "hässlich" machen zu wollen, hieß es in einer Mitteilung vom Gericht. "Die Schäden kann man eigentlich in Geld gar nicht bemessen", betonte der Sprecher. Schmerzensgeld erfülle auch eine Genugtuungsfunktion.

Münstermann kann sich an die Einzelheiten des Angriffs erinnern. Es war Montag, der 15. Februar 2016, gegen 5.30 Uhr, in Hannover-Leinhausen: Wie immer ging sie mit ihrem Beagle Kylie spazieren. Ihr Ex-Freund lauerte Münstermann in einem Gebüsch auf. In seiner Jackentasche versteckte er ein Glas Schwefelsäure. Unvermittelt sprang er hervor und kippte seiner Ex-Freundin die Flüssigkeit ins Gesicht. Eine Frau hörte, wie das Opfer schrie, und eilte zur Hilfe. Im Krankenwagen verlor Münstermann das Bewusstsein.

Münstermann lag danach mehrere Tage im Koma. Als sie aufwachte, ist sie auf einem Auge blind, ein Ohr ist weggeätzt. Ihre linke Gesichtshälfte glich einer einzigen Fleischwunde. Trotzdem ließ sie sich noch im Krankenhausbett für Zeitungen fotografieren. Das war als Botschaft zu verstehen: Ich verstecke mich nicht, mich kriegst du nicht klein. Seitdem wurde sie mehr als 20 Mal operiert.

Ob der Täter das Schmerzensgeld an seine Ex-Freundin je zahlen können wird, ist derweil unklar. Nach dem Strafprozess hatte er bereits 50.000 Euro an Münstermann bezahlen müssen. Das Geld kam damals von seinen Eltern. Nach Angaben seines Anwalts ist der Täter pleite. Eine Insolvenz werde jedoch nicht dazu führen, dass er sich aus dieser Verpflichtung befreien könne, betonte der Gerichtssprecher. Falls der Täter nach seiner Entlassung Geld verdient, müsse er dieses abzüglich eines Freibetrages an Münstermann zahlen. Seiner Mandantin sei bewusst, dass ein zugesprochenes Schmerzensgeld nicht immer gezahlt werde, hatte ihr Anwalt bereits im August gesagt.

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