Kommentar zum Merkelbesuch in den USA Kein leichter Weg

Meinung · Warum Bundeskanzlerin Angela Merkel sich keinesfalls beim neuen US-Präsidenten anbiedern braucht.

Angela Merkel erlebt zu eigenen Amtszeiten nun den dritten US-Präsidenten. Mit George W. Bush verband sie – gemessen an den Kategorien der Berufspolitik – ein eher freundschaftliches Verhältnis. Mit Barack Obama war es erst distanziert, dann professionell bis hin zu höchster Wertschätzung. Donald Trump dürfte Merkels schwerster Fall werden. An diesem Montag reist die Bundeskanzlerin nach Washington und trifft dort also zum ersten Mal jenen Mann, der im US-Wahlkampf Merkels Flüchtlingspolitik gar als „wahnsinnig“ gebrandmarkt hatte.

Es wird kein leichter Besuch für Merkel, weil Trump erkennbar nicht in bewährten Mustern agiert, zu einer gewissen Sprunghaftigkeit neigt und politische Regeln gerne ignoriert. Von Bündnissen hält er wenig, auch wenn er den Bestand und den Wert der Nato nun wohl doch anerkennt, ohne dafür durchs Feuer zu gehen. Die Europäische Union ist ihm nicht geheuer, die Exportnation Deutschland hat er im Verdacht, den Euro im Vergleich zum Dollar bewusst schwach zu halten, und Freihandel findet er ohnehin nicht gut für sein Amerika, weil damit zu viele Konkurrenzprodukte auf den US-Markt gelangen.

Merkel wird auch diesem US-Präsidenten eine Zusammenarbeit über den Atlantik anbieten, sich dabei aber keinesfalls bei Trump anbiedern. Die Bundeskanzlerin ist im Zweifel bereit, mehr Europa zu wagen, wenn mit Trump eine gleichberechtigte Partnerschaft nicht zu machen ist. Amerika zuerst? Merkel muss sich nicht verstecken. Deutschland ist bedeutend genug für eine Beziehung auf Augenhöhe.

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