Professor Wolfgang Paul Bonner Wissenschaftler wäre am 10. August 100 Jahre alt geworden
BONN · An diesen Tag im Oktober 1989 erinnert sich Doris Walch-Paul noch genau. In ihre Sprechstunde im Germanistischen Seminar hinein rief ihr Mann Wolfgang Paul sie an, um das Unfassbare zu verkünden: Die Jury des Alfred-Nobel-Preises in Stockholm hatte ihn gerade benachrichtigt, dass man ihm, dem Leiter des Physikalischen Instituts der Uni Bonn, den Nobelpreis in Physik überreichen wolle.
Ob er einverstanden sei? "Das war er. Der Preis bedeutete die Krönung seines Lebenswerks", ist Walch-Paul heute noch von diesem spannenden Moment auch ihres Lebens hingerissen. Ihre Sprechstunde beendete die Akademische Rätin damals ganz schnell. Auf der Heimfahrt wurde im den Radio die Sensation vermeldet: Die Bonner Physik, die Stadt, ja Deutschland, alle hatten ihren Nobelpreisträger.
Und der musste sich zu Hause erst sammeln, bevor er vor die Presse trat: "Ein Enkel hat den Telefondienst übernommen", berichtet Walch-Paul lachend. Dann fuhr Paul ins Institut, um mit der nach ihm benannten "Paul-Ionenfalle" für die Fotografen zu posieren.Nobelpreisträger Wolfgang Paul wäre heute 100 Jahre alt geworden.
Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität erinnert an ihren herausragenden Forscher und Institutsleiter, der 1993 starb: "Wissenschaft ist Teamarbeit, ein Mitspieler kann die ganze Mannschaft zu Höchstleistungen bringen. Professor Wolfgang Paul war ein solcher Mannschaftsspieler", würdigt die Universität ihn.
Dem 1913 in Sachsen geborenen und in München aufgewachsenen Physiker sei es gelungen, den Forschungsstandort als Direktor des Physikalischen Instituts von 1952 bis 1981 stark auszubauen. "Die Universität erinnert sich an einen herausragenden Physiker, der eine hohe fachliche Ausstrahlung hatte und als Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung für die deutsche Wissenschaft und seine Alma mater international bedeutend wirkte", sagt Professor Jürgen Fohrmann, Rektor der Universität.
Paul hinterlasse bis heute Spuren, ergänzt Professor Klaus Desch vom Physikalischen Institut. "Er hat die Grundsteine gelegt für die Bonner Teilchenphysik, die Beschleunigerphysik und die Atomphysik, die alle heute sehr erfolgreich sind." Unter dem Titel "Wolfgang Paul - Der Teilchenfänger" bereitet Historiker Ralph Burmester am Deutschen Museum eine Ausstellung über Leben und Werk Pauls vor. "Er war Physiker aus Leidenschaft, Inspirator, Motivator", sagt Burmester.
Legendär wurde eine Reaktion Pauls auf ausbleibende Gelder für zugesagte Renovierungsarbeiten: Paul schickte der Uni das Professorengehalt zurück und machte sich auf den Heimweg nach Göttingen. Der Streit war bald bereinigt und wurde zum Glücksfall, berichtet Burmester.
"Denn so hörte Paul von einem revolutionären Konstruktionsprinzip im Beschleunigerbau, an dem Werner Heisenberg in Göttingen arbeitete. Zurück in Bonn machte er sich an die Arbeit. Im Institutskeller entstand der erste stark-fokussierende Teilchenbeschleuniger in Europa."
Nachdem seine erste Ehefrau und Mutter seiner vier Kinder 1977 starb, war ab 1979 seine zweite Ehefrau Doris Walch-Paul an seiner Seite. "Fast 15 glückliche Jahre lang", sagt sie. Und erinnert sich an die Nobelpreis-Vergabe in Stockholm. "Neben wem saß mein Mann da als einziger deutscher Preisträger beim Dinner im Schloss?" Walch-Paul lacht. "Neben Königin Silvia."
Ausstellung und Symposium
Die Universität würdigt Wolfgang Paul vom 11. bis 13. November mit einem Symposium. Seine Teilnahme bereits zugesagt hat Professor David Wineland, der Physik-Nobelpreisträger 2012. In Kooperation mit dem Deutschen Museum Bonn wird bis 24. August 2014 die Ausstellung "Wolfgang Paul - Der Teilchenfänger" zu Leben und Werk gezeigt.
Paul erforschte, was die Welt im Innersten zusammen hält. Das Museum wird deshalb ein halbes Jahr zum Erlebnisort: Teilchen werden bei ihrem Flug durchs Museum für die Besucher sichtbar gemacht. Demonstrationen zum Mitmachen geben Einblick in die Geheimnisse der Atome und ihrer Bestandteile.