Klosterruine Marienthal Dave Davis verabreichte "Afrodisiaka"

MARIENTHAL · Kittel und Klobürste hatte er zu Hause gelassen. Die große Klappe und die Klischees nicht. Dave Davis alias Motombo Umbokko gastierte zum Abschlussabend beim neunten Festival "Musik und Wein im Ahrtal" in der Marienthaler Klosterruine.

Schwarzer Humor, auch im optischen Sinne, war angesagt. So schwarz wie er sein kann, wenn sich ein in Köln geborener Sohn ugandischer Eltern Themen wie Ausländerfeindlichkeit und Toleranz widmet und schon zu Beginn verspricht: "Heute wird sich etwas bei euch ändern. Ich weiß nicht, ob ihr mit 50 oder 100 Prozent Freude gekommen seid. Das ist alles sissi gegen die 400 Prozent Freude, wenn ihr wieder nach Hause geht. Im Ahrtal wird die Revolte starten und ihr werdet sagen, der Braune war da."

Das Kokettieren mit seiner Hautfarbe ist geblieben, doch vom Klomann hatte sich Motombo angeblich zum Coach und Lebensberater gewandelt, der in blauer Jeans und gelbem T-Shirt gestisch und mimisch immer in Bewegung war. Eine Bahnfahrt habe ihm die Erleuchtung gebracht: Die Deutschen lebten in einem der reichsten Ländern der Welt und seien missmutig und traurig. "Frohlocket, seid glücklich", riet er.

Der Afrikaner habe nichts, aber viel mehr Lebensfreude. "Der Fisch stinkt wohl vom Kopf her", stellte er fest, und schon war er bei Angela Merkels angeblichen Motivationsreden und seinem ersten Ratschlag: "Wenn ihr Frau Merkel seht, stellt den Fernseher auf den Kopf, weil dann lächelt sie euch an." Sein Wunsch: "Lerne vom Afrikaner. Wenn du zur Welt kommst, dann hast du automatisch schon alles, was du für ein erfülltes Leben brauchst." Problem sei, dass Politik und Wirtschaft die Menschen ihres Lebensglücks beraubten. Ihnen würde eingeredet, Frauen seien zu dick und Ausländer böse.

Der Mann auf der Bühne wetterte gegen Model-TV-Sendungen ebenso wie gegen Modezeitschriften, und erklärte: "Ich lese auch keine Ariermagazine und sage dann: Mann, bin ich schwarz." Seine (fiktive) Freundin Bettina aus Sachsen sei auch nicht zu dick, sondern "einfach gut sichtbar". Umbokkos Mission als Lebensberater: Die Menschen mittels Afrodisiaka aufzubauen. "Afrodisiaka" war denn auch der Name des Comedy-Programms, das tatsächlich für Belebung in der Klosterruine sorgte und für reihenweise Lacher, von denen einem aber gerade in der zweiten Hälfte auch manche im Hals steckenbleiben mochten.

Für "richtige Ziele" setzte er sich ein: nicht fürs "Arbeiten wie ein Pferd und bezahlt werden wie ein Pony" und auch nicht fürs dauernde Kaufen dessen, was entsprechende TV-Sender vorführten. Zu neuer Selbstsicht sollten seine Zuhörer kommen. Schließlich sei "Erfolg eine Frucht vom Baum des Irrtums", was bedeute: "Fehlermachen ist cool." Gegen Homosexuellen-Hasser, katholische Priester und die CSU ereiferte er sich und plädierte: "Lasst doch die Menschen, wie sie sind. Der eine liebt Frauen, der andere spielt im Bett Katz und Klaus. Das ist doch Conchita Wurst."

So nebenbei gab es das auch Seitenhiebe Richtung Publikum und Interaktionen etwa mit "Klaus und sein Leckerchen Helga", die seit 50 Jahren "lädiert" sind", oder dem zwölfjährigen Tim, wegen dem Davis sein Programm vermeintlich etwas jugendfreier gestaltete. Das Spektrum reichte von Anmachschwierigkeiten in Zeiten der Elektrozigarette ("Du gehst doch nicht hin und sagst: Hier hast du Strom.") bis zu Islamfeindlichkeit: "Früher gab es den Islam und Terroristen, heute Islamisten." Gerne hielt Davis dem Publikum einen Spiegel vor, spickte sein Programm mit Kalauern ebenso wie mit Dialekten, Politik-Kritik, Hitler- und Udo-Lindenberg-Parodien und Erzählungen und Weisheiten aus seinem Alltag. Dabei entlarvte er den mehr oder weniger versteckten Rassismus in der Gesellschaft auch mittels kleiner Umfragen.

"Wer hat die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin gesehen?" Keine Handmeldung zu sehen. "Keiner? Bin ich der Ausländer oder ihr?" Oder: "Wie viele Menschen in Deutschland sind bisher durch Islamisten zu Tode gekommen?". Erstmal Stille, dann: "Null?", "Sieben?". Laut Davis alias Umbokko waren es zwei: "Und wie viele Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland durch das Verschlucken von Fischgräten? 722! Läufst du weg, wenn du Käpt'n Iglo siehst ? Nein!"

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